Nach Restitution: Slevogts „Verlorener Sohn“ wird versteigert | | Max Slevogts Triptychon „Der verlorene Sohn“ tritt bei Ketterer in München für 150.000 bis 250.000 Euro aufs Auktionsparkett | |
Jahrelang hing Max Slevogts Triptychon „Der verlorene Sohn“ in der Staatsgalerie Stuttgart. Nun hat das Land Baden-Württemberg die skandalumwitterte biblische Erzählfolge an die Erben von Eduard Fuchs restituiert. Der sozialistisch-kommunistische Schriftsteller, Kulturwissenschaftler und Kunstsammler musste 1933 vor den Nationalsozialisten ins Exil fliehen und sah sich gezwungen, sein Vermögen zu liquidieren und seine umfangreiche Kunstsammlung, die vor allem Werke impressionistischer Künstler enthielt, zu veräußern. Im Dezember tritt „Der verlorene Sohn“ erneut auf dem Kunstmarkt auf, nimmt im Evening Sale bei Ketterer Kunst in München einen prominenten Platz ein und soll zwischen 150.000 und 250.000 Euro erwirtschaften.
Auf ausdrücklichen Wunsch Max Liebermanns beteiligte sich Slevogt mit seinem „Verlorenen Sohn“ im Entstehungsjahr 1899 an der ersten Ausstellung der Berliner Secession und schaffte damit hier seinen künstlerischen Durchbruch. In seinem Triptychon schildert Slevogt recht drastisch den ungezügelten Lebensstil des abtrünnigen Sohnes, seinen tiefen Fall und den Moment, in dem er bei seiner Rückkehr das Haus des Vaters betritt. Sein modern aufgefasster psychologisierender Erzählduktus, die starken Hell-Dunkel-Kontraste und die emotionale Körperlichkeit der Figuren riefen bei der Schau der Secession einerseits Begeisterung hervor, stießen aber auch auf deutliche Ablehnung. Zu den Anhängern des Gemäldes zählte Eduard Fuchs, der es 1911 bei dem legendären Berliner Kunsthändler Paul Cassirer für seine Kunstsammlung erwarb.
Der 1870 in Göppingen geborene Fuchs, der durch seine mehrteilige „Illustrierte Sittengeschichte“ bekannt und wohlhabend wurde, war überzeugter Kommunist, 1918 Gründungsmitglied des Spartakusbundes und ein Jahr später der Kommunistischen Partei Deutschlands. Aus seiner politischen Einstellung machte er nie einen Hehl. Das wurde ihm nach 1933 zum Verhängnis. Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand, der der NSDAP als Vorwand zur gezielten Verfolgung politischen Gegner diente, wurde Fuchs im Februar 1933 von der Polizei aufgesucht, konnte sich jedoch einem Zugriff entziehen. Im März 1933 wurde seine Berliner Villa von der Gestapo geplündert und Teile seiner Kunstsammlung beschlagnahmt. Im selben Monat gelang ihm gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Margarete die Flucht ins Pariser Exil. Aufgrund gesundheitlicher und finanzieller Notlagen musste er sein Restvermögen auflösen und seine umfangreiche Kunstsammlung versteigern lassen, was in den Jahren 1937 und 1938 in sechs Auktionen beim Auktionshaus Rudolph Lepke in Berlin sowie C.G. Boerner in Leipzig geschah.
Seine Tochter Gertraud Fuchs lieferte Slevogts Triptychon in seinem Auftrag zweimal zur Versteigerung bei Lepke in Berlin ein. 1937 blieb es unverkauft, im Juni 1938 wurde es bei einem Schätzpreis von 4.000 RM wohl für 1.500 bis 1.700 RM an einen unbekannten Käufer versteigert. Nach aktuellem Forschungsstand ist hier von einem Verkauf unter Wert auszugehen. Das Kunstwerk wurde erst 1949 wieder aktenkundig als Aktivum in der Bilanz der Chiron-Werke in Tuttlingen an der Donau. Alleininhaber und Geschäftsführer der Firma war der Industrielle Otto Stäbler, aus dessen Vermächtnis die Staatsgalerie das Triptychon im Jahr 1956 erhielt. |