Gerda Fassel gestorben  |  | Gerda Fassel bei der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien, 2015 | |
Die Wiener Bildhauerin Gerda Fassel ist am 6. Mai nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren verstorben. Fassel war in Österreich für ihre „Weibstrümmer“ bekannt, ihre weiblichen Bronzetorsi in üppigen wuchtigen, bisweilen archaischen Formen, die die Künstlerin seit den 1970er Jahren schuf. Sie verpflichtete sich in ihren Arbeiten dem Weiblichen, schuf feministische und sozialkritische Kunst und war stets um neue Körperbilder und ein neues Körperverständnis bemüht, lange bevor „Body Positivity“ Einzug in die gesellschaftliche Diskussion hielt. Besonders in Wien bleibt sie durch die 2008 im Donaupark enthüllte Büste mit dem Abbild Che Guevaras in Erinnerung. Ihre Bildhauerkollegin Monika Verhoeven, die Fassel in tiefer Freundschaft verbunden war, bewunderte ihre Standhaftigkeit im Leben und in der Kunst. Gegenüber der Sammlung Verbund sagt sie: „Gerda war ein Fels in der Brandung.“
Gerda Fassel besuchte nach einer kaufmännischen Lehre die private Wiener Kunstschule. Nach einem Aufenthalt in den USA zwischen 1961 und 1965 studierte sie an der Hochschule für angewandte Kunst bei Hans Knesl und Wander Bertoni und hatte dort zwischen 1996 und 1998 auch eine Gastprofessur inne. 1998 erhielt sie an der Angewandten als erste Frau eine Professur für Bildhauerei. In Nachfolge von Alfred Hrdlicka übernahm sie bis 2006 das Ordinariat für Bildhauerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Für ihr Schaffen wurde Gerda Fassel mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 1982 mit dem Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst, 2001 mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse und 2015 mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.
Ihre Skulpturen standen für Selbstbestimmung, Eigensinn und Widerstand gegen Machtstrukturen. Ihr künstlerisches Verständnis fasste Gerda Fassel so zusammen: „Die Breite meiner Figuren kann man nicht nur – um es auf gut Wienerisch zu formulieren – als ‚blad‘ interpretieren, also, dass es eine ‚blade Wuchtl‘ ist, sondern es geht um die Ausdehnung im Raum, um die Verdichtung, um die Spannung, kurzum, dass die Kraft spürbar wird.“ Aktuell sind ausgewählte Arbeiten von ihr in der Ausstellung „Wirklichkeit als Haltung – Wiener Realismus nach 1950“ im Musa in Wien zu sehen. Susanne Rieglers Dokumentarfilm „Verwegen Mutig. Radikal. Frauen der feministischen Avantgarde“ befasst sich ebenfalls mit der Künstlerin. |