 |  | Max Liebermann, Die Gattin des Künstlers am Strand, 1895 | |
Zu den herausragenden Leistungen Max Liebermanns, der neben Lovis Corinth und Max Slevogt zu führenden deutschen Impressionisten gehört, zählt, dass er die Errungenschaften des französischen Impressionismus für die deutsche Kunst nutzbar machte. Er erkannte die bahnbrechenden Leistungen der Künstler wie Claude Monet und Edouard Manet und etablierte diese um 1890 moderne Bewegung im wilhelminischen Deutschland. Doch der Weg dahin war langwierig und umstritten. Im Rahmen ihrer monografischen Einzelausstellungen geht die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall nun den Stationen im Werk Liebermanns nach und würdigt das vielgestaltige Schaffen, das vom Realismus in eine persönliche Interpretation des Impressionismus führte.
Geboren am 20. Juli 1847 als Kind einer großbürgerlich jüdischen Unternehmersfamilie konnte er - wenn auch gegen den Wunsch seiner Eltern - Malerei studieren. Seine frei von finanziellen Sorgen durchlebte Ausbildungszeit verbrachte er unter anderem in Weimar, Paris und München. Prägend für sein Frühwerk sind seine ab 1872 jährlich stattfindenden Reisen nach Holland. Über 40 Jahre wurden die Niederlande für mehrere Sommermonate zu einer Art "Malheimat". Hier entstehen Darstellungen arbeitender Menschen. Weber, Bauer, Netzfischer oder Frauen bei der Wäschebleiche setzte er in Bild. Die simplen Szenen aus Waisenhäusern, Bürgerschulen und dem Straßenalltag werden aufgrund ihrer Schlichtheit nicht nur gerühmt, sondern gerade deswegen von vielen Zeitgenossen heftigst abgelehnt. Liebermann vermeidet in seinen Darstellungen soziale Anklagen. Er sucht mittels Stimmungen aus dem einfachen Leben die unverstellte Natürlichkeit in seinen Freilichtmalereien einzufangen. Als "Apostel der Hässlichkeit" tituliert, konnte sich der Künstler bei gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen leisten, keine Kompromisse einzugehen.
Um die Mitte der 1890er Jahre beginnt die aktive Auseinandersetzung mit dem Impressionismus. In den holländischen Seebädern Scheveningen und Noordwijk findet er in der Weite der Dünenlandschaft Motive und Panoramen, die er mit lockeren Pinselstrichen und leuchtenden Kreidefarben oft nur skizzenhaft andeutet. Sie begründen seinen Ruf als führender deutscher Impressionist. Liebermanns Schaffen zwischen 1900 und 1918 ist geprägt durch die Schilderung von Szenen aus Biergärten und Stadtcafes in Berlin, vom Polo- und Tennisspiel sowie Strandansichten. Die großbürgerliche Welt der Jahrhundertwende, das mondäne Lebensgefühl in einer Epoche des wirtschaftlichen Aufschwunges stehen Liebermanns reifes Werk.
Gestört durch den Großstadtlärm um seine Residenz neben dem Brandenburger Tor direkt am Pariser Platz in Berlin erbaute er sich eine Villa am Wannsee, die er 1910 bezog. Der große Garten, dessen Gestaltung Liebermanns ganze Aufmerksamkeit galt, gab ähnlich wie bei Monet viele Motive für seine Gemälde. Auch in der Kunsthalle Würth sind Blumenterrassen in wechselnden Farben, Hecken, gesäumte Rosenhöfe und Rondelle zu bewundern, die zum Teil auch Hintergründe für Genrebilder bieten.
Als Präsident der preußischen Akademie der Künste war Max Liebermann darüber hinaus eine Symbolfigur der Weimarer Republik mit nicht zu unterschätzendem Einfluss auf die Kulturpolitik. 1933 kam er seiner Entlassung durch Rücktritt zuvor. Einst gefeiert und von vielen Freunden umgeben, dann gesellschaftlich geächtet, starb er am 8. Februar 1935 als 88jähriger. Aus Furcht und vorauseilendem Gehorsam gaben ihm nur wenige das letzte Geleit.
Erst spät, nämlich 1987, wird Liebermann im Rahmen einer Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle angemessen gewürdigt. Die erste bedeutende Liebermann-Ausstellung im südwestdeutschen Raum kam nun dank der Kunsthalle und der Unternehmensgruppe Würth zustande, die sich auch an der Rekonstruktion des Speisezimmers in Liebermanns Wannsee-Villa maßgeblich beteiligte. 80 hochkarätige Leihgaben sowie fünf Exponate aus der Sammlung Würth beinhaltet die eindrucksvolle Schau, die jenseits aller Überladenheit anhand einer überschaubaren Werkauswahl erlesener Arbeiten sämtliche Aspekte von Werk und Entwicklung aufgreift.
Die Ausstellung "Max Liebermann - Poesie des einfachen Lebens" ist noch bis zum 29. Februar 2004 täglich 10 bis 18 Uhr der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall zu besichtigen. Der Eintritt beträgt 5, ermäßigt 3 Euro. Der Katalog ist für 20 Euro zu erwerben. |