Ayoung Kims fiktive Welten in Berlin  |  | Ayoung Kim, Delivery Dancer’s Arc: 0º Receiver, 2024 | |
Der Hamburger Bahnhof, das Haus für die Gegenwartskunst bei den Staatlichen Museen zu Berlin, präsentiert ab heute die erste museale Einzelausstellung von Ayoung Kim in Deutschland. Dafür haben die Kurator*innen Sam Bardaouil, Till Fellrath und Charlotte Knaup neben aktuellen Werken auch frühere Arbeiten der 1979 in Seoul geborenen Südkoreanerin ausgesucht und sie zusammen mit ihr zu einer fiktiven Welt mit eigenen zeitlichen und räumlichen Gesetzen ausgebaut. In Kims virtuellem Universum „Delivery Dancer“, das sie in einem verspiegelten Museumsraum installiert hat, sind die Besucher*innen sowohl Zuschauende als auch Mitspielende und können die Erzählung aus eigener Sicht gestalten.
Ayoung Kim befasst sich in ihrer Kunst mit der Symbiose zwischen Daten, Menschen und dem Planeten. Sie beleuchtet das Leben von Arbeiterinnen und Arbeitern, die in dem Arbeitsmarktmodell der Gig Economy unter befristeten und flexiblen und damit prekären Arbeitsbedingungen tätig sind. In ihren Schaffen verweist Ayoung Kim auf die amerikanische Science-Fiction-Autorin Octavia Butler und beleuchtet kritisch die strukturellen Probleme des modernen Kapitalismus. Dazu nutzt sie künstliche Intelligenz, Video, Spielsimulationen, Skulpturen und Referenzen an südkoreanische Webcomics und kreiert ein fiktives Universum mit Menschen, mythologische Wesen und virtuelle Existenzen.
Die von Künstlicher Intelligenz betriebene „Delivery Dancer“-App dient als effiziente Schnittstelle für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit Motorrädern auf algorithmisch berechneten Routen durch ein futuristisches Seoul rasen. Die Besucher*innen sehen auf dem Smartphone „Stipulation“ im Ausstellungsraum die Instruktionen der App und können diese beeinflussen. Verspiegelte Wände und Metallstrukturen verändern das Layout des Raumes, was das immersive Erlebnis verstärkt und die Besucher*innen in die fiktive Welt eintauchen lässt.
Ayoung Kims Werkreihe „Delivery Dancer“ umfasst seit 2022 Videoinstallationen, Spielsimulationen, Wandbilder, Klangfiktionen und Skulpturen. Die Besucher*innen folgen der Protagonistin Ernst Mo und ihrer Doppelgängerin En Storm durch das Labyrinth der Dancemaster-Lieferrouten in der 3D-Welt von „Delivery Dancer“ und erfahren in der Spielsimulation schließlich selbst, wie sie die Zustellrouten im futuristischen Seoul navigieren können. Ayoung Kims Universum von „Delivery Dancer“ besteht aus einer Vielzahl möglicher Welten und stellt erneut Fragen zu Zeit, Realität, Zugehörigkeit und Queerness.
Die Ausstellung „Ayoung Kim. Many Worlds Over“ läuft vom 28. Februar bis zum 20. Juli. Der Hamburger Bahnhof hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag zusätzlich bis 20 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 16 Euro, ermäßigt 8 Euro, für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenfrei. Zur Ausstellung erscheint eine Ausgabe der Katalogreihe des Hamburger Bahnhofs, herausgegeben von Silvana Editoriale Milano, für 12 Euro.
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart
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