Essen widmet sich der Industriemalerei  |  | in der Ausstellung „Das Land der tausend Feuer. Industriebilder aus der Sammlung Ludwig Schönefeld“ | |
Mit der Ausstellung „Das Land der tausend Feuer“ richtet das Ruhr Museum in Essen derzeit den Blick auf ein ausgefallenes, wenig beachtetes Genre. Mächtige technische Anlagen, Hochöfen, Fördertürme, Schienen und Bahnen, sämtlich im Dunst von Feuer, Dampf und Rauch, bilden die Motive dieser Sparte. Schon Adolph von Menzels „Eisenwalzwerk“ von 1873, Feuer und Brände im Werk von Joseph Mallord William Turner oder die dampfenden Eisenbahnen bei Claude Monet belegen die Faszination für die atmosphärische Umsetzung industrieller Vorgänge. Die nunmehr in der Zeche Zollverein präsentierten 240 Bilder aus den Jahren zwischen 1890 bis 2010 stammen aus der Kollektion des 1964 in Gelsenkirchen geborenen Kommunikationsexperten und Industriemanagers Ludwig Schönefeld. Beginnend mit dem Erwerb des Gemäldes „Hochofenabstrich“ von Fritz Gärtner, das Schönefeld 1986 in einem Keller entdeckte und das nun als Visitenkarte der Schau auftritt, trug er seitdem einen Fundus von über 1500 Gemälden, Aquarellen und Grafiken zusammen, der nun zunächst als Dauerleihgabe, langfristig aber als Schenkung in Museumsbesitz übergehen wird. Der Kuratorin Reinhild Stephan-Maaser oblag es nun, trotz der überbordenden Fülle in Abstimmung mit dem Sammler eine präzis gegliederte Schau zu organisieren. Bezüge zum Ruhrgebiet, der spezielle Sammlungscharakter und die Vielfalt künstlerischer Positionen waren dabei maßgebliche Kriterien.
Den Besucher erwartet eine in 18 Kapitel profund gegliederte Auswahl, die in einer Verbindung von Kunst und Geschichte passioniert das überaus facettenreiche Bild des Ruhrgebiets vermittelt. Hierbei stehen weniger die großen Künstlernamen, sondern vielmehr die Geschichte hinter den Bildern im Vordergrund. Zechen und Kokereien faszinierten viele Maler. Im Kapitel „Hüttenwerke und Hochöfen“ lassen sich die Entwicklungen zu immer größeren Anlagen nachvollziehen. In den Werkhallen fesselten der Koksgeruch und die Geräusche des Hämmern und Walzens. Gießer und Stahlarbeiter werden bei der Verrichtung ihrer schweren Arbeit illustriert. Aber auch die Infrastruktur wie der Vertrieb in Häfen oder die Industrielandschaft mit ihren Förder- und Kühltürmen, die die Kirchtürme als Dominaten in der einst dünn besiedelten Agrarlandschaft ablösten, das Stadtmilieu oder Wohnen und Freizeit sind Themenfelder der Schau.
Groß zeigt sich daher die stilistische und motivische Bandbreite. Von der akademischen Handschrift über pointillistische, expressionistische oder neusachliche Varianten begegnet man vielen Malstilen. Die Industriemalerei war an Akademien nur selten ein Thema war. Jedoch widmen sich einzelne Kapitel auch akademisch ausgebildeten Malern, etwa Richard Gessner, Schüler der Düsseldorfer Kunstakademie, oder Herman Heijenbrock, der an der Academie voor Beeldende Kunsten in Rotterdam studierte. Einer Reihe von vergessenen Talenten wird nun erneute Wertschätzung zuteil ebenso wie anonym entstandenen, aber höchst aussagekräftigen Gemälden. Viele Werke wurden als Auftragsarbeiten für Verwaltungsetagen und Medien gefertigt. Am Ende stehen die realitätsnahen fotorealistischen Bilder des 1963 in Frankfurt geborenen Malers Alexander Calvelli, die in ihrer Kälte mit still stehenden Maschinerien und Menschenleere einen poetischen Nachruf auf die Blütezeit des Kohlenpotts werfen.
Die Ausstellung „Das Land der tausend Feuer. Industriebilder aus der Sammlung Ludwig Schönefeld“ ist bis zum 14. Februar 2026 zu besichtigen. Das Ruhr Museum hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 10 Euro, ermäßigt 7 Euro. Personen unter 18 Jahren sowie Schüler und Studierende bis 25 Jahren haben freien Zutritt. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der im Museum 29,95 Euro kostet.
Ruhr Museum
Gelsenkirchener Straße 181
D-45309 Essen
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