Welfenschatz kommt erneut vor Beratende Kommission  |  | Der Welfenschatz in der Dauerausstellung des Berliner Kunstgewerbemuseums | |
Seit 2008 ist der sogenannte „Welfenschatz“ der Staatlichen Museen zu Berlin Gegenstand verschiedener Restitutionsforderungen. Nachdem neue Dokumente aufgetaucht sind, hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) nun zugestimmt, die Angelegenheit erneut vor die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts zu bringen. Das jetzt angestoßene Verfahren soll nach den Vorstellungen der SPK eine Lösung für alle potenziell Berechtigten bringen. Damit will sie mögliche weitere Verfahren abwenden.
Bei dem „Welfenschatz“ handelt es sich um 42 Objekte sakraler Goldschmiedekunst des 11. bis 15. Jahrhundert, die 1935 von einem jüdischen Händlerkonsortium für 4,25 Millionen Reichsmark an den NS-Staat veräußert wurden. Bereits 2014 war die Beratende Kommission mit der Frage befasst, ob der Welfenschatz NS-Raubgut sei. Damals kam sie zu dem Schluss, die Objekte nicht zu restituieren, weil sie den Verkauf nicht als verfolgungsbedingten Entzug bewertete. Die Erben der deutsch-jüdischen Kunsthändler strengten daraufhin ein Verfahren vor US-amerikanischen Gerichten an, das bis zum Supreme Court ging, aber keinen Erfolg hatte. Der Oberste Gerichtshof der USA erklärte sich 2023 in dem Fall für nicht zuständig.
2022 tauchten im Hessischen Hauptstaatsarchiv neue Dokumente auf, die die Vermutung nahelegen, dass der Verkauf des bedeutenden mittelalterlichen Kirchenschatzes doch als NS-Raubgut sein könnte. So wurden weitere Akteure des Verkaufs im Jahr 1935 ausgemacht: das Ehepaar Louis und Alice Koch von der renommierten Frankfurter Juwelierhandlung Robert Koch, die mit 25 Prozent am Verkauf des Welfenschatzes beteiligt waren. Zwar erhielt die inzwischen verwitwete Alice Koch entsprechend 1.155.000 Reichsmark, doch musste sie wenig später dem deutschen Staat den Betrag von einer Million Reichsmark als Reichsfluchtsteuer entrichten, um als Jüdin das Land verlassen zu können. Da das Geld somit ihr nicht zur freien Verfügung stand, müsste die Transaktion als NS-verfolgungsbedingter Vermögensentzug bewertet werden. |