Die Künstlerin hat sich sowohl einem traditionsreichen Thema als auch Material verschrieben. Die Porträtbüste oder der Porträtkopf halten mit der Frührenaissance in Italien wieder Einzug in die europäische Kunst und Papiermaché ist ein Kind von barockem Geist und asiatischem Erfindungsreichtum.
Die großflächigen und in ihrer Dimension gesteigerten Köpfe leiten sich aus klassischen Gestaltungsgesetzen ab: dem antiken Aufbau des Antlitzes, dem häufig hohen Haaransatz wie er typisch für das Renaissanceporträt ist, Zitaten in Haltung, Gestus und Gewand aus bekannten Bildwerken. Verbunden aber ist das historisch Bewährte mit Elementen der Gegenwart. So rückt Annette Meincke-Nagy die statuarisch aufragende, meist en face gegebene Gestalt aus der Achse, sie sorgt für Asymmetrien der Augen oder der Gesichtsform wie sie erst mit dem 20. Jahrhundert möglich wurden, der Blick der Augen geht trotz statuarischer Strenge der Gestalt zur Seite, sie wählt ein Material, welches aus architektonischem Zusammenhang stammt, sie wählt Farben, die dem Hier und Jetzt angehören, die keine historischen Vorbilder kennen oder sie bedient sich der Materialsichtigkeit, wenn das bedruckte Zeitungspapier als solches sichtbar bleibt.
Annette Meincke-Nagy hat dem Porträt, sei es den historischen Zitaten, sei es der Frau von nebenan, wieder Würde, Aura und eine magische Unversehrtheit verliehen: „gewissermaßen eine ‚devotio moderna’ ist diese wundersame Werkschau von Annette Meincke, die sich in schöpferischer Verehrung der europäischen Porträtmalerei widmet. Als plastisch modellierte Ikonen winden sich die Bildnisse, abgehängt in den Gemäldegalerien der Welt, lemurenhaft aus ihrer musealen Erstarrung und fordern für sich ‚tätige Nächstenliebe’.“ (Almut Heise)
1965 geboren in Bonn, aufgewachsen in Dänemark, Frankreich, Holland, Schweiz
1985 Studium an der Hochschule für Bildende Künste, Budapest
1986-93 Studium an der Fachhochschule für Gestaltung, Hamburg bei Almut Heise und Friedrich Einhoff
1999 Stipendium „Die Zwölf“ in Hamburg
seit 1999 Lehrauftrag an der Hochschule für angewandte Wissenschaften, Hamburg, Fachbereich Gestaltung
lebt und arbeitet in Hamburg