Ungewöhnlich: Eine Tischlampe in der Marquee Week bei Sotheby’s  |  | Frank Lloyd Wright, Tischlampe aus dem Susan Lawrence Dana House in Springfield, um 1903 | |
Dass Sotheby’s eine Tischlampe in seine „Modern Evening Auction“ mit Gemälden und Skulpturen aufgenommen hat, kommt nicht alle Tage vor. Da muss es schon etwas Besonderes sein: Zwischen 1902 und 1904 entwarf Frank Lloyd Wright für die Silberminen-Erbin und seine Förderin Susan Lawrence Dana in Springfield in Illinois ein feudales Wohnhaus in seinem modernistischen „Prairie Style“ und gestaltete dafür auch die Inneneinrichtung, zu der auch seine „Double-Pedestal Table Lamp“ gehörte. Ursprünglich stand die Tischlampe in der Bibliothek des Hauses und ahmte in ihrer geometrischen Gestaltung und ihrem Schirm, der mit bleiverglasten irisierten Scheiben in Grün, Amber, Gelb und Weiß die beiden hohen Bronzefüße überspannt, die Wände und die Dachform des Äußeren nach. Bei ihrem letzten Auktionsauftritt bei Christie’s im Dezember 2002 kam Wrights Lampe auf 1,8 Millionen US-Dollar netto. Jetzt wollen Sotheby’s und der Einlieferer dafür 3 bis 5 Millionen US-Dollar sehen.
Höhepunkt der „Modern Evening Auction“ vom 13. Mai und der gesamten Saison in New York ist aber eine marktfrische Skulptur von Alberto Giacometti: 1954/55 schuf er wieder einmal eine expressive, schrundig aufgerissene Bronzebüste seines Bruders Diego und fasste sie noch leicht farbig. Mit dem Verkauf in Höhe von rund 70 Millionen US-Dollar verfolgt die Soloviev Foundation gemeinnützige Ziele. Dahinter kommt erst einmal längere Zeit nichts, bis sich Pablo Picasso mit seiner späten Schnellmalerei „Homme assis“ von 1969 bei 12 bis 18 Millionen Dollar und René Magritte mit dem surrealistischen Auge-Menschen „La Traversée difficile“ von 1963 bei 10 bis 15 Millionen Dollar bemerkbar machen. Mit dem stilisierten, grün-roten, hawaiianischen Pflanzenbild einer Neoregelia unter dem Titel „Leaves of a Plant“ von 1942 und der Schätzung von 8 bis 12 Millionen Dollar spielt auch Georgia O’Keeffe auf den vorderen Rängen der Auktion mit, ebenso wie Paul Signac mit seiner pointillistischen bunten Venedig-Vedute „Saint-Georges. Couchant“ von 1905 für 7 bis 10 Millionen Dollar und Alexander Calder mit seinem ausladenden schwarzen Mobile „Four Big Dots“ von 1963, von dem sich das San Francisco Museum of Modern Art bei 6 bis 8 Millionen Dollar trennt.
Aus der renommierten Züricher Sammlung von Rolf und Margit Weinberg haben acht Gemälde Eingang in die New Yorker Versteigerung gefunden. Nachdem Margit Weinberg, Gründungsdirektorin des Museums Haus Konstruktiv, im Februar 2024 mit 93 Jahren verstarb, trennen sich ihre Erben nun etwa von Paul Cézannes psychologisch feinfühligem „Portrait de Madame Cézanne“ um 1877 (Taxe 5 bis 7 Millionen USD), Henri Matisses fragmentiertem, dekorativ eingebundenem Körperteil „Le Bras“ von 1938 (Taxe 4 bis 6 Millionen USD), Egon Schieles aufgewühlter Landschaft „Gewitterberg (Kapelle auf dem Kreuzberg bei Krumau)“ von 1910 (Taxe 2 bis 3 Millionen USD) oder von László Moholy-Nagys konstruktivistischem Gemälde „Am 3“ aus dem Jahr 1923 (Taxe 3 bis 5 Millionen USD).
An deutscher Kunst gibt es zudem noch Wassily Kandinskys farbkräftige Landschaftsabstraktion „Studie für Improvisation 10“ aus dem Jahr 1910 (Taxe 6 bis 8 Millionen USD), Emil Noldes gleichaltrige, aufbrausende Farbsymphonie „Herbstmeer VII“ (Taxe 2,5 bis 3,5 Millionen USD) und Lyonel Feiningers zersplittert gemalte „Trompetenbläser I“ von 1912 (Taxe 5 bis 7 Millionen USD). Mit fünf Werken ist zudem die Joseph H. Hazen Family Collection vertreten. An der Spitze rangieren mit jeweils 5 bis 7 Millionen Dollar Fernand Légers marktfrisches Menschenbild „La Jeune fille au bouquet“ von 1921 und mit Rekordansage František Kupkas träumerisch-kosmologische Abstraktion „Formes flasques“ von 1919/25. |