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Marktberichte |
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Junge figurativ-abstrakte Malerei konnte Sotheby’s gut absetzen. Deutsche Kunst tat sich in London bei den Auktionen mit Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts hingegen schwer  Freudiges Allegro

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 |  | Rudolf Bauer, Allegro, 1938 | |
Gerhard Richter zählt zu den bekanntesten lebenden Malern weltweit, seine Kunst ist eigentlich eine sichere Bank. Doch schon vor der „Modern & Contemporary Evening Auction“ bei Sotheby’s in London wollte der Funke nicht überspringen. Interesse an seinem abstrakten Rakelbild „Heu“ von 1995 hatte anscheinend niemand. Die helle, fast metallische Oberfläche, die mit ihren grünen und blauen Verwischungen eine lichtvolle Ahnung der Natur suggeriert, war wohl doch etwas zu spröde. Außerdem hatten die Experten die Schätzung für das Mittelformat ganz schön angezogen: 2010 wurde es bei Christie’s für 1,2 Millionen Pfund netto verkauft, jetzt sollten es schon 5 bis 7 Millionen Pfund werden. Daher entschlossen sich der Einlieferer und Sotheby’s, Richters Gemälde aus der Auktion zu nehmen. Das gleiche Schicksal ereilte Albert Oehlens großformatige abstrakte Leinwand „Ömega Man 15“: Das mit dem Nachnamen des Künstlers und dem Apokalypse-Film „The Omega Man“ spielende Werk aus dem Jahr 2021 wurde bei einer Schätzung von 600.000 bis 800.000 Pfund ebenfalls zurückgezogen.
Insgesamt war die deutsche Kunst am 4. März in London kein Appetitanreger: Emil Noldes kraftvoll blauer „Stiller Südseeabend“ samt einsamem Speerträger unter Palmen an einer Bucht von 1914 blieb ebenso liegen (Taxe 500.000 bis 700.000 GBP), wie Sigmar Polkes in einem Kokon eingewebtes, gar nicht gefährliches „Skelett“, gemalt 1974 auf einem bunten Stoff (Taxe 1 bis 1,5 Millionen GBP). Erst gegen Ende der Versteigerung lockte der deutsch-amerikanische Maler Rudolf Bauer die Bieter aus der Reserve und generierte mit seinem geometrischen Formenspiel „Allegro“ von 1938 gute 190.000 Pfund (Taxe 150.000 bis 300.000 GBP). Danach musste Hermann Max Pechstein aber schon wieder einen Rückschlag verkraften: Sein marktfrisch aus einer kanadischen Sammlung eingeliefertes Gemälde „Zirkuspause“ mit einer Reiterin in der Manege aus dem Jahr 1923 schaffte nur 220.000 Pfund (Taxe 400.000 bis 600.000 GBP).
Angesichts der geopolitischen Unsicherheiten stimmte die Auktion als Ganzes aber verhalten optimistisch. Mit 34 verkauften von insgesamt 38 Losen fuhr Sotheby’s am 4. März einen Bruttoumsatz von 62,5 Millionen Pfund ein, was etwa in der Mitte zwischen der unteren und oberen Schätzpreissumme lag. In der Vorjahresauktion kamen bei einem umfangreicheren Angebot immerhin noch 99,7 Millionen Pfund mit 54 Losen zusammen. Wie erwartet, positionierte sich diesmal Yoshitomo Naras griesgrämiges Mädchen mit „Cosmic Eyes (in the Milky Lake)“ von 2005 bei 7,45 Millionen Pfund im oberen Bereich der Erwartungen an der Spitze der Versteigerung. Auf Platz 2 gab es dann eine Überraschung: Für ihr Gemälde „After Embah“ mit anzüglich und provozierend tanzenden Frauen in einer Bar griff Lisa Brice auf vorhandene Bilder und Narrative von Weiblichkeit zurück und kombinierte etwa die junge Frau aus Edouard Manets Cafészene „Die Pflaume“ mit der Rapperin Nicki Minaj aus deren Musikvideo „Anaconda“. Mehrere Bieter katapultierten die farbintensive Leinwand der in London lebenden Südafrikanerin von 1 Million Pfund auf den neuen Rekordwert von 4,4 Millionen Pfund.
Damit stellte Lisa Brice sogar Pablo Picasso und seine „Buste de femme“ von 1953 in den Schatten. Das mehransichtige Bildnis seiner damaligen Lebenspartnerin Françoise Gilot erreichte nur 3,5 Millionen Pfund (Taxe 4 bis 6 Millionen GBP), ebenso wie Banksys Gemälde „Crude Oil (Vettriano)“ von 2005. Die subversive, um eine Ölpest angereicherte Adaption des Kitschgemäldes „The Singing Butler“ aus dem Jahr 1992 von Jack Vettriano, der wenige Tage vor der Auktion verstorben war, sollte 3 bis 5 Millionen einbringen. Gut lief es zudem für Alberto Burris Materialbild „Sacco e Nero 3“ von 1955. Die aus teils schwarz übermalten Sackfetzen bestehende Arbeit auf rotem Grund, die Burris Kriegserlebnisse spiegelt, legte von 2,5 Millionen Pfund auf 4 Millionen Pfund deutlich zu. Sein italienischer Kollege Lucio Fontana hatte weniger Glück: Sein weißes „Concetto spaziale. Attese“ von 1965 mit sechs schwungvollen Einschnitten ergatterte nur 2,4 Millionen Pfund (Taxe 3,2 bis 5 Millionen GBP).
Als TEFAF-Chairman war der europäische Spitzenbeamte Hans König der Kunstwelt zugetan. Mit seiner Gattin Marion sammelte er Alte Meister, Teppiche, aber auch Moderne Kunst. Aus ihrer Kollektion, die seit diesem Jahr über Sotheby’s wieder auf den Markt kommt, stammte das lustige surrealistische Bronzewesen „Moonmad“ von Max Ernst, das bei 1,7 Millionen Pfund ausgiebig umworben wurde (Taxe 600.000 bis 800.000 GBP). Mit König-Provenienz traten zudem Hans Arps „Tête d’étoile“, ein stilisierter Kopf aus glatt poliertem weißem Marmor von 1964, der mit seinem unwiderruflichen Gebot nur 120.000 Pfund einspielte (Taxe 200.000 bis 300.000 GBP), und El Lissitzky mit dem Foto „The Constructor“ an. Sein bedeutendes, mehrfach belichtetes, collagiertes Selbstbildnis, ausgeführt 1924 als Zinkografie auf durchsichtigem Seidengewebe, verbesserte sich von 400.000 Pfund auf 700.000 Pfund. Kein Erfolg war der Sammlung König hingegen mit der ebenfalls konstruktivistischen Holzfigur „Personnage demontable“ von Jacques Lipchitz aus dem Jahr 1915 beschieden (Taxe 500.000 bis 700.000 GPB).
Weitere Höhepunkte der gut ausgebauten Skulpturensuite waren die nun 550.000 Pfund teure „Cariatide à la pierre, petit modèle“, ein hockender dunkelbrauner Frauenakt, den Auguste Rodin Ende der 1880er Jahre seinem Lebenswerk, dem „Höllentor“, entnommen hatte (Taxe 250.000 bis 350.000 GBP), und Constantin Brancusis elegant stilisierter, auf Hochglanz polierter, posthumer Bronzeguss „L’Oiseau d’or“ von 1919/81 für 2,7 Millionen Pfund (Taxe 2,5 bis 4 Millionen GBP). Julio González’ kubistische, geschmiedete Eisenplastik „La Tête“ aus der Mitte der 1930er Jahre orientierte sich mit 1,5 Millionen Pfund genau an der unteren Schätzgrenze. Millionenwerte bei der Moderne gab es zudem noch für Vincent van Goghs schnell hingestrichelte Tuschezeichnung „Jardin public à Arles“ von 1888 mit 1,8 Millionen Pfund (Taxe 2 bis 3 Millionen GBP) und für Edouard Vuillards intimes nächtliches Interieur „La soirée familiale“ von 1894/95 für 1,65 Millionen Pfund (Taxe 1 bis 1,5 Millionen GBP).
Bei den jüngeren Generationen fanden Lucian Freuds 1947 distanziert gezeichnetes Doppelportrait „Flyda and Arvid“ bei 1,4 Millionen Pfund, Andy Warhols gar nicht tarnfähige „Camouflage“ in Gelb und Orange bei 2 Millionen Pfund und Christopher Wools titelloses Linienspiel in Schwarz auf grauem Grund von 2008 bei 1,95 Millionen Pfund im Rahmen der Erwartungen ihre Abnehmer. Roy Lichtensteins groß in Comicmanier ins Bild gesetzter „Peanut Butter Cup“ von 1962 gab von 1 Millionen Pfund auf 900.000 Pfund nach. Hurvin Andersons abstrahiert ausformulierter Tennisplatz „Country Club – Mixed Doubles“ von 2011 hielt sich dann an die untere Zielvorgabe von 500.000 Pfund. Adrian Ghenies bravouröse Vermengung von Selbstportrait mit dem Kopf von Vincent van Gogh unter dem Titel „Lidless Eye“ verlangte die Taxmitte von 600.000 Pfund, Rachel Jones’ aufbrausende Farbstimmungslandschaft „Red, Forged“ von 2013 traf sie bei 380.000 Pfund fast.
Auch in der Tagesauktion am 5. März war die Nachfrage für die deutsche Kunst uneinheitlich. Max Liebermann holte sich bei seinem impressionistischen Spitzenstück „Garten im Wannsee“ von 1924 mithilfe der König-Provenienz gute 400.000 Pfund (Taxe 300.000 bis 500.000 GBP), Hermann Max Pechstein hatte dagegen abermals das Nachsehen: Sein verschneiter „Winternachmittag“ in Leba an der pommerschen Ostseeküste unter kaltem Sonnenlicht von 1922 verharrte bei 220.000 Pfund, sein expressiver „Frühling“ auf dem Lande von 1918 mit roter grasender Kuh sogar nur bei 200.000 Pfund (Taxe je 300.000 bis 500.000 GBP). Aufwärts ging es dann für Alexej von Jawlenskys abstrakte Landschaftsvision „Variation: Seelenkräfte“. Die Papierarbeit, gemalt im Schweizer Exiljahr 1919, kletterte von 60.000 Pfund auf 100.000 Pfund. Auf niedrigerem Niveau tat es ihm Ida Kerkovius gleich und heimste für ihr farbkräftiges Stillleben „Gelbe Rosen“ von 1952 gewinnbringend 18.000 Pfund ein (Taxe 6.000 bis 8.000 GBP), während aus Oskar Schlemmers typischem weißem Gipsrelief „Ornamentale Plastik“ von 1919 trotz Herkunft aus der Sammlung König nichts wurde (Taxe 80.000 bis 120.000 GBP). Zum Spitzenreiter des Tages mutierte Bernard Buffets lustig-melancholischer „Clown à l’oiseau“, ein Spätwerk aus dem Jahr 1998, bei 510.000 Pfund (Taxe 300.000 bis 500.000 GBP). Der französische Maler des Existenzialismus war mit weiteren Gemälden gefragt, darunter der menschenleeren Vedute „La Tour Eiffel, vue du Trocadéro“ von 1972 bei 400.000 Pfund (Taxe 400.000 bis 600.000 GBP).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Sotheby’s London 34-35 New Bond Street GB-W1A 2AA London |
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23.03.2025 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 |  | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 19 | Seiten: 1 • 2 • 3
 Events (1) • Adressen (1) • Kunstwerke (17) |  | •  | Veranstaltung vom: 04.03.2025, Modern & Contemporary Evening Auction |  | •  | Bei: Sotheby's
|  | •  | Kunstwerk:  Edouard Vuillard, La soirée familiale, 1894/95 |  |  | •  | Kunstwerk:  Lisa Brice, After Embah, 2018 |  | •  | Kunstwerk:  Rachel Jones, Red. Forged, 2023 |  | •  | Kunstwerk:  Max Ernst, Moonmad, 1944 |  |  | •  | Kunstwerk:  Ida Kerkovius, Gelbe Rosen, 1952 |  | •  | Kunstwerk:  Bernard Buffet, La Tour Eiffel. Vue du Trocadéro, 1972 |  | •  | Kunstwerk:  Bernard Buffet, Clown à l’oiseau, 1998 |  |  |
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 Banksy, Banksy,
Crude Oil
(Vettriano), 2005 |  | Taxe: 3.000.000 - 5.000.000 GBP Zuschlag: 3.500.000,- GBP Losnummer: 6 |  |  |  |  |  | 
 Pablo Picasso, Buste
de femme, 1953 |  | Taxe: 4.000.000 - 6.000.000 GBP Zuschlag: 3.500.000,- GBP Losnummer: 20 |  |  |  |  |  | 
 Hans Arp, Tête
d’étoile, 1964 |  | Taxe: 200.000 - 300.000 GBP Zuschlag: 120.000,- GBP Losnummer: 31 |  |  |  |  |  | 
 Yoshitomo Nara,
Cosmic Eyes (in the
Milky Lake), 2005 |  | Taxe: 6.000.000 - 8.000.000 GBP Zuschlag: 7.450.000,- GBP Losnummer: 10 |  |  |  |  |  | 
 Hermann Max
Pechstein,
Zirkuspause, 1923 |  | Taxe: 400.000 - 600.000 GBP Zuschlag: 220.000,- GBP Losnummer: 41 |  |  |  |  |  | 
 Constantin
Brancusi, L’Oiseau
d’or, 1919 |  | Taxe: 2.500.000 - 4.000.000 GBP Zuschlag: 2.700.000,- GBP Losnummer: 15 |  |  |  |  |  | 
 Bernard Buffet,
Clown à l’oiseau,
1998 |  | Taxe: 300.000 - 500.000 GBP Zuschlag: 510.000,- GBP Losnummer: 246 |  |  |  |  |  | 
 Ida Kerkovius, Gelbe
Rosen, 1952 |  | Taxe: 6.000 - 8.000 GBP Zuschlag: 18.000,- GBP Losnummer: 285 |  |  |  |  |  | 
 Bernard Buffet, La
Tour Eiffel. Vue du
Trocadéro, 1972 |  | Taxe: 400.000 - 600.000 GBP Zuschlag: 400.000,- GBP Losnummer: 248 |  |  |  |  |  | 
 Alexej von
Jawlensky,
Variation:
Seelenkräfte –
Triptychon II, 1919 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 GBP Zuschlag: 100.000,- GBP Losnummer: 230 |  |  |  |  |  | 
 Lucio Fontana,
Concetto spaziale.
Attese, 1965 |  | Taxe: 3.200.000 - 5.000.000 GBP Zuschlag: 2.400.000,- GBP Losnummer: 16 |  |  |  |  |  | 
 Max Ernst, Moonmad,
1944 |  | Taxe: 600.000 - 800.000 GBP Zuschlag: 1.700.000,- GBP Losnummer: 2 |  |  |  |  |  | 
 Lisa Brice, After
Embah, 2018 |  | Taxe: 1.000.000 - 1.500.000 GBP Zuschlag: 4.400.000,- GBP Losnummer: 8 |  |  |
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