 |  | Haegue Yang, The Intermediate – Saekdong Breeze on Unmanned Island, 2018 | |
„Die Kunstwoche in Mexiko City ist derzeit wahrscheinlich eine der vielfältigsten und überraschendsten“, sagt Polina Stroganova, die nach Stationen in Hamburg, Berlin und London seit zwölf Jahren als Kuratorin in Mexiko City lebt und arbeitet. „Es ist eine spannende Mischung aus lokal und international. Man taucht ein in eine Vielfalt von lokalen künstlerischen Produktionen und bekommt ein Stück Lateinamerika mit, vor allem auch durch die Galerieauswahl der hiesigen Messen. Kulturgeschichte, Gastronomie, Architektur, Galerien- und Museumslandschaft der Stadt machen die Woche zu einem sehr integralen Moment.“
Das Epizentrum der Mexico City Art Week bildet die Zona Maco. Die 21. Ausgabe der größten Kunstmesse Lateinamerikas findet auch in diesem Jahr am Rande der über neun Millionen Einwohner zählenden Megacity statt: im Messe-und Kongresszentrum Centro Citibanamex. Über 200 Galerien aus 29 Ländern überwiegend aus Nord- und Südamerika, aber auch aus Asien, Afrika und Europa nehmen an der Zona Maco teil. Allein der Hauptsektor umfasst 125 Galerien, ausgewählt von einem internationalen Komitee. Die Sektion Arte Moderno versammelt dann ikonische Werke des 20. Jahrhunderts mit dem Fokus auf internationale und lateinamerikanische Avantgardebewegungen.
„Wir verfolgen einen starken kuratorischen Ansatz für alle Sektionen“, betont Direlia Lazo, die die Messe seit 2024 leitet. Die 1984 in Kuba geborene und heute in den USA lebende Kuratorin begründet die Anziehungskraft der Messe für Galerien aus aller Welt: „Das institutionelle Ökosystem in Mexiko City ist unglaublich stark und einflussreich. Wir haben wichtige Museen und Stiftungen in der Stadt, die mit ihren Aktivitäten das ganze Jahr über große Sichtbarkeit erlangen. Das ist einer der Hauptgründe, warum internationale Galerien gerne in den mexikanischen Kontext eingreifen und hier präsent sind.“ Mit dabei auf der Zona Maco ist etwa die italienische Galleria Continua, die mittlerweile sieben Standorte weltweit betreibt, wo sie Künstler*innen wie Kiki Smith, Michelangelo Pistoletto oder Anish Kapoor zeigt. Auch die Sean Kelly Gallery aus New York und Los Angeles sowie die Galerie Nordenhake mit ihren Standorten in Stockholm, Berlin und Mexiko City, beide auch Mitglieder des Zulassungskomitees, nehmen an der Zona Maco teil.
Der Sektor Sur widmet sich dem Globalen Süden. Hier wird es dann eher politisch als kommerziell. Die Künstler*innen dieses Abschnitts stellen oft eurozentrische Narrative in Frage und untersuchen Themen wie Identität, Erinnerung sowie ortsspezifische Projekte aus der Perspektive der südlichen Hemisphäre. Daneben gibt es auf der Zona Maco noch die Newcomer-Sektion Ejes, wo kritische und poetische Positionen verhandelt werden. Lohnenswert ist auch die mit knapp 20 Galerien bestückte Sektion Foto. Hier konzentriert sich der aus der Dominikanischen Republik stammende Kurator Luis Graham Castillo in diesem Jahr auf dokumentarische und konzeptuelle Fotografie. Darüber hinaus wird es aber etwas unübersichtlich. Die Sektion Diseño konzentriert sich auf Möbel, Schmuck und Kunstgewerbe, und in der Abteilung Diseño Emergente stellen sich junge Designer vor. Abgerundet wird das an den Rändern eher bunte Potpourri der Zona Maco mit dem Salón del Anticuario, wo Antiquitäten, sakrale Kunst und Schmuck versammelt sind.
Ein Stand, den man auf der Zona Maco auf keinen Fall verpassen sollte, ist der von Kurimanzutto. Die von Mónica Manzutto, José Kuri und Gabriel Orozco Ende der 1990er Jahre in New York gegründete Galerie ist heute einer der Big Player in Mexiko City. Auf der Messe präsentiert Kurimanzutto ein Wallpiece der Berliner Bildhauerin Nairy Baghramian, ein großformatiges Gemälde des Mexikaners Carlos Amorales und eine Mixed Media-Wandarbeit von Haegue Yang. Parallel zur Zona Maco eröffnet Kurimanzutto in den großzügigen Räumen der Galerie im Stadtteil San Miguel die Ausstellung „Haegue Yang – Arcane Abstractions“ der gefragten südkoreanischen Künstlerin mit Wohnsitzen in Seoul und Berlin.
Ein weiteres Must-See während der Mexico City Art Week ist sicherlich die Ausstellung „Gabriel Orozco: Politécnico Nacional“ im David Chipperfield-Bau Museo Jumex, dem wohl wichtigsten Privatmuseum Lateinamerikas, das 2013 von dem Sammler und Saftfabrikanten Eugenio López Alonso eröffnet wurde. Wer hingegen für Neuentdeckungen offen ist, schaut sich Cutting Edge-Kunst auf der 70 internationale Galerien umfassenden Nebenmesse Material Art Fair im angesagten Viertel Juarez an. Polina Stroganova vergleicht sie vom Qualitätsniveau her mit der Basler Liste.
Ihr Insider-Tipp für ein Galerien-Hopping während der Art Week hingegen ist eine Stippvisite in den schicken Räumen der auf neuere und konzeptuelle Tendenzen der internationalen Malerei spezialisierten Galería Karen Huber im Zentrum der Stadt. Wer es nicht dorthin schafft: In der Main Section auf der Zona Maco zeigt Karen Huber eine Auswahl ihres Portfolios, darunter den in Los Angeles lebenden Amerikaner Andrew Holmquist und die 1986 geborene Mexikanerin Lucía Vidales. Polina Stroganova versichert schließlich noch, dass bei all den Events, Eröffnungen und Diskussionsforen auch das gute mexikanische Essen und die ein oder andere Tequila-Verkostung nicht zu kurz kommen. An Stimulanzien für Geist und Körper herrscht also während der Mexico City Art Week kein Mangel.
Die Zona Maco läuft vom 5. bis zum 9. Februar. Geöffnet hat sie täglich zu wechselnden Uhrzeiten. Das Onlineticket kostet 450 Pesos, ermäßigt 350 Pesos. Der Katalog steht zum kostenlosen Download auf der Website bereit.
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