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Aktuelle Künstlerkommentare zu den Themen Gewalt, Vorverurteilung, Frauenschicksal und Ausgrenzung im Künstlerhaus Bremen

Oh, süßes Gift



Olaf Nicolai, Viele, die eine Ahnung haben..., 1999

Olaf Nicolai, Viele, die eine Ahnung haben..., 1999

Den mächtigen Roland von Bremen und die sympathischen Bremer Stadtmusikanten kennt jedes Kind. Sie sind auf positive Weise mit dem Image der Hansestadt verwoben. Eine Bremer Frauengestalt aus der Biedermeierzeit jedoch erlangte im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine unheimliche Berühmtheit: Die Giftmörderin Geesche Gottfried wurde 1831 als letzte Bremerin öffentlich enthauptet. Der spektakuläre Kriminalfall einer berüchtigten Serienmörderin, die ihrem Ehemann, ihrer Mutter, ihren Kindern und diversen Liebhabern „Mäusebutter“ servierte und sie somit in den sicheren Tod beförderte, empörte und faszinierte die Öffentlichkeit in ganz Europa. Bänkelsänger, Theaterautoren, Filmregisseure und Drehbuchschreiber griffen die Tragödie auf. Die berühmteste Bearbeitung des Stoffes ist sicherlich Rainer Werner Fassbinders 1971 geschriebenes Theaterstück „Bremer Freiheit“. In dem „Bürgerlichen Trauerspiel“, das er später auch verfilmte, werden für Geesche Gottfrieds Morde aus Liebe, Verzweiflung und als trügerische Befreiung aus einem Klima der häuslichen Gewalt auch Erklärungen gesucht, Gewalt und Gegengewalt ins Verhältnis gesetzt.



„Bremer Freiheit“ lautet auch der Titel einer von Susanne Pfeffer kuratierten Gruppenausstellung im Künstlerhaus Bremen. Sechs namhafte zeitgenössische Künstler nehmen den Bremer Kriminalfall zum Ausgangspunkt, um sich in ihren Arbeiten mit Motiven und Voraussetzungen für Gewaltausbrüche auseinanderzusetzen. Mal konkret mit Geesche Gottfried-Bezug, mal in abstrakterer Form werden Themen wie Vorverurteilung, Frauenschicksal Selbstmord, Zerstörung und Kriminalität visualisiert.

Ein Spuckstein aus Granit im Bremer Domshof bietet entrüsteten Bürgern bis heute Gelegenheit, die grausame Vorgehensweise der Serienmörderin verächtlich zu kommentieren. Die Bremer machen übrigens gern davon Gebrauch. Die Arbeit „Kleines Miststück“ von Ralf Berger aus Düsseldorf nimmt diesen etwas befremdlichen Brauch auf, lässt jedoch die Spucke in Sekundenschnelle gefrieren. So entsteht - Volkszorn ist ansteckend - ein unappetitlich-frostiges Wandobjekt gesammelter Speichelabsonderungen.

In Mathilde ter Heijnes Videoarbeit „Suicide Bomb“ von 2000 kann der explosive Selbstmord der Künstlerin in Endloswiederholungen miterlebt werden. Hauptdarstellerin ist eine Puppe, die eine frappierende Ähnlichkeit mit der Künstlerin hat. Die Anwesenheit unbeteiligter Passanten lässt auf politische Motive schließen.

Bei den Performances des Biennale-Stars von 2001, Gregor Schneider, weiß man nie, wo das Unheil lauert. Während der Eröffnung im Künstlerhaus lag eine Reinkarnation von Geesche Gottfried in erbärmlichen Zustand in einer Lotterecke. Es war - zumindest zeitweise - Gregor Schneider höchstpersönlich in altbewährter Frauenrolle mit wirren Haaren und dunkler Strumpfhose. Psychologisch aufgeladen und bühnenreif inszeniert, beschwört Schneider ein Klima von Angst, Verstörung, Zerrissenheit und Schuldgefühlen hinauf.

Kühl überlegt und intellektuell dagegen die Plakatarbeit von Olaf Nicolai. Der Berliner Documenta 10-Teilnehmer variiert ein Zitat aus dem Fassbinder-Stück, indem er die Vokabeln „trotzdem“ und „deshalb“ vertauscht und damit den Sinn leicht, aber entscheidend verändert: „Viele, die eine Ahnung haben von ihren Möglichkeiten und ihren Bedürfnissen und trotzdem/deshalb das herrschende System in ihrem Kopf akzeptieren durch ihre Taten und es somit festigen und durchaus bestätigen.“ Beide Varianten sind auf Vorder- und Rückseite eines grellfarbigen Plakates abgedruckt. Politisch-theoretische Überlegungen zum Mitnehmen.

Der jüngste der sechs Künstler, Clemens von Wedemeyer, Jahrgang 1974, nimmt den Laurel & Hardy-Klassiker „Big Business“ von 1929 zum Ausgangspunkt seiner Videoarbeit. Bei ihm spielen jedoch veritable Knastbrüder die Hauptrolle. Slapstick und Tempo werden ersetzt durch eine verlangsamte Entladung von Gewalt und die Filmsprache der Post-Pulp Fiction-Zeit. Ein verschärftes Klima von Gewalt in der medienfixierten Gegenwart Anfang des 21. Jahrhunderts.

Wie mordete Geesche Gottfried? Natürlich mit Gift. Die klassische Verabreichung à la „Arsen und Spitzenhäubchen“ erfolgte in kleinen Dosen im Kaffee. Das dachte sich auch Thomas Rentmeister und reiht gefüllte Kaffeetassen als schlicht-minimalistische, skulpturale Arbeit aneinander. Das Heißgetränk wird von Tasse zu Tasse heller. Die Dosis offenbar sukzessive durch die Zugabe von Milch erhöht. Dem Gifttod noch einmal von der Schippe gesprungen, verlassen die Besucher den gelungenen Ausstellungsparcours in die – Bremer - Freiheit.

Die Ausstellung „Bremer Freiheit“ ist noch bis zum 2. Oktober zu sehen. Geöffnet ist Mittwoch bis Sonntag von 14 bis 19 Uhr. Am 7. September veranstaltet das Künstlerhaus um 19:30 Uhr einen Filmabend mit „Big Business“ von Laurel & Hardy sowie „Süßes Gift“ von Claude Chabrol.

Kontakt:

Künstlerhaus Bremen

Am Deich 68/69

DE-28199 Bremen

Telefon:+49 (0421) 50 85 98

Telefax:+49 (0421) 50 83 05

E-Mail: buero@kuenstlerhausbremen.de

Startseite: www.kuenstlerhausbremen.de



24.08.2005

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Nicole Büsing

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Ralf Berger, Kleines Miststück, 1995

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