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Marktberichte |
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Die Käufer pickten sich aus dem breiten Angebot der letzten Auktion bei Neumeister gezielt ihre Lieblinge heraus und hoben für sie die Erwartungen deutlich an, ließen aber auch vieles links liegen Eine tänzerische Staatsaffäre
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| | Barbara Rosina Lisiewska, Die Tänzerin Barbara Campanini als Thetis, wohl 1755 | |
Heute kaum noch mehr bekannt, zählte die kluge und schöne Barbara Campanini zu den bedeutendsten Primaballerinen des 18. Jahrhunderts. Der junge König Friedrich II. war von ihr so begeistert, dass er die Italienerin unbedingt für die Ballettkompanie seiner neu geschaffenen Hofoper in Berlin gewinnen wollte. 1743 wurde mit ihr ein Vertrag für die kommende Saison geschlossen. Doch aufgrund einer Liebschaft mit einem britischen Politiker trat „Barberina“ ihre Stelle in Berlin nicht an und entwischte mit ihrem Geliebten nach Venedig. Der König reagierte verschnupft, vor allem als sein Auslieferungsersuchen an die Republik Venedig abschlägig beschieden wurde. Daher ließ Friedrich II. kurzerhand den venezianischen Gesandten für London, der auf einer Reise preußisches Staatsgebiet durchquerte, festsetzen, worauf die Tänzerin unter militärischer Bewachung nach Berlin überstellt wurde und hier erstmals 1744 auftrat. In der Rolle der „Thetis“, mit der sie 1746 in Carl Heinrich Grauns Oper „Demofoonte, re di Tracia“ ihr Publikum begeisterte, verewigte die Berliner Malerin Barbara Rosina Lisiewska die Primaballerina mit einem rokokohaften, mit Muscheln und Korallen besetzten Meeresgewand in einer Küstenlandschaft. Und noch heute verzaubert Barbara Campanini ihre Anhänger: Im Münchner Auktionshaus Neumeister schoss jetzt Lisiewskas Bildnis von 20.000 Euro auf ansehnliche 48.000 Euro und geht in eine öffentliche Sammlung im Rheinland ein.
Die Alten Meister
Weitere Gemälde Alter Meister trafen am 25. September den Geschmack des Publikums. Dazu gehörten eine reinigungsbedürftige „Madonna mit Kind“ des Ende des 15. Jahrhunderts in Ferrara nachweisbaren Maestro della Dormitio Virginis Massari in fast schon manieristisch gelängten Formen für 19.000 Euro (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR) oder die anrührende, auf Maria und den toten Jesus konzentrierte „Beweinung Christi“ aus dem Umfeld des flämischen Meisters Gerard David für 18.000 Euro (Taxe 5.000 bis 6.000 EUR). Derselbe Bieter engagierte sich ein weiteres Mal bei dem Gemäldepaar mit den unverkennbaren Bildnissen von Philipp Melanchthon und Martin Luther aus der Hand Lucas Cranachs d.Ä. und seiner Werkstatt bei 55.000 Euro (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Bei einer losbezogenen Zuschlagsquote von durchschnittlichen 48 Prozent über die gesamte Auktion klafften aber auch einige große Lücken, darunter besonders bei einer umfangreichen süddeutschen Privatsammlung. Sie wurde etwa die alttestamentliche Szene „Elia und die Witwe von Sarepta“ aus dem Umkreis Simon Vouets oder das fast schon rokokohafte Gemälde „Rachel und Jakob am Brunnen“ eines Künstlers, der vom Schaffen Louis de Boullognes d.J. inspiriert war, nicht los (Taxe je 8.000 bis 12.000 EUR). Auch das Bildnis der Gräfin Maria Maximiliana Amalie von Perusa als Halbfigur in Parklandschaft des Münchner Hofmalers Johann Michael Kaufmann von 1761 und das Portrait des französischen Langzeitkönigs Ludwigs XIV. aus dem Umkreis Hyacinthe Rigauds sind für jeweils 6.000 bis 8.000 Euro noch zu haben.
Gemälde des 19. Jahrhunderts
Bei den Neueren Meistern zeigten sich die Sammler ebenfalls wählerisch. Während um Carl Spitzwegs stimmungsvolle kleine Holztafel „Wanderndes Paar in einer Felsenschlucht“ mehrere Interessenten bis zu 38.000 Euro rangen (Taxe 25.000 bis 30.000 EUR), mussten seine anderen beiden Ölstudien bis zum Nachverkauf ausharren. Dann gingen aber auch Spitzwegs summarischer Blick über die Voralpenlandschaft für 9.000 Euro (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR) und sein Wanderer bei der Rast auf einer Anhöhe über dem Ampertal bei 15.000 Euro weg (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR). Sein Münchner Kollege Heinrich Bürkel hatte es nicht besser. Auch seine drei humorvollen Erzählungen mit scheuen Pferden in der Schmiede, mit einer Vorgebirgslandschaft aus dem Murnauer Moos bei aufziehendem Gewitter und mit Bauern bei Heuernte unter Gewittersturm platzierten sich mit 13.000 Euro, 12.000 Euro und 11.000 Euro jeweils am unteren Taxrand. Bei den Veduten von Michael Neher war der Zuspruch geteilt. Seine Ansicht auf das im neogotischen Stil erbaute Maderbräuschlösschen bei Berg am Laim fand bis jetzt noch keinen Anhänger (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR), sein Blick in eine Gasse an der Innenseite der alten Stadtmauer von Donauwörth verabschiedete sich im Nachverkauf bei 15.000 Euro (Taxe 22.000 bis 28.000 EUR).
Starken Auftrieb gab es hingegen für Alfred von Wierusz-Kowalskis
gemächliche winterliche Schlittenfahrt bei Sonnenschein. Mit 15.000 bis 18.000 Euro waren die Erwartungen für das charakteristische Gemälde des polnisch-deutschen Malers aber auch deutlich zu niedrig angesetzt. Erst bei 40.000 Euro fiel der Hammer. Aus der Münchner Malerschule reüssierten zudem Heinrich Hirt mit seinem jungen Jäger, der in der guten Stube zwei Dirndln sein „Jägerlatein“ auftischt, bei 5.500 Euro (Taxe 5.000 bis 6.000 EUR), Eduard von Grützner mit seinen zwei Mönchen beim „Küchendienst“ von 1918 für 8.000 Euro (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR) oder Maria Lübbes mit einem stimmungsvollen abendlichen Interieur von 1895, in dem eine junge Frau über ihren Näharbeiten „Eingeschlafen“ ist, bei 2.500 Euro (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR). Ein wichtiges Dokument der Geschichte des Kölner Kunstlebens ist die Ölstudie „Die Stifter des Wallraf-Richartz-Museums“ von Erich Correns, die mit den drei Protagonisten Ferdinand Franz Wallraf, Johann Heinrich Richartz und Matthias Joseph de Noël bei Beratungen um einen Tisch für 3.200 Euro von München ihren Heimweg an den Rhein antrat (Taxe 1.800 bis 2.000 EUR). Rheinischer Einschlag half zudem Max Clarenbachs postimpressionistischem Gemälde „Sattelplatz“ auf der Neusser Rennbahn vor dem Quirinus-Münster zu unverhofften 5.000 Euro (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR).
Kunsthandwerk
Nach einem etwas schleppenden Auftakt gewann die Auktion beim Porzellan dann aber doch an Fahrt, bei dem sich Käufer aus der Schweiz, den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Polen, USA und China regten. Teuerstes Objekt wurde das prachtvoll mit weißer „Limoges-Email-Malerei“ gestaltete Porzellangehäuse einer Prunkpendule aus der Meißner Manufaktur. Ein Bieter aus Nordrhein-Westfalen konnte das historistische Stück vom Ende des 19. Jahrhunderts erst für 22.000 Euro mitnehmen (Taxe 5.000 bis 6.000 EUR). Beim alten Meißner Porzellan machten ein um 1745 mit Blumen staffierter Teller aus dem Service „Brühlsches Allerlei“ nach einem Modell von Johann Friedrich Eberlein bei 4.000 Euro (Taxe 1.000 bis 1.200 EUR), ein rund zehn Jahre älteres Sahnekännchen, dessen Bemalung mit Fächerchinesen in Gartenlandschaften Johann Ehrenfried Stadler zugeschrieben ist, bei 2.200 Euro (Taxe 1.800 bis 2.000 EUR), oder ein Cremetopf mit Présentoir und schattierten Holzschnittblumen zum gleichen Wert besonders aus sich aufmerksam (Taxe 1.000 bis 1.400 EUR). Eine Sammlerin löffelt jetzt ihr Süppchen aus einer um 1730/35 gefertigten, nun 2.300 Euro teuren Bouillontasse mit Goldstaffage und Chinoiserie-Dekor (Taxe 1.800 bis 2.000 EUR).
Die Möbel verzeichneten keine besonderen Ausreißer. Eine Rokoko-Kommode des deutschstämmigen Ebenisten François Reizell, überzogen mit Rosen-, Nelken- und Tulpenranken und einem Vogel in einer teils gefärbten Marketerie, erwirtschaftete 10.000 Euro (Taxe 10.000 bis 14.000 EUR), Charles Topinos klassizistisch strenge Demilune-Kommode, auf deren dunkelbrauner Marketerie aus Satinholz, Amarant und Buchsbaum die vergoldeten Bronzebeschläge besonders glänzen, dann 14.000 Euro (Taxe 14.000 bis 18.000 EUR). Gefragt war dann das dekorative Paar zweiflammiger Wandappliken des mittleren 18. Jahrhunderts aus Frankreich in rokokohafter Verdrehung, das sich von 2.500 Euro auf 6.500 Euro verbesserte. In der modernen Abteilung setzte sich Demetre Chiparus’ exotisch kostümierte Chryselephantine-Tänzerin „Etoile de mer“ bei 52.000 Euro an die Spitze (Taxe 50.000 bis 55.000 EUR), während ihr männlicher Partner „Astra“ bei 19.000 bis 23.000 Euro das Nachsehen hatte. Gut lief es für zwei frohgemute Papageien Joseph Wackerles mit Rosenzweig respektive Kirschzweig im Maul, die mit 2.600 Euro und 3.000 Euro über ihren Erwartungen lagen, ebenso für die Art Nouveau-Tischlampe „Jonquil-Daffodil“ aus den Tiffany Studios mit ihrem Bleiglasschirm aus Narzissen in Grün- und Gelbtönen bei 32.000 Euro (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR).
Moderne bis Zeitgenossen
Der Bildhauer Fritz Behn eröffnete die Kunst des 20. Jahrhunderts. Während seine elegante schwarzbraune Bronzeplastik „Europa auf dem Stier“ für 6.000 bis 8.000 Euro noch auf einen Anhänger wartet, machte sich sein „Panther“ von 1909 auf leisen Sohlen zur oberen Schätzung von 10.000 Euro davon. Regen Zuspruch fand im Anschluss die vom Einlieferer direkt beim Künstler Mathias Goeritz erworbene Skulptur „Deine Hand. Tu Mano“. Der 1915 in Danzig geborene Architekt, Maler, Bildhauer und Kunsthistoriker lebte ab 1949 in Mexiko, wo seine Werke das Innere zahlreicher Kirchen und das Stadtbild von Mexiko-Stadt prägen. Die Arbeit aus Sadebaumholz von 1952 mit ihren gespreizten Finger war international äußerst umworben und wanderte bei 20.000 Euro nach Mexiko (Taxe 800 bis 1.000 EUR). Taxgerecht kamen dann Jean Dufys Blick in den Hafen seiner Geburtsstadt Le Havre von 1930 bei 28.000 Euro und Conrad Felixmüllers sozialkritisches Gemälde „Brennholz gegen Kartoffelschalen“ aus der Zwischenkriegszeit von 1936 bei 24.000 Euro an Ziel.
Während sich Ernst Ludwig Kirchners Holzschnitt „Wilde Kuh und Hirt“ aus der Schweizer Bergwelt wenigstens bei 9.000 Euro behaupten konnte (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR), blieben Gebote für drei Landschaftsaquarelle Karl Schmidt-Rottluffs komplett aus (Taxen zwischen 8.000 und 15.000 EUR). Gut schnitt Otto Dix’ Farblithografie „Mädchen mit Katze II (Kopf schräg)“ von 1956 mit 5.000 Euro ab (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR). Dann setzte die Auktion zum Endspurt an. Um die vorletzte Position, George Rodrigues „Moonlight Serenade“ 1996, ein fast naives Portrait seines verstorbenen Terriers Tiffany aus der Serie der „Blue Dog Paintings“, stritten vier Telefonbieter aus den USA; das Rennen entschied letztlich aber eine Saalbieterin aus Süddeutschland bei 55.000 Euro für sich (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Und auch letzte Los, der in altmeisterlicher Manier ausgeführte weibliche Akt „Girl in Blue Room“ des lettischen Künstlers Normunds Braslins mit hell schimmernder, perlmuttartiger Haut von 2014/15, konnte sich mit einem Zuschlag bei 17.000 Euro sehen lassen (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. | | Kontakt: Neumeister Münchener Kunstauktionshaus Barer Straße 37 DE-80799 München |
| Telefax:+49 (089) 23 17 10 55 | Telefon:+49 (089) 231 71 00 | | | E-Mail: auctions@neumeister.com |
11.10.2024 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
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Maria Lübbes,
Eingeschlafen, 1895 | | Taxe: 2.000 - 3.000 EURO Zuschlag: 2.500,- EURO Losnummer: 336 | | | | | |
Johann Friedrich
Eberlein, Teller aus
dem Service
„Brühlsches
Allerlei“ für den
Grafen von Brühl, um
1745 | | Taxe: 1.000 - 1.200 EURO Zuschlag: 4.000,- EURO Losnummer: 11 | | | | | |
Lucas Cranach d.Ä.,
Lucas Cranach d.Ä.
und Werkstatt,
Martin Luther –
Philipp Melanchthon | | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 55.000,- EURO Losnummer: 231 | | | | | |
Demetre Chiparus,
Etoile de mer
(Starfish), um 1928 | | Taxe: 50.000 - 55.000 EURO Zuschlag: 52.000,- EURO Losnummer: 85 | | | | | |
Prunkpendule,
Meißen, Ende 19.
Jahrhundert | | Taxe: 5.000 - 6.000 EURO Zuschlag: 22.000,- EURO Losnummer: 120 | | | | | |
Ernst Ludwig
Kirchner, Wilde Kuh
und Hirt, 1933 | | Taxe: 10.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 9.000,- EURO Losnummer: 416 | | | | | |
Tiffany Studios,
Tischlampe
„Jonquil-Daffodil“,
New York um 1915 | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 32.000,- EURO Losnummer: 78 | | | | | |
Charles Topino,
Demilune-Kommode,
um 1780 | | Taxe: 14.000 - 18.000 EURO Zuschlag: 14.000,- EURO Losnummer: 109 | | | | | |
Michael Neher, Das
Maderbräuschlößchen
bei Berg am Laim, 1851 | | Taxe: 12.000 - 15.000 EURO Losnummer: 317 | | | | | |
Carl Spitzweg,
Voralpenlandschaft | | Taxe: 10.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 9.000,- EURO Losnummer: 312 | | | | | |
Johann Ehrenfried
Stadler, Johann
Ehrenfried Stadler
zugeschrieben,
Sahnekännchen mit
Fächerchinesen, um
1735 | | Taxe: 1.800 - 2.000 EURO Zuschlag: 2.200,- EURO Losnummer: 26 | | | | | |
Gerard David, Gerard
David Umkreis,
Beweinung Christi | | Taxe: 5.000 - 6.000 EURO Zuschlag: 18.000,- EURO Losnummer: 230 | | | | | |
François Reizell,
Kommode, Paris um
1750 | | Taxe: 10.000 - 14.000 EURO Zuschlag: 10.000,- EURO Losnummer: 108 | | |
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