Fotopreis der Deutschen Börse für Lindokuhle Sobekwa  |  | Lindokuhle Sobekwa, Familienfoto an Weihnachten, 2014 | |
Lindokuhle Sobekwa hat den Deutsche Börse Photography Foundation Prize gewonnen. Der 1995 geborene Südafrikaner konnte sich mit seinem 2024 erschienenen Buch „I carry Her photo with Me“ gegen die anderen drei Finalist*innen Cristina de Middel, Rahim Fortune und Tarrah Krajnak durchsetzen und darf sich nun über ein Preisgeld von 30.000 britischen Pfund freuen. Mit seinem Fotobuch werfe Lindokuhle Sobekwa auf poetische Weise Fragen zu seiner Familie und zu seinem Heimatland auf, so Anne-Marie Beckmann, Direktorin der Deutsche Börse Photography Foundation. „Mit der Erinnerung an seine Schwester Ziyanda durchdringt eine zutiefst persönliche Erzählung sein Werk, mit der er zugleich die Geschichte seiner Familie und die Verwicklungen und Dynamiken familiärer Beziehungen erkundet.“
Shoair Mavlian, Direktorin der Londoner Photographers’ Gallery und Juryvorsitzende, ergänzte: „Mittels der Fotografie findet Lindokuhle einen Weg für sich und seine Familie, um über die Vergangenheit, über Verlust und Erinnerung zu sprechen, aber auch über die Geschichte und die Herausforderungen Südafrikas nach dem Ende der Apartheid. Wir hoffen, dass seine Arbeit jüngere Fotograf*innen und Künstler*innen dazu inspiriert, mit einfachen Gestaltungsmitteln und einer mitreißenden Erzählung etwas Kraftvolles zu schaffen.“
In seinem Buch „I carry Her photo with Me“ dokumentiert Lindokuhle Sobekwa seine Suche nach dem Leben seiner Schwester und den Menschen, denen sie begegnet ist. Das persönliche Projekt begann damit, dass er ein Familienfoto fand, aus dem das Gesicht seiner älteren Schwester Ziyanda herausgeschnitten war. Den Schnipsel mit ihrem Portrait fand er in der Bibel seiner Mutter. Er ist das einzige Foto, das Sobekwa von seiner Schwester besitzt. Mit ihm rekonstruierte er seine Beziehung zu ihr: Als sie sieben und dreizehn Jahre alt waren, jagte ihm Ziyanda hinterher, woraufhin er von einem Auto erfasst und schwer verletzt wurde. Durch den Unfall traumatisiert, verschwand seine Schwester Stunden später und kehrte erst nach einem Jahrzehnt erkrankt zurück. Zu diesem Zeitpunkt war Sobekwa bereits Fotograf. Er versuchte, ein Portrait von ihr aufzunehmen, brach aber ab, als sie wütend reagierte. Kurz darauf starb Ziyanda.
In seinem nun ausgezeichneten Fotobuch kombiniert Lindokuhle Sobekwa Fotografien, handschriftliche Notizen und Schnappschüsse seiner Familie. In dieser an ein Skizzenbuch angelehnten Publikation erforscht er sowohl die Erinnerung an seine Schwester als auch die Geschichte seiner familiären Herkunft und die weitreichenden Folgen von Fällen, bei denen Menschen in Südafrika verschwunden sind. Somit ist sein Werk nicht nur eine persönliche Erzählung, sondern zugleich Teil einer umfassenderen Auseinandersetzung mit Fragmentierung, Armut und den langfristigen Auswirkungen von Apartheid und Kolonialismus auf verschiedenen Ebenen der südafrikanischen Gesellschaft.
Mit ihrem Fotopreis fördert die Deutsche Börse Photography Foundation seit 2005 aktuelle Positionen der Fotografie. Zudem verantwortet sie die Weiterentwicklung und Präsentation der Art Collection Deutsche Börse, die mittlerweile über 2.400 fotografische Arbeiten von rund 170 Künstler*innen aus 38 Nationen umfasst. Die Arbeiten der vier Finalist*innen, wobei Cristina De Middel, Rahim Fortune und Tarrah Krajnak ein Preisgeld von jeweils 5.000 Pfund erhalten, sind noch bis Mitte Juni in der Londoner Photographers’ Gallery zu sehen. |