Mensch, Natur und Zeit im Kunsthistorischen Museum Wien  |  | Leandro Bassano, Mai, um 1595/1600 | |
In seiner großen Frühjahrsausstellung nimmt das Kunsthistorische Museum in Wien das Wechselspiel von Mensch, Natur und Zeit in den Blick und erörtert das bis heute relevante Thema an der Kunst des 16. Jahrhunderts. Mit über 140 Werken geht die Ausstellung „Arcimboldo – Bassano – Bruegel. Die Zeiten der Natur“ den Fragen nach, wie der Mensch der Renaissance den Lauf der Jahreszeiten erlebte, den Rhythmus der Natur wahrnahm, sich die Ordnung der Zeit greifbar machte und sich übergreifend in einer sich wandelnden Welt orientierte. Mit Gemälden aus dem eigenen Bestand, Leihgaben aus internationalen Museen und Wiener Sammlungen will die Schau einen einzigartigen Blick auf die Kunst- und Wissenschaftskultur der Renaissance eröffnen und kunsthistorische Perspektiven mit einer tieferen Auseinandersetzung der ursprünglichen Funktion und Bedeutung der Werke verbinden.
Der Einfluss des Kosmos zeigt sich auf der Erde durch Wetterphänomene und natürliche Zyklen, die erlauben, den Alltag in wiederkehrende Abläufe zu gliedern. Die Zeit selbst gibt dem Leben Struktur: Tage, Monate und Jahre schaffen messbare Ordnung und Rhythmus. In Darstellungen von Monaten und Jahreszeiten, zu saisonaler Arbeit, zu Festen und Bräuchen spiegelt sich diese Auseinandersetzung künstlerisch erstmals in der Renaissance wider. Mit den großen Entdeckungsreisen der Epoche gewann auch die Navigation an Bedeutung. Neue Instrumente ermöglichten eine genauere Erschließung der Erde und deren Darstellung in Karten, darunter Albrecht Dürers detailreiche Sternkarten oder Gerhard Mercators bahnbrechende Globen. Auch präzise gearbeitete Messinstrumente, etwa die sogenannte „Wiener Planetenuhr“ von Jost Bürgi und Jan Vermeyen von etwa 1605, wurden zu begehrten Sammlungsobjekten in fürstlichen Kunstkammern.
Das 16. Jahrhundert war eine Epoche des Umbruchs. Neue Erkenntnisse und Erfindungen veränderten das Weltbild radikal. Gelehrte griffen auf antike Schriften zurück, um die Grundlagen der Naturwissenschaften neu zu erörtern. Bahnbrechende Werke der Anatomie, Astronomie, Botanik und Zoologie entstanden und wurden durch den neu erfundenen Buchdruck erstmals einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Den Künstlern kam ebenfalls eine zentrale Rolle zu: Sie veranschaulichten und vermittelten die erlebte Wirklichkeit nicht nur durch das geschriebene Wort, sondern vorrangig durch das Bild und machten sie so für eine breite Öffentlichkeit sichtbar und verständlich.
Pieter Bruegel d.Ä. verlieh der Landschaft in seinem Jahreszeiten-Zyklus eine neue Bedeutung: Lichtstimmungen, Wetterphänomene und atmosphärische Veränderungen fing er je nach Jahreszeit eindrucksvoll ein und zeigte den Menschen im Einklang mit dem Rhythmus der Natur. Seine monumentalen Darstellungen von bäuerlichem Leben waren nicht nur detailreiche Einblicke in den Alltag, sondern luden zugleich zur Reflexion ein. Giuseppe Arcimboldo gestaltete ebenfalls einen faszinierenden Zyklus der Jahreszeiten, aber in Form allegorischer Porträts. Typische Früchte, Blumen und Tiere der jeweiligen Jahreszeit verschmelzen in seinen Gemälden zu originellen Köpfen. In seinen Wiener Werken fügt er zudem subtile Anspielungen auf die gute Regierung der Habsburger hinzu: Deren Herrschaft steht für Gleichgewicht und Kontinuität – genau wie der ewige Kreislauf der Natur. Jacopo Bassano und sein Sohn Leandro Bassano setzten sich in ihren biblischen Pastoralen mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur auseinander. Die religiösen Szenen verorteten sie in der ländlichen Landschaft Venetiens, die ihnen als Kulisse für Episoden aus dem Alten und Neuen Testament diente. So betten ihre Bilder den bäuerlichen Alltag ihrer Heimat in den zyklischen Rhythmus der Natur ein und verbinden ihn mit einer tiefen Religiosität.
Die Ausstellung „Arcimboldo – Bassano – Bruegel. Die Zeiten der Natur“ ist bis zum 29. Juni zu sehen. Das Kunsthistorische Museum hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags zusätzlich bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt in Onlineverkauf beträgt 21 Euro, ermäßigt 18 Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 19 Jahre ist er frei.
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz
A-1010 Wien
Telefon: +43 (0)1 – 525 24 2500 |