Der Franzose Eugène Atget (1857-1927) zählt unbestritten zu den wichtigsten Fotografen über seine Zeit hinaus, da er die klassische Fotografie mit seinem künstlerischen Anspruch in die Moderne geführt hat. Im Mittelpunkt seines Oeuvres stehen unverwechselbare pittoreske Ansichten von Paris. Serien wie Le vieux Paris und Paris pittoresques, in welchen Atget Straßenszenen und Stadtviertel in Paris mit einer 18 x 24 cm Kamera abbildete, werden zu berühmten Zeitdokumentationen.
Mit einer unerschöpflichen Vielfalt an Motiven und einer eigenständigen Bildsprache geht Atget jedoch über die klassische Dokumentarfotografie hinaus und wird auch als Begründer der Konzeptfotografie bezeichnet. Spätestens ab den 1920er Jahren beeinflusste Atget nachhaltig die damalige Kunstszene und wird nicht nur zum wichtigen Vorbild und zur Inspirationsquelle für FotografInnen seiner Zeit, sondern auch für nachfolgende Künstlergenerationen. Neben Lee Friedlander gibt es eine Vielzahl von zeitgenössischen Fotografen wie Stephen Shore, Garry Winogrand, Henry Wessel oder Bernd und Hilla Becher, die sich in ihrem Werk auf Atget beziehen.
In seinen letzten Lebensjahren lernte Atget die damals noch junge Fotografin Berenice Abbott kennen, die nach seinem Tod im Jahre 1927 die Sammlung von seinem Nachlass erwarb und diese später, zusammen mit dem amerikanischen Kunsthändler Julien Levy, dem Museum of Modern Art in New York veräußerte. Abbott ist es ebenfalls zu verdanken, dass Atget posthum jener Stellenwert zu Teil wurde, den er zu seinen Lebzeiten nicht mehr erlangte.