Galerie Geiger präsentiert Ewerdt Hilgemann  |  | Ewerdt Hilgemann, HP Double, 2023 | |
„Inside Out“ lautet der Titel einer Schau zu Ewerdt Hilgemann in der Konstanzer Galerie Geiger und verweist bereits auf das künstlerische Prinzip des Bildhauers. Denn im Fokus der Ausstellung stehen sogenannte „Implosionen“ mit ihren willkürlichen Raumgestaltungen zwischen Innen und Außen. Dabei werden hohle Innenräume präzise und dicht verarbeiteter geometrischer Körper aus bis zu drei Millimeter dickem Metall mit einer Vakuumpumpe entleert, so dass der umgebende Luftdruck die Quader langsam zusammenfallen lässt, was ihnen den Anschein gewaltiger äußerer Krafteinwirkungen verleiht. Bei der Vernissage der Ausstellung konnten die Besucher diesen faszinierenden Vorgang live erleben. Der Künstler persönlich erzeugte eine zweieinhalb Meter hohe Edelstahlplastik durch Implosion. Daneben präsentiert Galerist Stephan Geiger weitere dreizehn Skulpturen und vier Wandarbeiten, darunter auch einige auf Hochglanz polierte Werke, die eine raffinierte Spiegelwirkung auf der Oberfläche erzeugen. Die Preise bewegen sich zwischen 9.000 Euro für eine kleine Wandarbeit und 70.000 Euro für die größte Skulptur.
Der 1938 in Witten an der Ruhr geborene Deutsch-Niederländer studierte zunächst in Münster und dann von 1959 bis 1961 an der Werkkunstschule in Saarbrücken, wo er erste Materialreliefs schuf. Ab Mitte der 1960er Jahre kreierte Ewerdt Hilgemann weiße Strukturarbeiten. In der spielerischen Wirkung von Licht und Schatten weisen sie deutliche Bezüge zu den Bewegungen von ZERO und Op-Art auf. In den 1970er Jahren kreierte er seriell-minimalistische Installationen aus Röhren, sogenannte „Space Structures“, aus Polyester oder Stahl sowie abstrakt-geometrische Holzskulpturen und -reliefs. In den Jahren zwischen 1975 und 1984 unterhielt er ein Atelier in Carrara. Hier experimentierte er mit Marmor und Granit, wobei er durch Einbeziehung von Zufallsmomenten die Grenzen traditioneller Bildhauerei erweiterte. Durch ungezielte wie auch gesteuerte Zerstörungen, etwa Stürze oder gar Sprengungen, formte Hilgemann seine Objekte.
1970 zog der Künstler in die Niederlande und lebt seit 1984 in Amsterdam. Seit dieser Zeit konzentriert er sich auf die Transformation großer kubischer Volumina aus Edelstahlhäuten, die ihm internationale Reputation einbrachten. Weltweit sind diese Implosionen in Museen und auf öffentlichen Plätzen präsent. Zu den bedeutendsten Arbeiten zählt das 2014 in New York realisierte „Park Ave Project“: Eine Reihe aus sieben monumentalen Skulpturen konnte Hilgemann auf dem Mittelstreifen der New Yorker Park Avenue aufstellen. Im Jahr 2020 setzte die elegante „Oyster“-Serie ein. Dabei führt der Künstler die Innenseiten in hochglänzendem Edelstahl aus. Durch Aufschneiden der vollendeten Implosion kommt das Innere dann „glanzvoll“ zum Vorschein. Sein Schaffen kennzeichnet ein Zusammenspiel von künstlerischen Ideen, handwerklicher Präzision und stillen Kräften der Natur, in dem Planungen, Gesetzmäßigkeiten sowie Zufälle eine raffinierte Verbindung eingehen, an deren Ende ein singuläres Ergebnis steht. So bereichert Hilgemann die Bildhauerei mit einer originellen Variante.
Die Ausstellung „Ewerdt Hilgemann – Inside Out“ ist bis zum 9. August zu besichtigen. Die Galerie Geiger hat mittwochs bis freitags von 13:30 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Galerie Geiger
Reichenaustraße 39A
D-78467 Konstanz
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