Wertvolles Renaissance-Gemälde für die Alte Pinakothek  |  | Hans Baldung Grien, Maria als Himmelskönigin, um 1516/18 | |
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen können sich über einen bedeutenden Sammlungszuwachs freuen. Mit Unterstützung der Pesl-Stiftung Bayern, der Ernst von Siemens Kunststiftung und dem Pinakotheks-Verein konnten sie Hans Baldung Griens Gemälde „Maria als Himmelskönigin“ aus der Zeit um 1516/18 für die Alte Pinakothek erwerben. Damit gelangt eines der letzten noch in Privatbesitz befindlichen Gemälde des Dürer-Schülers nach München: Die Staatsgemäldesammlungen kauften das religiöse Thema unter Vermittlung des New Yorker Kunsthändlers Nicolas Hall von einem US-amerikanischen Sammler an, der es 2012 bei Sotheby’s in London für 1,85 Millionen Pfund netto ersteigert hatte. Im Bestand der Alten Pinakothek schließt die Neuerwerbung nun eine Lücke, fehlte doch bisher ein kleinformatiges Andachtsbild des Renaissance-Malers.
Hans Baldung Grien schuf das Werk in einer entscheidenden Phase seines Lebens, denn in der Mitte der 1510er Jahre vollendete er mit dem Hochaltar des Freiburger Münsters einen prestigeträchtigen Großauftrag und kehrte anschließend wieder nach Straßburg zurück. Auf der Holztafel kombinierte er die Darstellung der gekrönten Himmelskönigin mit der einer Maria lactans, der stillenden Muttergottes. Neben der hohen malerischen und koloristischen Qualität zeigt das auf den ersten Blick vermeintlich traditionell wirkende Bild exemplarisch Baldungs besondere Fähigkeit zu eigenständigen, von gängigen Mustern abweichenden und dabei inhaltlich anspruchsvollen Bilderfindungen: So kontrastiert Baldung einerseits die idealschöne, mit ihren fein gelockten Haarsträhnen durchaus sinnliche Mariengestalt mit dem zupackenden Realismus des Säuglings, der hungrig und ganz irdisch an der Brust der Mutter trinkt.
Gleichzeitig sorgt der hauchzarte, transparente und von der Bügelkrone Mariens in einem weiten Bogen herabwehende Schleier, der ein malerisches Bravourstück ist, für eine sinnfällige Verbindung beider Figuren, indem er sich mit dem Windeltuch des Jesuskindes zu vereinen scheint und so auf die doppelte Natur des Jesuskindes hinweist. Doppelsinnig erscheint zudem die fahle, in ihrer Helligkeit mehrfach abgestufte Scheibe hinter dem Kopf der Maria: Einerseits als Heiligenschein lesbar, hat sie zugleich den Charakter einer übernatürlichen Lichterscheinung, die erneut auf die göttliche Natur Christi wie auch die Aufnahme Mariens in himmlische Sphären hinweist. Damit erweist sich die Darstellung als überzeitliche Vision, die sich vor den Augen der Betrachtenden ereignet, worauf auch die wie geblendet wirkende, fast karikaturartig und in Grisaillemalerei ausgeführte Engelsfigur zur Linken der Muttergottes anzuspielen scheint. |