Losnummer: 2139
Das Rundbild zeigt eine junge Schäferin, die sich frontal zum Betrachter mit dem Oberkörper an eine steinige Böschung gelehnt hat. Erschöpft von der Mittagshitze eines heißen Sommertages hält sie im Schatten eines Baumes inmitten einer idyllischen Landschaft ein Nickerchen. Zum Schutz vor der brennenden Sonne hat sie ihren leuchtend roten Umhang über den Kopf gezogen. Auf dem Schoß hält sie ein Sträußchen Wiesenblumen, in der linken Hand eine Gerte. Im dichten Gebüsch oberhalb der Hauptfigur ist rechts eine satyrähnliche Fratze schemenhaft zu erkennen. Der Vordergrund des Bildes wird ausgeleuchtet, die Schäferin ins Licht gesetzt. Im Kontrast dazu ist der Hintergrund gestaffelt: Bäume verdeutlichen die räumliche Situation. Der Blick öffnet sich auf einen wolkenlosen Himmel und das Tal, in dem eine Schafherde weidet.
Das Gemälde gehört zu einer Serie von Schützenscheiben, die Spitzweg um 1840 im Auftrag der Schützenvereine von Dachau, Murnau und Garmisch-Partenkirchen malte. Aus den traditionellen Schützenscheiben, die als Zimmerschmuck dienten, entwickelte er dieses Tondo, das auf Papier gemalt und anschließend auf Karton aufgezogen wurde. Wie Spitzweg selbst bemerkte, handelt es sich bei dem Rundbild um eine Art „Fernglasblick“, der einen konkreten Bildgegenstand genau ins Blickfeld rückt. Komposition und Farbigkeit entsprechen der Schaffensphase um 1840, in der Spitzwegs Malerei von einer rokokohaften Poesie bestimmt ist. Es lassen sich aber auch Anklänge zu den französischen Malern der Schule von Barbizon, insbesondere zu Diáz de la Peña feststellen.
Auf der Rückseite findet sich der Nachlassstempel, darunter von fremder Hand die Bezeichnung: Karl [sic!] Spitzweg.1808-1885. Die Provenienz des Gemäldes lässt sich zurückverfolgen bis zum Nachlass des Künstlers, der von der Münchner Kunsthandlung Hugo Helbing im Auftrag der Erben vertreten und vermarktet wurde.
Zertifikat
Prof. Hermann Uhde-Bernays, Starnberg, 14.9.1935. - Adolf Alt, Sachverständiger in Kunstsachen/Prokurist der Firma Hugo Helbing, München, 18.9.1935.
Provenienz
Nachlass des Künstlers (verso Nachlassstempel). - Kunsthandlung Hugo Helbing, München. - Ludwigsgalerie, München, Nr. 656. - Hugo Helbing, München, 28.3.1928, Lot 114, Taf. 1. - Bis 1934 Sammlung Freiherr Adolf von Büsing-Orville (1860-1948), Schweiz (von Vorgenanntem erworben). - Flechtheim, Düsseldorf/Hugo Helbing, München/Paffrath, Düsseldorf, 11.3.1933, Lot 207, Taf. 12 (unverkauft). - Hugo Helbing, München, 27.10.1934, Lot 201, Taf. 1 (unverkauft). - Hugo Helbing. Kunsthandlung und Kunstantiquariat, München. - Sammlung Wilhelm Kowalski, Saarbrücken (1935 von Vorgenanntem erworben). - Sotheby's, München, 18.5.1988, Lot 40. - Seit 1988 Nordrhein-Westfälische Privatsammlung (von Vorgenanntem erworben).
Literaturhinweise
Meisterwerke deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts, Ausst.- Kat. G. Gerstenberger, Chemnitz, 1.-31.10.1928, Nr. 48. - Gemälde der Münchner und der ihr verwandten Schulen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, Ausst.-Kat. Hugo Helbing, München, 1929, Nr. 101. - A. Elsen: Carl Spitzweg, Wien 1948, S. 142, Abb. 97 (datiert 1880). - G. Roennefahrt: Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, Nr. 566. - Vgl. S. Wichmann: Carl Spitzweg. Zeichnungen und Skizzen, München 1985, S. 147. - Ders.: Carl Spitzweg. Werkverzeichnistext (Typoskript), 22.10.1986, S. 1-9. - Ders.: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke. Gemälde und Aquarelle, München, 2002 Nr. 224, Abb. S. 175.
Ausstellung
Meisterwerke deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts, G. Gerstenberger, Chemnitz, 1.-31.10.1928 (verso auf dem Rahmen unten rechts Etikett, 180° gedreht). - Gemälde der Münchner und der ihr verwandten Schulen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, Hugo Helbing, München, 1.8.-10.9.1929.
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