Ein edles Stillleben bei Christie’s  |  | Jan Davidsz de Heem, Prunkstillleben mit Pastete auf einem Zinnteller, Hummer und Garnelen in einer Wanli-Schale, Obst, Auster, Silbertazza und -kanne, goldener Buckelpokal und geschälter Zitrone, 1649 | |
Ein Highlight der Auktion „Old Masters Evening Sale“ bei Christie’s in London ist ein barockes Prunkstilleben von Jan Davidsz de Heem. Der niederländische Meister lässt in diesem Werk von 1649 die Augen über vielfältige Oberflächen, Früchte, glänzendes Gold und Silber, Wassertropfen auf reifen Trauben, fein spiegelndes Glas, eine chinesische Wanli-Schale mit Hummer und Garnelen, allerlei lebende Insekten und drapierte kostbare blaue, rote und grüne Stoffe gleiten. Allein die diaphane Zitronenhaut mit ihren changierenden Poren und der auf ihr krabbelnde Maikäfer künden von der hohen Malfertigkeit de Heems. Andrew Fletcher, Leiter der Abteilung Alter Meister bei Christie’s, erklärt: „Diese sinnliche Arbeit repräsentiert in ihrer kunstvollen Ausführung, reichen und ausbalancierten Komposition und dem sehr guten Erhaltungszustand den Höhepunkt der Stilllebenmalerei des Goldenen Jahrhunderts in Holland.“
Fred G. Meijer, de Heem-Spezialist, führt dieses Stillleben mit angeschnittener Pastete in seinem unlängst erschienen Œuvreverzeichnis als wichtiges Werk aus dem Jahr 1649 an. In diesem Zeitraum habe Jan Davidsz de Heem einige seiner besten Gemälde geschaffen, worauf etwa die feinen Spiegelungen der Fenster im Glas des Römers und im goldenen Buckelpokal verweisen. Zudem nimmt diese Arbeit Motive anderer Prunkstilleben auf, die sich in der Sammlung des Louvre und des Musée des Beaux-Arts in Brüssel befinden. Christie’s orientiert sich bei der Preisgestaltung an dem eigenen, 2020 erzielten de Heem-Rekord von 4,8 Millionen Pfund für ein deutlich größeres Werk und will nun 3 bis 5 Millionen Pfund sehen. Etwas günstiger liegt im Vergleich hierzu das feine Stilllebenduo mit leuchtenden Rosen, Nelken, Pfingstrosen, dunklen und hellen Weintrauben, weiterem Obst und Vogeleiernest Jan van Huysums aus den Jahren 1744 und 1745, das 1,2 bis 1,8 Millionen Pfund verlangt.
Ein weiteres herausragendes Werk der Auktion vom 1. Juli ist Giovanni Antonio Canals Vedute „Venedig. Rückkehr des Bucintoro zu Christi Himmelfahrt“ aus den frühen 1730er Jahren, die nachweislich im Besitz von Sir Robert Walpole, dem ersten Premierministers des Vereinigten Königreichs, war. Canalettos meisterliche Fähigkeit, die changierende Atmosphäre einzufangen, die Präzision in der Ausarbeitung der Architektur und die Feinheit seiner Maltechnik sind hier klar ersichtlich, wofür Christie’s vage eine Erwartung von mehr als 20 Millionen Pfund angibt. Fernab vom warmen Licht der frühlingshaften Serenissima bewegt sich das kühle winterliche Treiben in der „Vogelfalle“ Pieter Breughels d.J. Das in der Breughel-Familie und deren Umkreis beliebte Motiv mit 127 Versionen hat seinen Ursprung in einem Werk des Vaters aus 1560er Jahren (Taxe 1 bis 1,5 Millionen GBP). Wem der Winter nicht zusagt, kann in Jan Brueghels d.Ä. sommerlicher Landschaft von 1619 fündig werden, die einen Eremiten bei seiner gut besuchten Messe in einer fantasievoll konstruierten, baumbestandenen Natur vorstellt (Taxe 500.000 bis 800.000 GBP).
Bei den Portraits macht Tizian mit dem Bildnis eines jungen venezianischen Adligen vor einem Fenster auf sich aufmerksam. In strenges Schwarz mit kostbarem Fellbesatz gekleidet, schaut der in einem schweren Scherenstuhl sitzende Mann mit zartem Bartwuchs energisch aus dem Bild heraus, aber am Betrachter vorbei. Das Fenster öffnet sich zu einem Segelschiff, was auf die Quelle seines Reichtums hinweist (Taxe 3 bis 5 Millionen GBP). Deutlich milder zeigt sich der Blick des calvinistischen Priesters Johannes Hoornbeeck in einem kleinen Portrait von Frans Hals (Taxe 600.000 bis 800.000 GBP). Aus der englischen Kunst findet sich typisches Gemälde von George Stubbs: ein braunes Pferd mit zwei Hunden von 1791 (Taxe 800.000 bis 1,2 Millionen GBP), begleitet von einem duftigen Aquarell des Brienzersees aus der Hand von Joseph Mallord William Turner (Taxe 600.000 bis 800.000 GBP). |