Malgorzata Mirga-Tas’ farbprächtige Welt in Bregenz  |  | in der Ausstellung „Malgorzata Mirga-Tas. Tele Cerhenia Jekh Jag“ | |
Das Kunsthaus Bregenz widmet Malgorzata Mirga-Tas seit dem Wochenende die Schau „Tele Cerhenia Jekh Jag“, zu Deutsch ‚Unter dem bestirnten Himmel brennt ein Feuer‘. Dafür hat die 1978 geborene polnische Künstlerin fast alle textilen Bilder und skulpturalen Arbeiten eigens geschaffen und bespielt drei Stockwerke des Kubus. In ihrer feministisch unterlegten Textilkunst, die sich aus ihrer kulturellen Zugehörigkeit zu der ethnischen Minderheit der Rom*nja herleitet, präsentiert Mirga-Tas ihre Lebenswelten in detailreichen, realistischen und farbkräftigen Darstellungen von alltäglichen Szenen wie dem Rauchen einer Zigarette, dem Spielen von Karten oder dem Aufhängen der Wäsche. Ihre Stoffcollagen, die sie aus gespendeten Kleidungsstücken ihrer Familie, Nachbar*innen und Freund*innen zusammen mit ihrer Community näht, greifen mythische Erzählungen auf, sind zugleich Sinnbilder der gegenwärtigen Conditio humana und liefern laut Kunsthaus-Direktor Thomas Trummer eine kraftvolle Antwort auf jahrhundertealte Vorurteile gegenüber den Rom*nja.
Für das Kunsthaus Bregenz hat Malgorzata Mirga-Tas drei neue Erzählräume geschaffen. Im ersten Obergeschoss betreten die Besucher*innen eine Rom*nja-Siedlung in Czarna Góra, der Heimat von Mirga-Tas am Fuß der polnischen Tatra. An den Wänden hängen Textilcollagen, auf denen die Siedlung, die Häuser, die dort lebenden Menschen und die umliegende Landschaft abgebildet sind. In der Mitte des Raums hat Mirga-Tas schwarze, glänzende, anthropomorphe Figuren installiert, die sie „Jangare“ nennt und aus geschmolzenem Wachs und verbrannter Kohle kreiert hat. Die dunklen Jangare, die eine magische, Unheil abwendende Ausstrahlung besitzen, versteht sie als Wächter der Siedlung und der umliegenden Natur. Auf der Textilarbeit „Jangare’s magic is in our hands“ präsentiert Mirga-Tas vier Frauen – sich selbst, ihre Schwester, ihre Mutter und ihre Tante beim gemeinschaftlichen Nähen eines Jangaro.
Im zweiten Obergeschoss steht eine alte Holzschmiede ihres Heimatortes. Die als Haus mit ihren Textilbildern konstruierte Arbeitsstätte gehörte Mirga-Tas’ Großonkel Augustyn Mirga. Der Beruf des Schmieds war typisch für die südpolnischen Rom*nja. Mit diesem Werk ehrt sie ihre Vorfahren und deren harte Arbeit, geht aber auch über die bloße Rekonstruktion ihrer Familiengeschichte hinaus. Die Schmiede wird hier zum Atelier, zum Alchemielabor, zu einem Ort, an dem Dinge auf magische Weise zum Leben erweckt werden.
Das dritte Obergeschoss verlässt die Siedlung in Czarna Góra und geht ins Gebirge zu den „Bären“, die von den Rom*nja für Straßenvorführungen über Jahrhunderte hinweg dressiert wurden. Dies greift Malgorzata Mirga-Tas in ihren Textilcollagen und Skulpturen auf, allerdings grundlegend anders. Sie zeichnet nicht das Bild einer dem Menschen unterworfenen Kreatur, sondern das der gewaltfreien Koexistenz. Die Bären treten als symbolische und zugleich magische Wesen in Erscheinung und übernehmen, aus dem selben Material wie die Jangare gefertigt, wie diese die Rolle der Beschützer und Wächter der Gemeinschaft.
Die Ausstellung „Malgorzata Mirga-Tas. Tele Cerhenia Jekh Jag“ läuft bis zum 28. September. Das Kunsthaus Bregenz hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 14 Euro, ermäßigt 12 Euro. Personen zwischen 20 und 27 Jahren zahlen 8 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren ist der Eintritt kostenlos. Die begleitende Publikation kostet im Museum 42 Euro.
Kunsthaus Bregenz
Karl-Tizian-Platz
A-6900 Bregenz
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