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Mit einer Grundschule in seinem Heimatdorf in Burkina Faso startete die Karriere von Diébédo Francis Kéré. Bis heute verfolgt der Afrikaner eine originelle zukunftsträchtige Bauweise, die nicht zuletzt den Menschen in den Mittelpunkt rückt

Praktische Poesie und soziale Nachhaltigkeit



Diébédo Francis Kéré, Gando Primary School, 2001

Diébédo Francis Kéré, Gando Primary School, 2001

Selbst Fachkreise maßen dem Schaffen des Deutschafrikaners Diébédo Francis Kéré eher nachrangige Bedeutung zu, bis er 2022 mit dem Pritzker Prize, dem „Nobelpreis der Architektur“, geehrt wurde. Der Architekt, Sozialaktivist und Visionär mit deutscher und burkinischer Doppelstaatsangehörigkeit steht für neue Ideen im Bauwesen, die maßgeblich zu dieser Auszeichnung beigetragen haben. Die Preisvergabe signalisierte damals eine Abkehr vom Augenmerk auf westlich-elitäre Hochglanzarchitektur und eine stärkere Bewertung sozialer Anliegen, baukultureller Aspekte und ökologischer Themen. Seither bemühen sich nun die Entscheider der in Chicago, der Heimatstadt der Pritzker-Familie, ansässigen Stiftung um mehr Vielfalt und breitere Entfaltung. Zu den weltweit herausgehobenen Baumeistern dieser Kategorie gehört Diébédo Francis Kéré seither als erster Afrikaner.


Als erstes von vierzehn Kindern kam Kéré im Jahr 1965 als Sohn eines Schulleiters und Häuptlings im 3.000 Einwohner starken Dorf Gando, 200 Kilometer von Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, entfernt zur Welt. Er war dazu ausersehen, als erster im Ort Lesen und Schreiben zu lernen. Mit gerade sieben Jahren musste er zu Verwandten in die nächstgelegene Stadt umziehen, um die Schule besuchen zu können. Nach einer anschließenden Ausbildung im traditionellen Baufach ermöglichte dem Zwanzigjährigen ein Stipendium der Carl Duisberg Gesellschaft den Weg nach Deutschland, wo Kéré nach Beendigung einer Schreinerlehre und dem Abitur an einer Abendschule an der Technischen Universität Berlin Architektur studierte. 2004 schloss er seine Ausbildung ab und gründete im Folgejahr sein Architekturbüro in Berlin, wo er heute neben Burkina Faso lebt.

Schon vor dem Ende seiner Studien erregte Diébédo Francis Kéré Aufsehen, als er 2001 mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung seines Geburtsortes den Entwurf und Bau einer Primarschule bewerkstelligte. Ein Schatten spendendes, weit vorkragendes Schwebedach akzentuiert auffallend den Bau. Eine unter Ausrichtung auf den Sonnenverlauf und vorherrschende Windrichtungen vorgenommene Stellung der Schule bewirkt die angenehme frische Luftzirkulation und gedämpftes Licht. Dies ergänzte Kéré durch eine offene und flexible Raumgestaltung. Das für den Bau verwendete, lokal und günstig verfügbare sowie nachhaltige Material Lehm stabilisierte er mit beigemischtem Zement. Diese Form eines Schulbaus stand im Gegensatz zu dem engen, dunklen, stickigen und immer wieder aufzufrischenden Lehmbau seiner Kindheit. Der für diese Leistung Kéré zugesprochene „Aga Khan Award for Architecture“ hätte kein besserer Start in seine berufliche Karriere sein können.

Diébédo Francis Kérés Erstlingswerk verweist auf die Charakteristika, die sein Śuvre auszeichnen. Dabei ist zunächst einmal der Weg das Ziel. Kéré geht es darum, einen qualitativ hochwertigen und funktionalen Bau mit und für eine Gemeinschaft zu erschaffen. Er denkt Ressourcen schonend, knüpft an lokale Gegebenheiten an und lässt die vor Ort lebenden Leute an der Entstehung teilhaben. Daraus resultiert eine soziale Qualität, die Kéré geschickt mit ästhetischen Raffinessen zu vereinen weiß. Diese spezifische Herangehensweise gleicht jener in einem Forschungslabor. Kéré geht dialogisch und prozesshaft vor, legt eine originelle Gestaltungskraft an den Tag und lässt Kühnheit und Erfindungsreichtum in seine Entwürfe einfließen. Bei seinen spezifischen plastischen Ausformungen kommt die Inspiration von Elementen der westlichen Moderne.

Nach diesem ersten, mittlerweile um eine Schulbücherei und Unterkünfte für die Lehrer und ihre Familien erweiterten Bau machte Diébédo Francis Kéré vor allem durch das „Operndorf Afrika“ von sich reden, das er nach Ideen des 2010 verstorbenen Regisseurs und Künstlers Christoph Schlingensief realisiert. Inzwischen erstrecken sich seine Vorhaben über die gesamte Welt. Immer wieder ist das Zentrum für den Nationalpark von Mali mit dem auffallenden Schmetterlingsdach medial präsent. Hinzu kommen Projekte in Kenia, Uganda, Mosambik, Benin und den USA. Viel Aufmerksamkeit erhielt der 2017 errichtete Pavillon der Serpentine Galleries in London. Für Deutschland hat er etwa das schon in Bau befindliche Goethe-Institut in Dakar im Senegal geplant. Im Inland projektierte er eine Waldorfschule im oberbayerischen Weilheim oder einen Forschungsturm für die Technische Universität München, wo er seit 2017 die Professur für „Architectural Design and Participation“ innehat.

Zu seinen größeren Projekten zählen eine aus vor Ort produzierten Ziegeln errichtete Klinik in Burkina Faso, das als Runddorf unter einem großen Dach konzipierte Lycée Schorge in Koudougou und vor allem der spektakuläre Entwurf für das neue Gebäude der Nationalversammlung in Benin. Wie kaum ein zweites Werk spiegelt es mit dem begehbaren Dach, öffentlichen Zonen und Terrassen Kérés Auffassung von einer offenen, demokratischen Gesellschaft und der engen Verbundenheit mit der afrikanischen Heimat. Zwischenzeitlich hat er viele renommierte Architekturpreise zugesprochen bekommen, darunter 2023 auch den renommierten Praemium Imperiale. Schon weit vorher würdigten die maßgeblichen deutschen Architekturmuseen in Frankfurt am Main und München sein Werkschaffen in Ausstellungen, aber etwa such das Museum of Modern Art in New York.

Im Reigen der Pritzker-Preisträger ist Diébédo Francis Kéré nicht nur der erste Schwarze, sondern auch der erste Vertreter seines Kontinents. Die Jury lobte damals seinen „Einsatz für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und die intelligente Nutzung lokaler Materialien“. Als er die Auszeichnung erhielt, sagte Kéré in einem Interview: „Ich hatte meine Architektur immer als etwas Persönliches angesehen, dass ich den Menschen bei mir zu Hause etwas geben wollte. Und jetzt sehe ich mich auf einmal mit diesem großen Preis verbunden, von dem ich nie geträumt habe! Ich bin sehr überrascht davon und einfach nur dankbar.“



14.10.2025

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Peter Schwanke

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Diébédo Francis Kéré, Gando Primary School, 2001
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 Francis Kéré
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Diébédo Francis Kéré, Sarbalé Ke, 2019
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Diébédo Francis Kéré, Serpentine Pavillon, 2017
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Diébédo Francis Kéré, Serpentine Pavillon, 2017
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Diébédo Francis Kéré, Surgical Clinic and Health Centre, 2014
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Diébédo Francis Kéré, Nationalversammlung von Benin, seit 2019
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Diébédo Francis Kéré, National Park of Mali, 2010

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Diébédo Francis Kéré, Startup Lions Campus, 2021

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Diébédo Francis Kéré, Serpentine Pavillon, 2017

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Diébédo Francis Kéré, Léo Doctors’ Housing, 2019

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Diébédo Francis Kéré, Serpentine Pavillon, 2017

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Diébédo Francis Kéré, Surgical Clinic and Health Centre, 2014

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Diébédo Francis Kéré

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Diébédo Francis Kéré, Centre for Health and Social Welfare, 2014

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Diébédo Francis Kéré, Sarbalé Ke, 2019

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Diébédo Francis Kéré, Gando Primary School, 2001

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Diébédo Francis Kéré, Nationalversammlung von Benin, seit 2019

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Diébédo Francis Kéré, Grundschulbücherei in Gando, 2011

Diébédo Francis Kéré, Grundschulbücherei in Gando, 2011

Diébédo Francis Kéré, Operndorf Afrika. Phase I, 2010

Diébédo Francis Kéré, Operndorf Afrika. Phase I, 2010




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