Wien zeigt, wie die Farbe in die Fotos kam  |  | Richard Neuhauss, Papagei, 1899 | |
Mit der aktuellen Schau „True Colors“ geht die Albertina in Wien auf die Entwicklung der Farbfotografie zwischen 1849 und 1955 ein. Das machen die Kuratorinnen Anna Hanreich und Astrid Mahler an etwa 130 Exponaten aus den Beständen der hauseigenen Fotosammlung deutlich, zeigen die verschiedenen historischen Einsatzgebiete der Fotografie in Farbe auf und thematisieren die Auswirkungen der populären Farbverfahren auf die Bildkultur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Von Anfang an existierte der Wunsch nach Farbe in der Fotografie. So entwickelten sich schon im 19. Jahrhundert erste experimentelle Techniken. In der Frühzeit der Fotografie wurden etwa Daguerreotypien und Salzpapierabzüge händisch koloriert, um bunte Bilder zu erzeugen. Zu der chromatischen Vielfalt der Fotografien des 19. Jahrhunderts trugen auch die monochromen Pigmentpapiere bei, die sich bis in die 1890er Jahre großer Beliebtheit erfreuten.
Erste Erfolge, wenn auch für einen exklusiven Kreis, bildete das 1891 vorgestellte Interferenzverfahren: Es beruht auf dem physikalischen Prinzip der Stehenden Wellen, das etwa Menschen in Seifenblasen farbige Reflexionen sehen lässt. Diese seltenen Fotografien formen einen Schwerpunkt in der Albertina-Sammlung und überzeugen etwa mit Richard Neuhauss’ Aufnahme eines brillant farbschillernden Papageis von 1899. Das von Gabriel Lippmann in Paris publizierte Verfahren gilt als ein Meilenstein der direkten Farbfotografie, hat jedoch seine Tücken. Daher kooperierten etwa Auguste und Louis Lumière, Produzenten von fotografischen Platten, mit Lippmann an einer Verbesserung der Emulsionen. Einen weiteren Fortschritt erfuhr das System durch den Berliner Wissenschaftler Neuhauss. Seine Platten bestechen nicht nur durch ihre leuchtende Farbigkeit, sondern vor allem durch die Bandbreite an Motiven, die durch die Verkürzung der Belichtungszeiten möglich wurden.
1907 kam ein radikaler Umbruch mit dem Autochromverfahren, das auch für Amateure praktikabel war. Die Erfinder waren die Brüder Lumière, die damit finanzielle Erfolge erzielten. Als Glasdiapositiv kam es hauptsächlich für die Projektion zum Einsatz. Parallel dazu wurden um 1900 Edeldruckverfahren entwickelt, die mit Hilfe von Farbpigmenten mehrfarbige Bildlösungen hervorbrachten. Sie erfüllten den Kunstanspruch der Piktorialisten und waren bis in die 1930er Jahre in großen Fotoateliers gängig. 1912 verewigte Heinrich Kühn als Autochrom mit weicher Farbgestaltung einen „Sonnenschirm“: Dieser liegt auf einer Wiese und schützt drei Damen mit Hut und ein Mädchen vor der Sonne. Klare Farben ohne Weichzeichnereffekt finden sich im leuchtenden Autochrom „Exotische Schmetterlinge“, die Arthur von Hübl zwischen 1908 und 1914 festhielt. Der Durchbruch der Farbe kam 1936 mit der einfach einzusetzenden und damit massentauglichen Farbfotografie der Firma Kodak in den USA und kurz danach in Deutschland mit der Firma Agfa. Beide brachten die ersten Kleinbild-Farbdiafilme auf den Markt.
Die Ausstellung „True Colors. Farbe in der Fotografie von 1849 bis 1955“ läuft bis zum 24. April. Die Albertina Modern hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 15,90 Euro, ermäßigt 12,90 Euro. Für Kinder unter 19 Jahren ist er kostenlos. Der Katalog zur Ausstellung ist in Deutsch und Englisch für 32,90 Euro erhältlich.
Albertina Modern
Karlsplatz 5
A-1010 Wien
Telefon: +43 (0)1 – 534 830 |