Konstanz schwelgt in Blau  |  | Hans André Ficus, Graubündner Landschaft (Valbella), 1965 | |
„Blau. Faszination einer Farbe“, so lautet der Titel der aktuellen Schau in der Wessenberg-Galerie der Stadt Konstanz. Keinem anderen süddeutschen Ort scheint dieses Phänomen so treffend auf den Leib geschnitten zu sein wie der Bodensee-Metropole. Denn die Farbe Blau wird mit zwei einprägsamen Merkmalen der Erde verbunden, dem Himmel und dem Wasser. Somit erweist sich das vom tiefblauen Bodensee umgebene und zumeist unter strahlendem Himmel liegende Konstanz als idealer Ort für eine derartige Ausstellung. In der Kunst nimmt die Farbe Blau einen besonderen Stellenwert ein. Dies ergründet nun die Galerieleiterin Franziska Deinhammer mit Beständen der städtischen Sammlungen, aus denen sie rund 80 Werke der Romantik, des Biedermeiers, des Expressionismus, der abstrakten Malerei sowie der zeitgenössischen Kunst zusammengestellt hat.
Bis zur Entwicklung künstlicher blauen Tönungen im 19. Jahrhundert war die Produktion blauer Farbe mühselig und teuer. In einem aufwendigen Verfahren mussten entsprechende Pigmente aus der Pflanze „indigofera tinctoria“ isoliert oder aus dem Gestein Lapislazuli gewonnen werden. In Konstanz konnte bereits im 18. Jahrhundert der blaue Pflanzenfarbstoff industriell in der Textilfabrik der Familie Macaire produziert und ab 1887 synthetisch hergestellt werden. Der Maler Jan Vermeer soll sich verschuldet haben, weil er das Blau so liebte, Michelangelo Buonarroti soll sein Gemälde „Die Grablegung Christi“ nicht vollendet haben, weil er es sich nicht leisten konnte, Ultramarinblau zu erwerben. In der christlichen Kunst des Abendlandes bietet der strahlend blaue Mantel der Maria oft einen besonderen Blickpunkt. Blau gehört zu den drei Grundfarben und wird im Farbkreis zwischen Grün und Violett platziert. Besonders assoziiert wird die Farbe im positiven Sinne mit Sehnsucht, Ferne, Kreativität und Fantasie, aber auch mit den negativen Aspekten wie Kälte, Trunkenheit oder Lüge.
Einen Schwerpunkt der Schau bilden Landschaften, die Blau als Naturphänomen schildern, etwa die Tönung des Schnees auf Hans André Ficus’ Bergen in der „Graubündner Landschaft“ von 1965. Mithilfe der Luftperspektive öffnet das Blau die Sujets in suggestive Fernlandschaften. Diese Sicht diente nicht nur in der Romantik als Ausdruck von Sehnsucht und Naturverbundenheit, etwa bei Agnes Susanne Scheurmanns Aquarell einer jungen Frau von 1904, die von ihrer Bank aus durch ein großes Fenster sehnsuchtsvoll auf die abendliche Landschaft blickt. Hinzu kommen stimmungsvolle Stadtansichten, die die Magie der Blauen Stunde einfangen und besinnliche Gefühle wecken. Diese wie auch Nachtstücke werden oft von melancholischem Mondlicht erhellt. Taghelle Seestücke vom Bodensee erscheinen dabei mitunter lebensfroher. Hier regiert das ewige Blau von Himmel und Wasser, das die Hoffnung nach Frieden und Freiheit verkörpert, so auch auf Curt Wellers titelloser Gouache mit amorphen Formen, die auf blauem Grund schweben.
Die Ausstellung „Blau. Faszination einer Farbe“ ist bis zum 15. Juni zu sehen. Die Wessenberg-Galerie hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, samstags, sonn- und feiertags bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro.
Städtische Wessenberg-Galerie
Wessenbergstraße 43
D-78462 Konstanz
Telefon: +49 (0)7531 – 900 2921 |