Die Kunst, online zu lesen.

Home


Magazin

News


Marktberichte


Ausstellungen


Journal


Portraits


Top Event


Netzkunst





Kunst kaufen
Werben

Translation EnglishFrench

Anzeige

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Anzeige

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Newsmailer Eintrag

Bestellen Sie bitte hier:


Suchen mit Google

Google
WWW
kunstmarkt.com

Ausstellungen

Aktuellzum Archiv:Ausstellung

Das Leopold Museum in Wien widmet sich Egon Schieles späten Schaffensjahren und macht auf die neuen Themen und den veränderten künstlerischen Stil im Werk des Exzentrikers aufmerksam

Letzte Bilder eines kurzen Lebens



Egon Schiele, Edith Schiele in gestreiftem Kleid, sitzend, 1915

Egon Schiele, Edith Schiele in gestreiftem Kleid, sitzend, 1915

Das Alterswerk von Kunstschaffenden nimmt in der Regel einen besonderen Platz in deren Œuvre ein: Reflexion, Verdichtung und künstlerische Reife treffen in dieser Phase vielfach auf die Angst vor der auslaufenden Zeit. Das Spätwerk bedeutender Künstler*innen, in früheren Zeiten bei Nichtgefallen gern als Symptom schwindender Schaffenskraft oder eines uninspirierten Kommerzialisierungsdrangs gewertet, steht heute oftmals und häufig vollkommen zu Recht unter Genieverdacht. Ist doch die Erfahrung eines langen Lebens im Zweifel keine schlechte Basis für Entwicklungen wie Intensivierung und Souveränität und manchmal auch für das Wagnis, Vertrautes zu verlassen, um noch einmal etwas völlig Neues zu beginnen.


Was aber, wenn diese letzte Werkphase zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wird, an dem der Künstler oder die Künstlerin noch nicht einmal das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und die Zeitspanne gleichwohl als Höhepunkt einer Karriere bezeichnet werden kann? Ist es möglich, von einem Spätwerk zu sprechen, auch wenn das künstlerische Œuvre insgesamt nur knapp zehn Schaffensjahre umfasst? Es sind Fragestellungen, die sich aufdrängen, wenn das Wiener Leopold Museum, das die größte und bedeutendste Sammlung von Werken Egon Schieles beherbergt, erstmals explizit das Werk ab 1914 bis zum frühen Tod des 28jährigen Künstlers im Oktober 1918 in den Fokus einer umfassenden monografischen Schau rückt.

Der von Kerstin Jesse und Jane Kallir überzeugend kuratierten Schau ist es ein Anliegen, die spezifische Situation von Egon Schiele während seiner letzten Lebensjahre zu berücksichtigen und das weniger präsente Werk in den Fokus zu rücken. Es entstand ab 1914 und unterscheidet sich merklich von den früheren Arbeiten, in denen Schiele ab 1910 bis 1913/14 mit exaltierter Gestik und Mimik die eigene Existenz reflektierte und sich mit der Zerrissenheit seiner Generation anhand der menschlichen Figur auseinandersetzte.

Schwerpunkte der mit rund 130 Werken aus internationalen Museen und Privatsammlungen großzügig bestückten Schau sind unter anderem die Suche nach dem Ich, die Darstellung von Paaren, die Auseinandersetzung mit dem Porträt seiner Frau Edith, Landschaftsbilder, Arbeiten aus der Militärzeit, Porträts von Freunden und die allgegenwärtige weibliche Figur. Getragen wird die Schau von 20 Ölgemälden, denen knapp über 100 Zeichnungen zur Seite gestellt sind. Ausgesprochen abwechslungsreich verwebt die Ausstellung biografische und künstlerische Elemente, die neue Einblicke in diesen letzten Lebensabschnitt des Künstlers bringen, und greift dabei auf zum Teil noch unbekannte Archivalien zurück, unter anderem auf zahlreiche Fotografien, Postkarten und das bisher unveröffentlichte Tagebuch von Edith Schiele, das im begleitenden Ausstellungskatalog vollständig publiziert ist.

Die Jahre 1914 bis 1918 waren für Egon Schiele „Zeiten des Umbruchs“ in historischer, politischer, gesellschaftlicher, künstlerischer und auch in privater Hinsicht. Inmitten seiner beruflichen Karriere erfuhr er Wendungen, denen er sich anpassen musste beziehungsweise die er selbst forcierte. 1914 brach nicht nur der Erste Weltkrieg aus, sondern Schiele beendete auch seine langjährige Beziehung zu Wally Neuzil, Lieblingsmodell und Partnerin, mit der zusammen er eine unkonventionelle, für beide Seiten bereichernde Beziehung geführt hatte, bis er 1915 Edith Harms heiratete. Bereits im Jahr zuvor hatte Egon Schiele die einundzwanzigjährige Tochter aus bürgerlichem Hause und ihre Schwester Adele kennengelernt, die gemeinsam mit ihren Eltern gegenüber seines Ateliers in Wien-Hietzing wohnten. Schiele fertigte sowohl Gemälde als auch Zeichnungen seines Schwiegervaters und der beiden Schwestern an. Häufig stand ihm Edith Modell.

Bereits 1914 führte er ein erstes mit viel Empathie gezeichnetes Porträt der 21jährigen Edith mit „Hütchen“ aus. Weitere folgten und zeigen Edith „sitzend“ und mit „Windhund“. Etwa zeitgleich schuf Schiele großformatige Gemälde wie „Edith in gestreiftem Kleid“ von 1915, eine Leihgabe aus dem Kunstmuseum Den Haag. Auffallend ist der oftmals ernste, verinnerlichte und nachdenkliche Blick der Dargestellten, wobei nicht bei allen Bildnissen klar zu unterscheiden ist, ob Schiele Edith oder ihre Schwester vor der Leinwand hatte. Gleiches gilt für das aus der Sammlung des Leopold Museums stammende Gemälde „Liegende Frau“ von 1917. Für die monumentale Inszenierung dieses nur partiell mit einem Tuch bedeckten Körpers wählte Schiele ein Querformat und malte den nackten weiblichen Leib in Aufsicht. Die Schenkel weit auseinandergespreizt, spiegeln ihre hinter den Kopf gelegten Arme diese Positur. Erotik, Sinnlichkeit und Begehren finden in dieser Projektion des Weiblichen einen unvermittelten Ausdruck.

Wie sehr sich Schiele gleichzeitig im Gefühlstaumel empfand, hin- und hergeworfen zwischen eigenen Wünschen, Verzicht, Zwängen und den Empfindungen seiner Frau, belegen die Doppelporträts aus dieser Zeit. Im Jahr ihrer Heirat entstand 1916 die intime Bleistiftzeichnung „Sitzendes Paar“. In charakteristisch lebhaften, nervösen Strichen zeichnete Schiele sich selbst. Nur mit Hemd und Socken bekleidet, sitzt er ungelenk und in instabiler Haltung auf dem Boden. Hinter ihm hockt eine Frau mit aufgetürmten Haaren, sie scheint seinen Körper zu stützen. In einer anderen Arbeit, einer Gouache aus der Sammlung der Albertina, die im engen Zusammenhang zu dieser Zeichnung steht, umklammert Edith den Künstler von hinten. Hilflos wie eine Marionette hängt dieser in ihren Armen. In beiden Zeichnungen erscheint Schiele halb entblößt, während seine Frau bekleidet bleibt. Schiele gelang hier eine eindringliche Auseinandersetzung mit der Komplexität einer Liebesbeziehung, dem Zurechtfinden in einer festen Bindung, die für ihn emotionale Abhängigkeit ebenso wie die Einsicht bedeutete, dass der Mensch im Grunde allein ist: auch in einer offensichtlich harmonischen und engen Partnerschaft.

Bei einer Musterung im Mai 1915 für tauglich erklärt, heiratete Schiele Edith kurz darauf in Wien. Bereits im Juni wurde er als Einjährig-Freiwilliger des k. u. k. Infanterie-Regiments zum Kriegsdienst eingezogen. Die kurze Hochzeitsreise führte nach Prag und anschließend ins böhmische Neuhaus, wo Schiele seine militärische Grundausbildung erhielt. Edith folgte ihm, sah ihren Mann aber nur selten. Sie vermisste ihre Familie und litt unter einer ihr bisher unbekannten Einsamkeit. Seit ihrer Hochzeit führte sie ein Tagebuch, das Aufschluss über die starken Stimmungsschwankungen und depressiven Phasen gibt, mit denen sie in dieser Zeit zu kämpfen hatte. Auch für Schiele stellten Ediths Emotionswechsel eine große Herausforderung dar und zwangen ihn, sich mit menschlicher Nähe in einer Weise auseinanderzusetzen, die für ihn neu war.

Ab Oktober 1915 war Egon Schiele bei einer Wachkompanie bei Wien stationiert. Im Dezember wurde er ins niederösterreichische Gänserndorf berufen, von wo aus er russische Gefangene nach Wien eskortierte, die er 1915 und 1916 in Zeichnungen und Gouachen porträtierte. Ein besonderes Exponat innerhalb der Ausstellung ist ein mit Bleistift gezeichnetes Selbstbildnis von 1916, auf dem Schiele eine Uniform trägt. In einem Kriegstagebuch dokumentierte er ab März 1916 seinen Alltag in Liesing, wo er Schützengräben aushob. Anschließend wurde er nach Mühling versetzt, wo er Schreibarbeiten erledigte. Von der Wiener Kunstszene abgeschnitten, abseits seines Wiener Ateliers, mangels Zeit und angesichts anderer kriegsbedingter Umstände ging Schieles künstlerische Arbeit merklich zurück. Das Jahr 1916 war daher das künstlerisch unproduktivste seines Lebens. Insgesamt fertigte er nur neun Gemälde, darunter „Die zerfallende Mühle“, ein großes Querformat, das Schiele in einem Depotraum malen konnte, den ihm sein Vorgesetzter zur Verfügung stellte. Schiele schildert die morbide Schönheit des Gebäudes, morsches, unter der Last des Wassers nachgebendes Holz und zusammenbrechende Bauteile. Ungewöhnlich im Vergleich zu seinen früheren Werken sind naturalistische Details und optische Effekte. Er selbst bezeichnete die Arbeit wenig später als seine „wahrscheinlich beste Landschaft“.

Die Auswirkungen des Krieges und die lebensverändernden Umstände seiner Heirat machten Egon Schiele empfänglicher für die äußeren Realitäten des Lebens. Auch wenn er seine künstlerische Arbeit 1916 unfreiwillig sehr reduzieren musste, sollte sich diese Phase als wichtig für seine weitere Entwicklung erweisen, verlagerte der Künstler doch sein Interesse am eigenen Ich auf sein Gegenüber. Obwohl seiner Kunst auch in dieser kriegsbedingt äußerst schwierigen Zeit Interesse entgegengebracht wurde und er dadurch Freiheiten genoss, bemühte sich Egon Schiele um eine Versetzung nach Wien, die er schließlich 1917 erreichte und fortan der „k. k. Konsumanstalt für die Gagisten der Armee im Felde“ zugeteilt wurde, deren Leiter Hans Rosé seine Arbeit unterstützte. Gleichzeitig begann Schiele Projekte für die Zeit nach dem Krieg anzudenken und wurde in der Gründung der Künstlervereinigung Kunsthalle sowie als Mitorganisator der im Wiener Prater ausgerichteten Kriegsausstellung tätig. Seine neue Tätigkeit führte Schiele auch nach Tirol, wo er einige Berglandschaften realisierte.

Der wachsende Erfolg von Egon Schiele in seinen letzten beiden Lebensjahren ermöglichte es ihm zudem, zahlreiche Porträtaufträge zu übernehmen. Die Wiener Schau dokumentiert diese Phase mit mehreren Bildnissen: in zwei großformatigen Gemälden von 1918 porträtierte Schiele den Maler und Schriftsteller Albert Paris Gütersloh und den Arzt und Physiker Hugo Koller. Mit Bleistift zeichnete er im selben Jahr ein subtiles Bildnis seiner gealterten Mutter und den „Kopf des toten Gustav Klimt“.

Mit der Rückkehr nach Wien und der Möglichkeit, wieder mit Modellen zu arbeiten, nahm Schiele eine deutliche stilistische Veränderung vor. Die Linienführung wurde organischer, beruhigter und weniger sprunghaft, Wiederholungen der Hauptkonturen tauchten nun seltener auf. Er betonte die Plastizität der Körper und weibliche Rundungen. Vergleicht man die späteren Akte mit einem Werk von 1910 wie der „Knienden in orange-rotem Kleid“, einem Bildnis seiner Schwester Gerti, die sein erstes Modell war, wird er Unterschied zwischen der vormals kantigen Linienführung und der farblich flächigen Ausführung zu den späteren Arbeiten augenscheinlich. Der Umgang mit Farbe in den Blättern ab 1915 macht Schieles Interesse am Volumen deutlich. Viel differenzierter als früher gestaltete er die Hautoberflächen der Körper.

Das Jahr 1918 brachte für Egon Schiele den großen Durchbruch. Auf der von ihm mit organisierten 49. Ausstellung der Wiener Secession, bei der er mit 19 Ölgemälden und rund 30 Zeichnungen vertreten war, konnte er einen bis dahin nie da gewesenen künstlerischen und finanziellen Erfolg verzeichnen. Einen Erfolg, den er nur kurze Zeit genießen konnte. Im Oktober 1918 starb Schiele nur drei Tage nach seiner im sechsten Monat schwangeren Frau – ebenfalls wie diese – an der Spanischen Grippe. Wozu die zunehmende finanzielle Unabhängigkeit geführt hätte, wie sich sein Stil weiterentwickelt hätte und ob er mit seiner zukünftigen Rolle als Familienvater zurechtgekommen wäre, bleibt Spekulation. Noch kurze Zeit vor seinem Tod hatte Egon Schiele an einem Gemälde gearbeitet, das die Familie nach der Geburt des Kindes zeigt. Wenngleich unvollendet, ist das Gemälde aus dem Besitz des Wiener Belvedere, das in der aktuellen Ausstellung leider nur als Reproduktion zu sehen ist, ein Zeugnis dafür, dass die Auseinandersetzung mit Malerei als solcher am Ende in Grundfragen menschlicher Existenz mündet.

Die Ausstellung „Zeiten des Umbruchs. Schieles letzte Jahre: 1914-1918“ ist bis zum 13. Juli zu sehen. Das Leopold Museum hat täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 17 Euro, ermäßigt 14 Euro, für Jugendliche unter 19 Jahren 2,50 Euro und ist für Kinder unter 7 Jahren kostenlos. Der Katalog aus dem Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König ist im Museum für 39,90 Euro erhältlich.

Kontakt:

Leopold Museum

Museumsplatz 1

AT-1070 Wien

Telefon:+43 (01) 525 700

Telefax:+43 (01) 525 701 500

E-Mail: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org

Startseite: www.leopoldmuseum.org



06.04.2025

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Jacqueline Rugo

Drucken

zurück zur Übersicht


Empfehlen Sie den Artikel weiter:
an


Weitere Inhalte:

Gesamt Treffer 29

Seiten: 1  •  2  •  3  •  4

Events (1)Adressen (1)Kunstsparten (3)Stilrichtungen (2)Berichte (3)Variabilder (18)Künstler (1)

Veranstaltung vom:


28.03.2025, Zeiten des Umbruchs. Schieles letzte Jahre: 1914-1918

Bei:


Leopold Museum

Kunstsparte:


Arbeiten auf Papier

Kunstsparte:


Zeichnung

Kunstsparte:


Malerei

Stilrichtung:


Moderne Kunst

Stilrichtung:


Expressionismus

Bericht:


Der verdrehte Mensch

Bericht:


Ein Leben durchdrungen von Kunst







Egon Schiele, Umarmung (Liebespaar II), 1917

Egon Schiele, Umarmung (Liebespaar II), 1917

Egon Schiele, Edith Schiele mit Windhund, 1915

Egon Schiele, Edith Schiele mit Windhund, 1915

Egon Schiele, Der Häuserbogen II (Inselstadt), 1915

Egon Schiele, Der Häuserbogen II (Inselstadt), 1915

Egon Schiele, Kopf des toten Gustav Klimt, 1918

Egon Schiele, Kopf des toten Gustav Klimt, 1918

Egon Schiele, Die Mutter des Künstlers, Maria Schiele, 1918

Egon Schiele, Die Mutter des Künstlers, Maria Schiele, 1918

Egon Schiele, Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie, 1917

Egon Schiele, Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie, 1917

Egon Schiele, Liegender weiblicher Akt, 1917

Egon Schiele, Liegender weiblicher Akt, 1917

Egon Schiele, Baby (Anton Peschka jun.), 1915

Egon Schiele, Baby (Anton Peschka jun.), 1915

Egon Schiele, Entschwebung (Die Blinden II), 1915

Egon Schiele, Entschwebung (Die Blinden II), 1915

Egon Schiele, Mutter mit zwei Kindern II, 1915

Egon Schiele, Mutter mit zwei Kindern II, 1915

Egon Schiele, Zerfallende Mühle (Bergmühle), 1916

Egon Schiele, Zerfallende Mühle (Bergmühle), 1916

Egon Schiele, Russischer Soldat, 1916

Egon Schiele, Russischer Soldat, 1916

Egon Schiele, Selbstbildnis in Uniform, 1916

Egon Schiele, Selbstbildnis in Uniform, 1916




Copyright © '99-'2025
Kunstmarkt Media
Alle Rechte vorbehalten


Impressum





Zum Seitenanfang Magazin

 Amazon export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce  Amazon ebay rakuten yatego meinpaket export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce