Gouache und Tusche auf festem Zeichenpapier mit Trockenstempel "Qualité "ATELIER" T.L. & Co. PARIS". 50 x 65,1 cm. Unter Glas gerahmt. Oben rechts in der Darstellung mit schwarzer Kreide signiert 'miró'. Rückseitig mit brauner Tinte signiert und betitelt 'MIRÓ. "Souvenir du Parc de montsouris" '. - Unten rechts mit fachmännisch restauriertem, optisch kaum auffallenden Riss. Kleine, teils fachmännisch restaurierte Läsuren im Rand.
Dupin/Lelong-Mainaud Drawings Vol. I, 762
Provenienz
Pierre Matisse Gallery, New York; Acquavella Galleries, New York; Galerie Michael Haas, Berlin/Zürich; Privatsammlung
Ausstellungen
Berlin 2012 (Galerie Michael Haas), Joan Miró, o. Kat. Nr. mit Farbabb. |
Losnummer: 244
„Souvenir du parc du Montsouris“ von 1937 ist ein besonders reizvolles Blatt aus für Miró sehr schwierigen Jahren, hatte er doch ein Jahr zuvor mit Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges Katalonien verlassen und in Paris Zuflucht nehmen müssen. Bekanntlich beeinflussten diese einschneidenden Erlebnisse und seine Vorahnungen in Bezug auf den erstarkenden Faschismus in Europa auch seine künstlerische Arbeit. Hier ist es jedoch noch wie ein Luftholen in einem nächtlich verzauberten Garten: eine kleine Figurine auf einem schmalen Nachen schaukelt auf dunklem Wasser und entdeckt staunend vor sich seltsam bewegte Wassertiere, noch viel grösser als sie selbst - Miró identifiziert sich mit ihr, er hat sie mit seiner Signatur oben rechts wohl eindeutig bezeichnet.
Die Komposition lebt wie viele andere Zeichnungen Mirós von dem Kontrast farbiger weicher Bildgründe zu schwarzem Lineament. Es ergeben sich diffus bewegte grüne, gelbe, rote Farbinseln ganz unterschiedlicher Dichte und ohne feste Konturen, z.T. aufgelöst zu Spurenelementen und ja, auch das gibt es, kleinen Fingertupfen. Unter Miró's Händen entwickelt sich das Motiv wie beiläufig zur Illusion einer Baumlandschaft mit Teich - und im Wässrigen gründelnden, seltsamen Lebewesen. Seit 1935 begann er seine Zeichnungen zu betiteln, so dass die Beschreibung, die tatsächlich wie ein kleines Wortspiel („Montsouris“) klingt, original ist und einen gleichnamigen, existenten Park zitiert, der sich im Süden von Paris befindet. Das Werk ist jedoch nur ein „Souvenir“, eine vage Erinnerung … hier gibt es ein Echo zu dem aus dem Surrealismus bekannten Spiel mit den „geheimnisvoll wirkenden Kräften des ‚Unbewußten' - bis hin zu Träumen, Halluzinationen und Trancezuständen […]. Miró, ohne daß er sich je auf die Theorien Sigmund Freuds eingelassen hätte, ist sich der Provenienz seines Schöpfertums aus Bewußtseinsschichten, die der Kontrolle entzogen sind, bewußt; aber zugleich legt er auf die Kontrolle durch das wache künstlerische Bewußtsein immer den größten Wert.“ (Werner Schmalenbach, Joan Miró. Zeichnungen aus den späten Jahren, Frankfurt 1982, S. 13). Schmalenbach beschrieb auch die wunderbaren, spielerischen Elemente im Werk Mirós, die auch in der vorliegenden Zeichnung zu beobachten sind, man käme „nicht umhin zu meinen, daß sich in Mirós Kunst - und zwar ganz abgesehen von einer offenkundigen Beeinflussung durch die Kinderzeichnung - etwas von der Unmittelbarkeit und Unschuld von Kindern erhalten hat, und gewiß ist dies ein Teil der Bezauberung, die von ihr ausgeht. Kaum jemand ist denn auch zu entdecken, der über Miró geschrieben hätte, ohne ihm Naivität und Unschuld zu attestieren. Aber das ist natürlich nicht alles und kann nur bedingt gelten. Es gibt da eine merkwürdige Beziehung zwischen Unschuld und Verantwortung, die den Künstler auch in seinem menschlichen Gebaren kennzeichnet. Jeder, der ihm begegnet, ist betroffen von dieser Koinzidenz von Kindlichkeit und einer Autorität, die gar nichts Naives an sich hat. Und so ist auch seine Kunst: naiv und autoritativ zugleich; selbstvergessen wie kindliches Spiel und selbstgewiß wie große Kunst.“ (Werner Schmalenbach, 1982, op. cit. S. 11).
Es gibt ein analoges Gedicht von Jacques Prévert, das sehr schön zum Charakter des vorliegenden Werks passte.
Aux Jardins de Miró
Ce n'est pas à l'Ecole des Beaux-Arbres qu'on peut apprendre à voir
L'incendie d'une forêt
Joan Miró
Et c'est ma petite fille
Avant de s'endormir
Qui elle aussi un soir a fait sans le savoir
Ton portrait
„J'ai des oiseaux plein les yeux
Sûrement je vais rêver d'un jardin“
Et c'était vraiment ton portrait
Joan Miró
Ce jardin c'est le même quelque part
Que le tien.
(zit. nach Auss. Kat. joan miró, Brüssel/Amsterdam 1956, éditions de la connaissance, Brüssel 1956)
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