Die Frührenaissance hält Hof in Halle | | Lucas Cranach d.Ä., Der Selbstmord der Lucretia, um 1518 | |
Als im Jahr 1484 der Grundstein der bereits fünf Jahre zuvor begonnenen Moritzburg in Halle an der Saale gelegt wurde, ebbte bereits die Spätgotik ab und die Renaissance erstarkte. Damit ist das heute in der ehemaligen Residenz der Magdeburger Erzbischöfe ansässige Kunstmuseum geradezu der ideale Ort für die Präsentation „Frührenaissance in Mitteldeutschland. Macht. Repräsentation. Frömmigkeit“, die als Teil der dezentralen Ausstellungen zum Gedenkjahr „Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg – Gerechtigkeyt 1525“ veranstaltet wird.
Von der Kunst jener Übergangszeit hat sich leider in Mitteldeutschland wenig erhalten, so dass über 250 Exponate von mehr als 70 privaten und öffentlichen Leihgebern aus aller Welt wieder auf Zeit an ihren Entstehungsort zurückkehren. In rund zehnjähriger Vorbereitungszeit gelang es dem Kurator Philipp Jahn, signifikante Werke von wichtigen Künstlern jener Epoche zusammenzutragen, darunter von Albrecht Dürer, Martin Schongauer, Jacopo de’ Barbari oder Lucas Cranach d.Ä. Hinzu kommen Grafiken und kostbare Preziosen, die tiefe Einblicke in die Kunstproduktion und Kultur des mitteldeutschen Raumes zu einer Zeit großer Veränderungen gewähren.
Nach der Unterwerfung von Halle an der Saale durch Fürst Ernst II. von Sachsen (1464-1513) gestaltete er sie zur herrschaftlichen Residenzstadt aus. Die Zeit zwischen Traditionen und einschneidenden Veränderungen war damals geprägt von Großereignissen wie der Reformation und dem Bauernkrieg, in der Kunst besonders beeinflusst von kulturellen Transfers neuer stilistischer Tendenzen aus Italien. Italienischstämmige Künstler gaben neue Impulse, die einheimische Künstler aufgriffen und zu einer mitteldeutschen Frührenaissance ausformten. Große Altartafeln, intime Porträts, Eingehen auf Gesetzmäßigkeiten der Perspektive und die Anwendung neuer Techniken in der Druckgrafik sind einige der neuen Charakterzüge.
Das Schloss in Halle gehörte seinerzeit zu den modernsten in Deutschland und wies bereits Elemente der Frührenaissance auf, etwa Welsche Giebel mit ihren typisch geschweiften Umrissen. Hinzu kam die Gepflogenheit, Heiligtümer zu sammeln und in kostbare Reliquiare einzuhüllen. Die Maria-Magdalenen-Kapelle der Moritzburg diente der Aufbewahrung des Heiltumschatzes, das Ernsts Nachfolger Albrecht von Brandenburg als „Hallesches Heiltum“ zu einer bedeutenden Reliquiensammlung erweiterte.
Die Ausstellung „Frührenaissance in Mitteldeutschland. Macht. Repräsentation. Frömmigkeit“ läuft bis zum 2. März 2025. Das Kunstmuseum Moritzburg hat täglich außer mittwochs von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt an Heiligabend und Silvester. Der Eintritt beträgt 10 Euro, ermäßigt 7 Euro; für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist er kostenlos. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im E. A. Seemann Verlag, der im Museum 35 Euro, im Buchhandel 45 Euro kostet.
Kunstmuseum Moritzburg
Friedemann-Bach-Platz 5
D-06108 Halle an der Saale
Telefon: +49 (0)345 – 21 25 90 |