Boltanski-Schenkung für Berlin  |  | Christian Boltanski, The Missing House, 1990/2025 | |
Das Kunstwerk „The Missing House“ von Christian Boltanski bleibt dem Hamburger Bahnhof dauerhaft erhalten. Die Künstlerin Annette Messager, die Ehefrau des verstorbenen Boltanski, hat über den von ihr gegründeten Fonds de dotation Christian Boltanski die Installation dem Berliner Museum geschenkt, das „The Missing House“ aus dem Jahr 1990 in seine „Unendliche Ausstellung“ im öffentlichen Raum in Berlin-Mitte aufnimmt. Bei der Arbeit, die seit vergangenem Jahr restauriert wurde, handelt es sich um die erste öffentliche Installation des Künstlers. Sie entstand ursprünglich im Rahmen des Projektes „Die Endlichkeit der Freiheit Berlin 1990“ und thematisiert die NS-Zeit, den Holocaust und die Bombardierung der Stadt.
24 Namensschilder, die Christian Boltanski an zwei 20 Meter hohe Brandmauern angebracht hat, erinnern an die einstigen jüdischen und nicht-jüdischen Bewohner*innen eines im Zweiten Weltkrieg zerstörten, heute nicht mehr existenten Wohnhauses in der Großen Hamburger Straße. Auf den Schildern hat Boltanski neben den Namen auch den Beruf und die Zeitspanne verzeichnet, während der die Bewohner*innen in dem Haus gelebt haben. „Dieses Denkmal erinnert uns im Alltag daran, welche Lücken der von Deutschland der Welt aufgezwungene Krieg hinterlassen hat – im Stadtraum und menschlich“, so Stefanie Remlinger, Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte. „Krieg bringt immer Zerstörung, Verzweiflung und Tod. Dieser Ort soll uns allen eine Mahnung sein.“
Der 1944 geborene Christian Boltanksi wuchs in Paris in einer jüdisch-ukrainisch-katholischen Familie auf, die von Geschehnissen des Holocaust geprägt war. Seine Arbeiten befassen sich mit universellen Themen wie Zeit, Vergänglichkeit und Tod, der Erinnerung und dem Verschwinden individuellen Schicksals. Boltanski hat 1972, 1977 und 1987 an der Documenta in Kassel teilgenommen und stellte 1988 bei der „Zeitlos“-Schau im Hamburger Bahnhof aus. 2011 bespielte er den französischen Pavillon der Kunstbiennale in Venedig. 2021 starb er in Paris.
Als Teil der „Unendlichen Ausstellung“, die inzwischen 21 Werke umfasst, kann die Öffentlichkeit ab heute zum 80. Jahrestag des Kriegsendes über eine Microsite und das Booklet in selbstgeführten Rundgängen mehr über das Kunstwerk erfahren. Im Außenraum ersetzen Repliken die originalen Holztafeln, die nach der Restaurierung im Museum bleiben. Am 10. Mai spricht die Kunsthistorikerin Sarah Alberti im Hamburger Bahnhof über Boltanski „Missing House“. Ab dem 1. Juni finden jeden ersten Sonntag im Monat, auf Deutsch um 14 Uhr und auf Englisch um 15 Uhr, kostenlose Werkgespräche vor Ort in der Großen Hamburger Straße statt. |