Hellerau Photography Award verliehen  |  | Gloria Oyarzabal, Aus der Serie „Usus Fructus Abusus – La Blanche et la Noire“, 2022 | |
In Dresden haben die Technischen Sammlungen Dresden zusammen mit Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste, der Kunstagentur Dresden und dem Verein Portraits Hellerau den „Portraits – Hellerau Photography Award“ 2025 vergeben. Unter den Einsendungen aus mehr als 50 Ländern setzten sich Gloria Oyarzabal, Michel Kekulé und Ashima Yadava durch, der Residenzpreis ging an Pasha Kritchko. Die nun zum zehnten Mal jährlich verliehene Auszeichnung ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert, das Jahresmotto war „Echoes of Truth“.
Gloria Oyarzabal erhielt für ihre Serie „Usus Fructus Abusus – La Blanche et la Noire“ den ersten, mit 5.000 Euro dotierten Preis. Die 1971 geborene Spanierin, die für mehrere Jahre in Mali gelebt hat, verbindet in ihrer künstlerischen Praxis Analyse und Aktivismus und hinterfragt die koloniale Konstruktion Afrikas. So greift sie für ihre Fotoserie auf das römische Recht zurück, in dem Eigentum als absolutes Verfügungsrecht über eine Sache galt, bestehend aus ‚usus‘ – Gebrauch, ‚fructus‘ – Nutzungsertrag und ‚abusus‘ – Verfügungsmacht. Diese Vorstellung entdeckt Oyarzabal auch in kolonialer Geschichte: Museen entstanden vor über 300 Jahren aus fürstlichen Sammlungen, wurden zu Instrumenten der Identitätsbildung und Nationskonstruktion, oft auf Grundlage kolonialer Aneignungsprozesse. Damit geraten sie in Konflikt mit historischen Narrativen, Wissensproduktion und kollektiver Erinnerung.
Besondere Brisanz erhält dies in der Darstellung schwarzer Frauen in der westlichen Kunstgeschichte: sexualisierte, verfügbare, unterworfene Körper im Spannungsfeld zwischen kolonialer Zuschreibung, rassistischer Projektion und feministischer Ausblendung, etwa als ewige Odalisken. So blickt Oyarzabal in ihrer Serie etwa in westliche Museen mit afrikanischen Artefakten und konfrontiert sie unter anderem mit Bildern von westlichen Missionszentren. Auf einem anderen Foto stellt sie Félix Vallottons berühmtes Aktgemälde „La Blanche et la Noire“ von 1913 nach. „Diese vielschichtige Serie, die sich in Bilddialogen in die Geschichte der musealen wie künstlerischen Repräsentation verwebt, sehen wir als preiswürdig, da sie inhaltich komplex immer wieder zu herausragenden Bildinszenierungen findet“, so Jurymitglied Angela Matyssek.
Der zweite Preis und ein Preisgeld für 2.000 Euro gingen an Michel Kekulé für seine fragmentarische, dokumentarfotografische Serie „Mutterland“. Der 1991 in Fulda geborene Fotokünstler setzt sich hier mit den gesellschaftlichen und persönlichen Bruchstellen auseinander, die die deutsche Wiedervereinigung in der ostdeutschen Provinz hinterlassen hat. Kekulés Großvater erlebte, dass sein Handwerk als Messermacher nach der Wende verschwand, Kekulés Mutter verließ 1990 die DDR und kam in den 2010er Jahren in eine Region zurück, die eine der höchsten Arbeitslosenquoten Ostdeutschlands verzeichnete. Die von Kekulé dokumentierten Menschen zeugen von anhaltenden Kämpfen um Identität und Zugehörigkeit in einem System, das alte Strukturen auflöste. Die bewusst gewählte Schwarz-Weiß-Ästhetik reiht sich in die Tradition der dokumentarischen Fotografie ein. Kekulé verweist damit auch auf die mediale Codierung historischer Bildwelten. Sie fungiert als Referenz an klassische sozialdokumentarische Arbeiten des 20. Jahrhunderts und verstärkt die emotionalen Aspekte, etwa Verlust, Entfremdung und Unsicherheit.
Mit dem dritten Preis wurde Ashima Yadava für ihre Serie „Papa’s Hand“ ausgezeichnet. Die Konzept- und Dokumentarfotografin, die nun ein Preisgeld von 1.000 Euro bekommt, verbindet in ihren Bildern künstlerischen Ausdruck mit sozialem Engagement, mit den Schwerpunkten Geschlechtergerechtigkeit, Rassismus und soziale Gerechtigkeit. Die in Neu-Delhi geborene und in San Francisco lebende und arbeitende Künstlerin, die auch Director’s Fellow am International Center of Photography in New York ist, untersucht in „Papa’s Hand“ familiäre Mythen und Rituale. Sie hinterfragt das Konzept des klassischen Familienalbums und fragt, wie viel Raum für persönliche Freiheit und Verwirklichung bleibt. Der Residenzpreis geht an den ehemaligen Bauingenieur und Werbefotografen Pasha Kritchko aus Belarus, der 2020 während der Präsidentschaftswahlen und der damit verbundenen Massenproteste in seiner Heimat zum Fotojournalisten wurde. Heute im Exil lebend, widmet sich Kritchko in der Serie „Map of Memories“ der bis heute andauernden weißrussischen Krise, die sich in der Repression seines Heimatlandes, dem Leben im Exil, aber auch den Geschichten belarussischer Freiwilliger manifestiert, die in der Ukraine kämpfen.
Der „Portraits – Hellerau Photography Award“ ist bis zum 19. Oktober zu sehen. Die Technischen Sammlungen Dresden haben dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 4 Euro.
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