Fotografien von Frida Orupabo in Hannover  |  | Frida Orupabo, Burden, 2022 | |
Aus Anlass der Verleihung des Spectrum-Preises an Frida Orupabo präsentiert das Sprengel Museum in Hannover derzeit Werke der 1986 in Norwegen geborenen Künstlerin mit afrikanischen Wurzeln. Ihre 32 teils großformatigen und mehrteiligen Arbeiten entstanden zwischen 2018 und 2024 und sind fotografische Collagen, die auf besondere Weise Fragen von Identität, Rassismus, Geschlecht sowie der sexualisierten Ausbeutung und Objektivierung schwarzer Körper thematisieren. Orupabos künstlerische Praxis verbindet feministische und postkoloniale Theorien mit digitalen und materiellen Ausdrucksformen. Sie nutzt historische Fotografien kolonialer Gewalt und kombiniert sie mit literarischen Zitaten, um bestehende Sehgewohnheiten zu hinterfragen.
Kuratorin Inka Schube erklärt: „Frida Orupabo analysiert und zerlegt die gewaltvollen Bildarchive der Geschichte und setzt sie neu zusammen – nicht als Rekonstruktion, sondern als radikalen Akt der Selbstermächtigung. Ihre scharfkantigen, zumeist skulpturalen Collagen brechen dominante Blickregime auf und schaffen neue, mehrschichtige Erzählungen. Dass ihre Werke nun im Sprengel Museum Hannover gezeigt werden, ist folgerichtig: Wie einst Kurt Schwitters nutzt sie die Collage als Widerstands- und Ausdrucksform – erweitert diesen Ansatz jedoch um eine scharfsinnige Reflexion kolonialer und rassistischer Bildtraditionen.“ In Orupabos Arbeit „On her mind“ von 2022 steht eine Frau in einem rosafarbenen leichten Kleid mit leicht ausgestreckten Beinen. Anstelle ihres Kopfes erblickt man ein aufgeklebtes Antlitz einer schwarzen Frau, über deren Kopf sich weitere drei Gesichter von Frauen afrikanischer Herkunft stapeln. Dies wirkt wie ein Echo von Vorfahren, die auf dem Kopf der Protagonistin lasten, sie beeinflussen, beschäftigen oder ihre Erfahrungen vererben.
Orupabos Interesse an der Darstellung zumeist schwarzer weiblicher Körper geht auf frühe eigene Erfahrungen zurück. Als Kind einer norwegischen weißen Mutter und eines nigerianischen schwarzen Vaters wuchs sie in den 1990er Jahren in der Nähe von Oslo in einer überwiegend weißen Gesellschaft auf, die ihr das Gefühl vermittelte, „anders“ zu sein. Um dieses „Anders-Sein“ besser zu verstehen, wandte sich die ausgebildete Soziologin 2013 Familienfotografien zu und lud diese auf ihren Instagram-Feed. Bald darauf vertiefte sich Frida Orupabo in die Weite des digitalen Netzes, kombinierte Fotografien aus Archiven der Kolonialzeit und der Apartheid sowie aus Film, Malerei und Mode, die meist schwarze weibliche Körper zeigen. Die Menschen auf diesen Bildern sind oft als namenlose Objekte katalogisiert und gespeichert.
Die Ausstellung „Frida Orupabo. Spectrum – Internationaler Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen“ läuft bis zum 20. Juli. Das Sprengel Museum hat mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, dienstags zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßigt 4 Euro. Für Kinder und Jugendliche ist der Besuch kostenlos. Der begleitende Katalog kostet im Museum 30 Euro.
Sprengel Museum Hannover
Kurt Schwitters Platz
D-30169 Hannover
Telefon: +49 (0)511 – 168 438 75 |