NS-Raubkunst: Art Institute of Chicago muss Schiele-Blatt herausgeben  |  | Soll Nazi-Raubkunst sein: Egon Schieles „Russischer Kriegsgefangener“ von 1916 | |
Die Erben des jüdischen Kunstsammlers Fritz Grünbaum haben einen weiteren juristischen Sieg errungen. Ein New Yorker Gericht hat entschieden, dass das Art Institute of Chicago Egon Schieles Zeichnung „Russischer Kriegsgefangener“ aus dem Jahr 1916 restituieren muss. Richterin Althea Drysdale sah es als erwiesen an, dass Grünbaum seine rund 400 Arbeiten umfassende Kunstsammlung unter Zwang an die Nationalsozialisten abgeben musste. Er selbst starb 1941 im Konzentrationslager Dachau. Der „Russische Kriegsgefangene“ wurde 2023 von der Staatsanwaltschaft Manhattan beschlagnahmt.
Dagegen hatte sich das Art Institute of Chicago gewehrt und argumentiert, dass es die Schiele-Zeichnung 1966 rechtmäßig im Schweizer Auktionshaus Kornfeld erworben habe. Dazu legte das Museum Unterlagen von Eberhard W. Kornfeld vor, nach denen er die Zeichnung von Mathilde Lukacs, Grünbaums Schwägerin, in den 1950er Jahren erworben hatte. Nach Ansicht des Art Institute verblieb das Blatt während der Nazi-Zeit somit in der Verfügungsgewalt der Familie Grünbaum, und Lukacs habe es rechtmäßig geerbt. Zudem bestritt das Museum die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft von Manhattan, weil sich das Kunstwerk seit fast sechzig Jahren nicht mehr in New York befunden habe.
New Yorker Ermittler konnten jedoch nachweisen, dass Kornfelds Besitzanspruch auf das Werk vermutlich nicht zutraf, und legten als Beweis mehrere Rechnungen zu dem damaligen Kauf vor, und auf denen Lukacs’ Unterschrift gefälscht war. Richterin Drysdale äußerte in ihrem Urteil zudem, dass es „höchst unwahrscheinlich“ sei, dass Lukacs jemals ein ordnungsgemäßes Eigentumsrecht an dem Werk erlangt habe. Sie warf dem Art Institute of Chicago vor, beim Erwerb der Zeichnung nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen zu sein, sondern sich stattdessen auf die Zusicherungen eines zweifelhaften Kunsthändlers mit einer offensichtlich eigennützigen Absicht verlassen zu haben.
Die Nachkommen des erfolgreichen österreichischen Kabarettisten und Schauspielers Fritz Grünbaum bemühen sich seit Jahren um die Rückgabe seiner umfangreichen Kunstsammlung. Bereits 2023 hatten sie aus drei US-amerikanischen Museen und von zwei Privatsammlungen mehrere Schiele-Werke zurückerhalten. Auch von der Albertina und dem Leopold Museum in Wien fordern sie mehrere Blätter des österreichischen Expressionisten zurück. Aufgrund des Verkaufs von Grünbaums Schwägerin geht der Österreichische Kunstrückgabebeirat aber bisher davon aus, dass es sich bei diesen Kunstwerken nicht um Nazi-Beutekunst handelt. Das Art Institute of Chicago will die Entscheidung des Gerichts nun prüfen und hält sich die Option für eine Berufung offen. |