 |  | Joachim Anthonisz Wtewael, Adam und Eva, um 1610/15 | |
König Carol I. von Rumänien aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen erwarb 1898 El Grecos „Heiligen Sebastian“. Im folgenden Jahr wurde das um 1600 entstandene Gemälde der rumänischen Krone vermacht, 1947 an König Michael von Rumänien übertragen und blieb bis 1976 im Land, als es in den Besitz der Galerie Wildenstein & Co in New York überging. Letztmals kam es 2010 auf den Markt: Ein privater Kunde erwarb den schönen leidenden Heiligen bei der international tätigen Kunstberatung Giraud Pissarro Segalot. Nun sollte der sanfte Jüngling, gefesselt an einem Baumstamm und durchbohrt von mehreren Pfeilen, bei Christie’s versteigert werden und war mit einer Schätzung von 7 bis 9 Millionen US-Dollar das Top-Los bei den Alten Meister. Doch die rumänische Regierung machte dem einen Strich durch die Rechnung, Ansprüche auf das Werk geltend, da es nach ihrer Auffassung rumänisches Kulturerbe sei, und leitete rechtliche Schritte ein. Daher verzichteten der Einlieferer und Christie’s auf einen Verkauf und nahmen den Favoriten aus der Auktion. Bis Ende Juni wollen beide Seiten nun klären, wer der rechtmäßige Besitzer ist.
Ein begehrter Sündenfall
So fehlte ein großer Batzen zum Ergebnis der „Old Masters“ vom 5. Februar in New York, die mit 56 Losen zwar weniger Positionen als die Vorjahresauktion aufbot, den Bruttoumsatz mit 24,5 Millionen US-Dollar aber fast verdoppeln konnte. Vierzehn Werke fanden keinen neuen Besitzer, die Zuschlagsquote lag daher genau bei 75 Prozent. Nach dem Ausfall des El Greco setzte sich Joachim Anthonisz Wtewaels Paradiesszene „Adam und Eva“ an die Spitze der Auktion. Auf subtile Weise, etwa durch die Schlange auf den Ästen des Baumes, nimmt das Gemälde Bezug auf Albrecht Dürers Kupferstich. Im Zentrum steht der Apfel, den Eva Adam reicht. Betont wird die verbotene Frucht als Mittelpunkt der manieristischen Komposition durch die starke Diagonale, die Evas Arme bilden. Nach einem Streit zweier Bieter fiel der Hammer erst bei 1,65 Millionen Dollar (Taxe 1 bis 1,5 Millionen USD). Platz zwei der Zuschlagsliste belegen Pieter de Hoochs „Kartenspieler an einem Tisch“. Doch die durch eine interessante Lichtführung ausgezeichnete bürgerliche Genreszene verabschiedete sich schon bei 1,6 Millionen Dollar; erwartet waren mindestens 2,5 Millionen Dollar. Mehr Kauflaune rief ein zweites Interieur Pieter de Hoochs hervor: Seine beiden junge Frauen – die eine steht mit einem leeren Korb und ist im Begriff, zum Markt aufzubrechen, die andere hockt vor einem Feuer – und ihr kleiner Hund, der in dem schwach beleuchteten Innenraum umherspringt, kletterten von 150.000 Dollar auf 320.000 Dollar.
Zu den Losen in Millionenhöhe gehören noch „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“ von Pieter Breughel d.J. Die Allegorie basiert auf einer Zeichnung seines Vaters Pieter Bruegel d.Ä. und folgt dem Matthäus-Evangelium. Ein Dorfplatz aus dem 16. Jahrhundert in der Nähe von Antwerpen diente Breughel als Kulisse für die sieben Taten: die Hungrigen speisen, die Gefangenen besuchen, die Durstigen lindern, die Toten begraben, den Obdachlosen Obdach geben, die Kranken pflegen und die Nackten kleiden. Hier ging es von 700.000 Dollar deutlich auf 1,5 Millionen Dollar bergauf. Diesen Wert generierten ebenso „Herkules und Omphale“ von Lucas Cranach d.Ä. in einer frühen Variante des Helden in Frauenkleidern aus dem Jahr 1532. Auf den Wittenberger Maler gehen mindestens 35 verschiedene Versionen dieses erotischen Themas zurück, die sich in Position und Anzahl der Figuren sowie in der Haltung der Protagonisten unterscheiden (Taxe 1 bis 2 Millionen USD). Cranachs typisches Portrait des sächsischen Herzogs Georg des Bärtigen, das er zusammen mit Werkstattmitarbeitern Ende der 1530er Jahre schuf, war bis zum letzten Jahr Eigentum des Allentown Art Museum in Pennsylvania und wurde im Rahmen einer Einigung mit den Erben des Hamburger Richters Henry Bromberg verkauft. Als Jude musste er 1938 vor den Nazis fliehen und seine Sammlung abgeben. Die nun erzielten 260.000 Dollar werden zwischen dem Museum und den Nachfahren geteilt (Taxe 150.000 bis 250.000 USD).
Ambivalentes Engagement für Portraits und Stillleben
Das Interesse an Portraits fiel insgesamt gemischt aus. Während Marie Louise Elisabeth Vigée-Lebruns klassizistisches Dreiviertelportrait einer Frau im blauen Kleid niemanden überzeugen konnte (Taxe 120.000 bis 180.000 USD), begeisterte das Renaissance-Bildnis einer vornehmen Dame eines Künstlers aus der Emilianischen Schule die Sammler und überstieg die obere Bewertung von 60.000 Dollar mit einem Zuschlag bei 175.000 Dollar um ein Vielfaches. Gefragt war auch das nochmals rund hundert Jahre ältere Portrait der Maria, Herzogin von Burgund, das dem Meister der Magdalenen-Legende zugewiesen wird und 190.000 Dollar einspielen konnte (Taxe je 40.000 bis 60.000 USD). Elegant und nobel gestaltete Gerard ter Borch d.J. um 1660 sein Bildnis von Johanna Quadacker Bannier als Ganzfigur samt Fächer und wurde dafür nun mit 220.000 Dollar belohnt (Taxe 100.000 bis 150.000 USD).
Im Rahmen der Schätzungen bewegten sich ein junger bärtiger schwarz gekleideter Mann mit breitkrempigem Hut und goldener Ringkette um den Hals, den Francesco Mazzola, genannt Parmigianino, um 1520/30 sorgsam beobachtet hat, bei 650.000 Dollar und eine erst vor kurzem in einer Schweizer Sammlung wiederentdeckte junge Dame bei 680.000 Dollar, die sich für Giovanni Battista Tiepolo in ein Kostüm des 16. Jahrhunderts geworfen und selbstbewusst, wenn nicht sogar etwas hochnäsig für den großen Venezianer Modell gesessen hat. Sinnbildhafte Züge trug zudem Ferdinand Bols Portrait einer Dame von 1647, die als Dido bei er Jagd 300.000 Dollar in der Taxmitte ergatterte. Dagegen stieß der Rokoko-Mann mit Allongeperücke, den Charles-Antoine Coypel effektvoll aus seinem gemalten ovalen Rahmen hervortreten lässt, auf geringe Beachtung und musste ein Ergebnis von 50.000 Dollar hinnehmen (Taxe 120.000 bis 180.000 USD).
Erwärmen konnten sich die Bieter für zwei Werke des Haarlemer Malers Pieter Claesz. Sein „Prunkstillleben mit Römerglas und Austern“ von 1639, erst vor kurzem aus dem Museum of Fine Arts in Boston ausgesondert, versammelt zudem noch eine umgestürzte Tazza, ein sechseckiges Salzfässchen, eine flache Schale mit Oliven, eine angeschnittene Zitrone auf einem Teller, Pfeffer in einer Papierrolle, Messer und Brot und bezirzte immerhin vier Interessenten, die bis zu 350.000 Dollar miteinander wetteiferten (Taxe 150.000 bis 250.000 USD). Seine gerühmte Fähigkeit zur Darstellungen von Metallgegenständen nutzte Claesz 1632 ebenfalls bei seiner „Geschälten Zitrone auf einem Zinnteller“, der auf der Tischkante balanciert und damit so tut, als würde er in den Betrachterraum hineinragen. Der niedrige Blickwinkel des Bildes, das 575.000 Dollar realisierte, erzeugt zudem ein Gefühl von Nähe und Intimität (Taxe 700.000 bis 1 Million USD). Nicht verkauft haben sich dagegen Isaac Soreaus „Weintrauben in einer Wan-Li-Porzellanschale“ samt weiteren Früchten und Blumenstrauß auf einer Holzplatte (Taxe 250.000 bis 350.000 USD) und Balthasar van der Asts aufgetürmter Strauß aus Pfirsichen, Pflaumen, Äpfeln, Weintrauben, Johannisbeeren und anderem Obst in einer Zinnvase nebst weiteren Früchten, Muscheln und Insekten auf einer Steinplatte (Taxe 600.000 bis 800.000 USD).
Stadt, See und Wald im Überfluss
Für seine Sicht auf den „Grote Markt“ in Haarlem wählte Gerrit Adriaensz Berckheyde einen ihm vertrauten Blickwinkel, den er schon 1670 in einer Feder- und Pinselzeichnung festgehalten hatte: Von links schiebt sich das Querschiff der Grote Kerk, die dem heiligen Bavo geweiht ist, ins Bild, wobei es einen langen Schatten auf den darunterliegenden Platz und die Fischmarktstände wirft. 800.000 Dollar waren Berckheydes Lohn. Denselben Preis realisierte Giuseppe Zocchis belebte Stadtansicht von Florenz, die den Blick auf die Piazza della Signoria über eine Schaustellertruppe nach Süden mit dem Palazzo Vecchio und der Loggia dei Lanzi richtet (Taxe je 800.000 bis 1,2 Millionen USD). Auf italienischem Boden blieb es mit Francesco Guardis Venedig-Vedute der Piazzetta San Marco mit dem Fluchtpunkt von San Giorgio Maggiore in der Ferne für 600.000 Dollar (Taxe 600.000 bis 800.000 USD).
Eine für Jan van Goyen überraschend „farbige“ Flusslandschaft mit Fährboot und Kirche reüssierte bei den Sammlern, die die Holztafel aus dem Jahr 1656 von 150.000 Dollar auf 320.000 Dollar hoben. Schlechter erging es Simon de Vliegers Seestück einer ruhigen Flussmündung, das mit 220.000 Dollar die niedrige Bewertung von 300.000 Dollar deutlich unterschritt. Überhaupt keine Freunde fanden Salomon van Ruysdaels charakteristischer Flusslauf mit einer Fähre und Fischern aus dem Jahr 1645 (Taxe 200.000 bis 300.000 USD) und sein Gemäldepaar mit Flussmündungen, einigen Booten und der Stadt Haarlem in der Ferne (Taxe 300.000 bis 500.000 USD), während sich sein Neffe Jacob van Ruisdael mit einer unspektakulären Waldlandschaft, wiederum aus dem Museum of Fine Arts in Boston, bei 320.000 Dollar gut behauptete (Taxe 150.000 bis 250.000 USD).
Untertreibungen
Einen weiteren Millionenwert gab es für François Bouchers um 1738 gemalte „Schlafende Diana“. Die nackte Göttin der Jagd, die gut an ihrem Köcher mit Pfeilen und der Mondsichel an ihrem Kopfschmuck zu erkennen und durch einen schweren scharlachroten Samt vom Hintergrund abgeschirmt ist, orientierte sich bei 1,2 Millionen Dollar an der unteren Erwartung. Im oberen preislichen Bereich der Auktion befand sich noch Caspar Netscher mit seinem Interieur „Die Verführung“ von 1664. Entgegen dem Titel konnte das Dreipersonenstück, das Netscher die Gelegenheit bot, sein Können in einem makellosen weißen Seidenkleid, dem üppig geschichteten Samt oder dem opulent drapierten Teppich zu präsentierten, die Käufer jedoch nicht dazu verführen, den Preis in die Höhe zu treiben. Auch Netscher erwirtschaftete mit 700.000 Dollar die untere Schätzgrenze. Emanuel de Witte wartete mit einem Blick in die gotische Nieuwe Kerk in Amsterdam von 1677 auf, in der gerade der Boden ausgehoben wird und ein Hund an eine Säule pinkelt. Mit 320.000 US-Dollar erreichte er nicht die Hoffnungen von 400.000 bis 600.000 US-Dollar. Auch Johann Georg Platzers überfülltem und rokokohaft ausgestattetem „Künstleratelier“ erging es ähnlich. Der glückliche Bieter erhielt den Zuschlag bereits bei 130.000 Dollar (Taxe 200.000 bis 300.000 USD).
Mattia Pretis „Befreiung des heiligen Petrus“ aus der Mitte der 1640er Jahre verrät in seiner theatralischen Inszenierung und der Lichtführung den Einfluss Caravaggios, der sein frühes Schaffen aus seinen Jahren in Rom kennzeichnete. Preti verleiht dem Werk auch durch die Figurenkomposition eine spürbare Spannung: der Heilige blickt auf den schlafenden Wächter zurück, während der Engel den Betrachter fixiert und ihn so zum Mitwisser der Flucht macht. Trotzdem blieb der Preis an 1,2 Millionen Dollar hängen (Taxe 1,5 bis 2 Millionen USD). Für Anthonis van Dycks monumental ins Bild gerückten „Heiligen Hieronymus in der Wildnis“, der in seiner erhobenen linken Hand ein Kruzifix hält, während er sich mit seinem muskulösen rechten Arm auf dem Boden abstützt, fiel der Hammer dagegen erst bei 320.000 Dollar, womit mehr als das Doppelte des Schätzwerts erreicht wurde.
Seltene Themenfindung
Ein außergewöhnliches biblisches Motiv behandelten gleich zwei Maler. Während der Manierist Simon de Myle bei seiner nun 290.000 Dollar teuren Darstellung „Samson zerstört den Tempel der Philister“ um 1570 eher die hypertrophe Architektur betonte und den alttestamentlichen Helden nur klein an zwei Säulen rütteln ließ (Taxe 150.000 bis 250.000 USD), bestückte der italienische Barockmaler Giovanni Benedetto Castiglione seine Komposition zentral mit einer gewaltigen Figur des Samson, der eben eine Säule entzweireißt, während die Philister vor Schreck davonstürzen. Hierfür kamen 240.000 Dollar zusammen (Taxe 250.000 bis 350.000 USD). Bekannter aus dem Buch der Richter ist die Verführungsszene zwischen „Samson und Delilah“, in der Delilah eben die Haare des Helden abschneidet und ihn damit seiner unbesiegbaren Kraft beraubt. Luca Giordano behandelte in den späten 1650er Jahren diesen Stoff. Der Abschlag von 150.000 Dollar auf 65.000 Dollar ist wohl dem schlechten Erhaltungszustand seiner Leinwand geschuldet.
Madonnenbilder und Darstellungen der Maria Magdalena waren in der Auktion eher nicht gefragt. Von den fünf angebotenen Werken konnten nur Giovanni Pietro Rizzolis ungewöhnliche dichte Komposition der sitzenden Madonna in Dreiviertelansicht von hinten, die ihren Kopf zum Betrachter wendet und den Jesusknaben dem heiligen Hieronymus und dem Erzengel Michael präsentiert, für taxgerechte 190.000 Dollar sowie ein spätgotisches Altartriptychon mit der thronenden Jungfrau, musizierenden Egeln, der heiligen Katharina und er heiligen Barbara aus dem Umkreis der Südtiroler Künstler Friedrich und Michael Pacher für 120.000 Dollar ein neues Zuhause finden (Taxe je 150.000 bis 250.000 USD).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |