Kateryna Lysovenko bespielt den Kunstverein Hannover  |  | Kateryna Lysovenko, Kissing with the leaves sharing intensity and fragility, 2024 | |
Der Kunstverein Hannover präsentiert aktuell die erste Einzelausstellung der Ukrainerin Kateryna Lysovenko im deutschsprachigen Raum. Für ihre Schau „Animals“ hat die 1989 im Odessa geborene Künstlerin etwa 50 Werke ausgewählt. Den Schwerpunkt bilden Malereien, die vor allem zwischen 2020 und 2025 entstanden. In Serien wie „Mermaids“ und „It’s hard to say what happens with a man, when the land becomes a mother“ verarbeitet Lysovenko die Gewalt des Krieges, die sie selbst erlebt hat, machtpolitische Strukturen und Traumata. Ihre figurativen Bilder, in denen Menschen, Tiere und hybride Wesen auftauchen, bewegen sich zwischen Mythologie, Erinnerung und dem Wunsch nach Harmonie und Frieden. Dabei verschlüsselt Lysovenko oft am weiblichen Körper die Schmerzen, aber auch die Leidensfähigkeit und die Kraft.
Der Ausstellungstitel bezieht sich auf das Thema der Künstlerin: Die Degradierung des Menschen zum Tier, wie sie sich in Konflikten und propagandistischen Erzählungen zeigt. Dabei verweist sie auf die Gewalt, die in Tierparabeln, Mythen und Märchen verborgen liegt. Lysovenkos Werke reflektieren sowohl die jüngsten politischen Umbrüche in der Ukraine als auch den persönlichen Umgang mit diesen Ereignissen. Wie viele Künstler*innen ihrer Generation erlebte Lysovenko den Angriff Russlands auf die junge Demokratie in der Ukraine hautnah. Für viele Künstler*innen markierten die Jahre 2014 und 2022 Wendepunkte, als die Mittel der Kunst zu Mitteln des politischen Widerstands wurden. Zeitgleich wurden sie für die Kunstschaffenden auch zu therapeutischen Werkzeugen der eigenen Kriegserfahrungen. So entfaltet sich das Thema letztlich zu den Machtstrukturen und Ideologien zwischen sowjetischer Vergangenheit und dem Ukrainekrieg.
In ihrem Gemälde „Glory and Victory“ von 2022 verdeutlicht Kateryna Lysovenko die Rhetorik der Entmenschlichung und zeigt den Körper als Material und Ressource in totalitären Regimen. Zwei Jahre später entstand ihre installative, vierteilige Arbeit „Wartezimmer“. Hier entwirft sie das Bild einer strahlenden Zukunft, die sie denjenigen gewährt, die von totalitären Regimen geopfert wurden. Die Serie porträtiert Künstler*innen, deren Werk und Leben durch die politischen Umstände einer Zukunft beraubt wurden; Lysovenko malt Elfriede Lohse-Wächtler, Charlotte Salomon und Felix Nussbaum im Alter von 70 Jahren, einem Alter, das sie durch die Verfolgung und Ermordung der Nazis nie erreicht haben. Auch der ukrainische Künstler Viacheslav Mashnitskiy, der 2022 von russischen Besatzern in Cherson entführt wurde, ist im Alter von 70 Jahren abgebildet. Sein ungewisses Schicksal steht stellvertretend für eine Generation von Künstler*innen, die mit der Zerrissenheit zwischen Hoffnung auf ein Überleben und schmerzhaften Verlusten konfrontiert sind.
Die Ausstellung „Kateryna Lysovenko: Animals“ ist bis zum 30. März zu sehen. Der Kunstverein Hannover hat dienstags bis samstags von 12 bis 19 Uhr sowie sonntags ab 11 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 6 Euro, ermäßigt 4 Euro.
Kunstverein Hannover
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