 |  | Heimrad Prem, Nur mein Kampf stärkt mich, 1962 | |
Gute Laune trotz weniger Besucher, so kann man mit knappen Worten über die Art Cologne Resümee ziehen. Die wichtigste deutsche Messe für moderne und aktuelle Kunst ging am vergangenen Sonntag zwar mit 63.000 Besuchern – 2.000 weniger als im Vorjahr - zuende, doch verbesserte sich die Laune der Galeristen gegenüber 2002 spürbar. „Deutlich mehr Freude an der Kunst und am Kunstkauf“, konstatierte der Dortmunder Galerist Wilfried Utermann, „der Markt ist viel stärker als im vergangenen Jahr“. Wie schon auf anderen Messen und Auktionen in diesem Herbst hielt auch auf der Art Cologne der Trend zu einem gefestigteren Kunstmarkt an. Und das tut dem Kunstmessestandort Köln gut, der sich in den vergangenen Jahren eher durch Querelen hintern den Kulissen und einem Entwicklungsstau selbst geschadet hat.
Zeichen des Aufbruchs ist der neue Direktor der Messe Gérard A. Goodrow, der in diesem Jahr zwar nicht mehr viel Konkretes verwirklichen konnte. Erst Mitte September trat 39jährige Deutsch-Amerikaner von weltläufigem Zuschnitt den neugeschaffenen Posten an, um den „deutschen Mief“ aus der Messe zu vertreiben. Die Rauhfaser an den Kojenwänden ist auf sein Geheiß jedenfalls schon gefallen. Und auch atmosphärisch hat sich bereits Einiges gebessert: Die Aussteller trauen ihm zu, die Messe wieder auf Vordermann zu bringen, um international in der ersten Liga mitzuspielen. Den Schwung braucht die Art Cologne auch. Wird doch die Konkurrenz im weltweiten Kunstmessereigen immer größer. Da helfen Goodrow natürlich die guten Verkaufsergebnisse, gerade ausbleibende ausländische Galerien wieder für die Art Cologne zu begeistern. Und die aus dem deutschsprachigen Raum, wie Sander, Werner oder Ropac, erst recht.
Das Gros der Verkäufe spielte sich im unteren und mittleren Bereich bis 25.000 Euro ab. Hier zögerten die Kunden nicht so lange und öffneten bereitwillig ihren Geldbeutel. So verzeichnete Ruth Littmann von der Züricher Galerie Bob Gysin beim Verkauf von 17 kleineren Arbeiten bis 2.000 Euro vor allem deutsche Nachfrage. Teuere Arbeiten nahmen bei ihr nur die Schweizer Sammler mit. Die Preise stiegen aber auch in den sechsstelligen Bereich, so etwa bei Gmurzynska mit einer Arbeit von Lucio Fontana für 400.000 Euro, bei Röpke mit Miguel Barceló für 350.000 Euro oder bei der Kopenhagener Galerie Faurschou für ein Werk von Asger Jorn für 810.000 Euro.
Die Dortmunder Galerie Utermann gehörte zu den erfolgreichsten Ausstellern auf der Art Cologne. Wilfried Utermann konnte von einer kleinen Feininger-Zeichnung für 11.000 Euro bis zu einem kapitalen Schumacher-Bild für 260.000 Euro, das in das Wuppertaler von der Heydt-Museum ging, gut verkaufen. Dazwischen lagen bei ihm zwei Aquarelle von Emil Nolde für 80.000 und 130.000 Euro und eine Macke-Zeichnung für 160.000 Euro. Der deutsche Expressionismus war auch bei Ludorff gefragt, der die Wünsche seiner Kunden vor allem mit Arbeiten von Karl Schmidt-Rottluff und Plastiken von Barlach und Kolbe bediente.
Für den klassischen Markt war die Messe heuer auch der ideale Platz. Skandale gab es in diesem Jahr keine, oder sie wurden nicht öffentlich. Die Kunst zeigte sich mehrheitlich aufgeräumt und war auf Verkaufbarkeit hin ausgesucht. Die Flachware dominierte und hier wiederum die Malerei, die die Fotografie weiter zurückdrängte. Das entspricht auch dem Konzept Goodrows, der die gesamte Kunst des 20. Jahrhunderts auf der Messe sehen will, also von der klassischen Moderne bis zu den aktuellen Positionen, die sich dann doch etwas rar machten. Gerade im Obergeschoss ließ man sich kaum auf Experimente ein. Da stach einem doch glatt Thomas Rentmeisters Kühlschrank-Skulptur beim Kölner Galeristen Otto Schweins ins Auge. Die zwei aufeinander gestapelten Geräte, deren Fugen Rentmeister mit Penatencreme ausgespachtelt hat, nahm denn auch ein junger Sammler für 14.000 Euro mit.
Bei Schweins zeigte sich dann auch noch eine gute Neuerung. Der Art Cologne-Förderkreis, der im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde und dem derzeit bei 31 Mitgliedern noch mehrheitlich Galeristen angehören, kaufte bei ihm 20 Zeichnungen von Jürgen Stollhans, die nun als Dauerleihgabe ins Kölner Museum Ludwig wandern. Kunst im Wert von über 100.000 Euro nahm der Förderkreis auf der Messe mit. Kasper König, Chef des Museums Ludwig, freut sich also noch über eine abstrakte „Raumplastik“ des Düsseldorfer Bildhauers Norbert Kricke von 1975, die der Förderkreis für 39.000 Euro bei der Stuttgarter Galerie Edith Wahlandt erwarb, oder Tony Ourslers Werk „Roter Zylinder“, das der Düsseldorfer Galerist Hans Mayer für 36.000 Euro abgab. Außerdem wurden Arbeiten von Arthur Köpcke und Silke Schatz angekauft.
Einen der ausgesuchtesten, durchdachtesten und konzentriertesten Stände wies die Düsseldorfer Galerie Schübbe auf. Christa Schübbe ließ nur Kunst der bisher noch nicht recht wahrgenommen Gruppe Spur an die Kojenwände und förderte wahre Schätze zutage. Kraft und Provokation sprachen aus den Bildern von Helmut Sturm, Heimrad Prem und Hans Peter Zimmer und den plastischen Arbeiten von Lothar Fischer, die sich zwischen 1958 und 1965 zur Künstlervereinigung zusammengeschlossen hatten. Vor allem Prems Reflexion auf Picassos Guernica „Nur Kampf stärkt mich“ von 1962 wurde vom Publikum bewundert. Und das Wagnis hat sich für Christa Schübbe gelohnt. Bei Preisen um 100.000 Euro nahmen auch neue Sammler Werke von Spur mit. Außerdem taten sich Kontakte zu Museen auf, die nun die Künstler ausstellen wollen. Ähnlich konzentriert ging es auch bei Elisabeth und Klaus Thoman aus Innsbruck zu, die bei der Köln Skulptur ihre Fläche den Skulpturen Bruno Gironcolis gewidmet hatten. Durch die diesjährige Biennale in Venedig hatte Gironcoli, der den österreichischen Pavillon bespielte, soviel Aufmerksamkeit auf sich versammelt, dass seinen skurrilen und irritierenden Gebilden aus technischen und organischen Versatzstücke rote Punkte sicher waren.
Die nächste Art Cologne findet vom 28. Oktober bis 1. November 2004 statt.
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