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Marisa Merz in Bern

Marisa Merz, Ohne Titel, o. J.

Das Kunstmuseum Bern widmet der 2019 verstorbenen Marisa Merz aktuell die Retrospektive „ascoltare lo spazio – in den Raum hören“ und damit die erste umfassende Schau der 1926 geborenen Italienerin in der Schweiz seit 30 Jahren. Merz war eine führende Figur der italienischen Kunst der Nachkriegskunst und die einzige weibliche Hauptvertreterin der Arte Povera. Von ihren männlichen Kollegen unterscheide sich ihr Werk durch einen femininen Zug und die Reflexion einer häuslichen Sphäre, hieß es 2013, als Marisa Merz auf der Biennale von Venedig mit dem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk geehrt wurde. In ihren Arbeiten bezog sie sich oft auf die Kunstgeschichte und nutzte Werkstoffe des Alltags in einer Vielzahl an Techniken. Die Kuratorin Livia Wermuth vereint etwa 80 Exponate, darunter Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen und Installationen, in fünf Kapiteln. Hinzu kommen Dokumentationen früherer Aktionen der gebürtigen Turinerin.

Das Interesse an „armen“, alltäglichen Materialien wie Erde, Bindfaden, Holz etc. eint Marisa Merz mit der Arte Povera, die sich im Italien der späten 1960er Jahre entwickelte. Neben den Rohstoffen war es vor allem die Skulptur, mit der sich die Künstlerin beschäftigte: Die Beziehung des weiblichen Körpers zum Raum, ebenso wie der Kunst zum Leben. Marisa Merz schuf seit den 1950er Jahren Kunstwerke, erhielt jedoch erst 1967 ihre erste Soloschau mit ihren „Living Sculptures“ in der Turiner Galleria Sperone. Die Werke der Künstlerin bestechen mit ihrer Stille, Poesie und der Suche nach der Zerbrechlichkeit von Kunst und Leben. So begleitete der Fotograf Claudio Abate 1970 eine Aktion der Künstlerin am Strand von Fregene bei Rom, bei der Merz kleine Werke aus Nylonfaden im Sand im Sand aufbaute, die dann von den Wellen fortgetragen wurden.

Merz, die mehrmals an der Biennale di Venezia und der Documenta in Kassel teilnahm, arbeitete gerne in Serien und kehrte oftmals zu denselben Motiven, Materialien und Techniken zurück, um deren Wesen so nahe wie möglich zu kommen. Sie erforschte ihre Themen in Variationen von einem Werk zum nächsten, experimentierte mit Maßstäben, Formen, Material, Farben und Oberflächeneffekten. Ihre zahlreichen weiblichen Gesichter, die auch die Ausstellung in Bern durchziehen, modellierte Marisa Merz in Wachs, Ton und Gips, überzog sie mit Pigmenten, Blattgold oder Kupferdraht oder zeichnete und malte sie unermüdlich auf verschiedene Arten von Trägermaterial. So brachte sie mit roter Farbe einen Frauenkopf auf ein rechteckiges stehendes Tonstück auf, entwickelte 1979 die traumähnliche Vision eines Antlitzes auf Kork oder überzog einen rundlichen Rohtonkopf mit goldener Farbe. Livia Wermuth erklärt, dass sich Merz unter anderem für die Kunst von Byzanz interessierte, wie es etwa die Vergoldung und starke Frontalität der Zeichnung „Madonna di marte“ andeutet. Weitere Inspirationsquellen bildeten aber auch Fra Angelico, Antonello da Messina oder die flämischen Malerei der Frührenaissance.

Die Ausstellung „Marisa Merz. ascoltare lo spazio — in den Raum hören“ läuft bis zum 1. Juni. Das Kunstmuseum Bern hat täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, dienstags bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 24 Franken, ermäßigt 12 Franken. Der begleitende Katalog ist im Haus für 39 Franken zu erwerben.

Kunstmuseum Bern
Hodlerstraße 8-12
CH-3000 Bern
Telefon: +41 (0)31 – 328 09 44


04.02.2025

Quelle: Kunstmarkt.com/S. Hoffmann

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Marisa Merz, Scarpetta, 1968
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