Marc Camille Chaimowicz gestorben  |  | Marc Camille Chaimowicz ist im Alter von 77 Jahren gestorben | |
Marc Camille Chaimowicz ist tot. Das gaben gestern das Kunstzentrum Wiels in Brüssel und die Andrew Kreps Gallery in New York bekannt, teilten aber keine Gründe für seinen Tod im Alter von 77 Jahren mit. Seit den 1970er Jahren behandelte Marc Camille Chaimowicz mit seinen Interieurs den Raum zwischen Kunst, Leben und Dekoration und stattete sie mit verschiedenen Einrichtungsgegenständen wie Gemälden, Vasen, Vorhängen, Möbeln, Tapeten und anderen Raumobjekten aus. In diesen Installationen ließ er die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum verschwimmen und verlieh seinen Interieurs und Arrangements eine intime Wirkung. Damit stellte sich Chaimowicz in die Tradition des Intimismus von Pierre Bonnard oder Edouard Vuillard. Zudem zeichnen sich seine Arbeiten durch funktionelle Designs aus, die an das Bauhaus und Designer wie Dieter Rams erinnern.
Marc Camille Chaimowicz wurde 1947 in Paris als Sohn eines jüdischen Polen und einer katholischen Französin geboren. Als er acht Jahre alt war, zog die Familie nach England. Mit 16 begann Chaimowicz seine Ausbildung am Ealing Art College in London, danach besuchte er die Camberwell School of Art und darauf die Slade School of Fine Art. 1968 war er Teil der Studentenproteste in Paris und zerstörte daraufhin alle Bilder, die er bis dato geschaffen hatte. Später volontierte er bei einem Stoffatelier in Lyon, das sein Interesse an den dekorativen Künsten weckte. Immer wieder tauchen in seinem Œuvre Muster auf Tapeten, Textilien und Mobiliar auf, außerdem verwendete er häufig den Bogen als markantes Element.
Chaimowicz’ Werke verwischen die Grenzen zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten, dem Femininen und dem Maskulinen. Seine Interieurs, in die er auch Arbeiten anderer Künstler integrierte, besitzen einen Lounge-Charakter. Seine raumfüllende Installation „Celebration? Realife Revisited“ von 1972 sieht mit ihren Lichterketten, Blumensträußen, einer Discokugel, verlorenen Schuhen und reichlich Konfetti wie das Nachspiel einer Party aus. Chaimowicz ließ die Feier fortführen, indem er das Performance-Interieur mehrmals neu inszenierte und es an verschiedenen Orten wieder aufbauen ließ; er selbst schlief sogar in dem Set. Seine Kunst war nicht Teil der prominenten Ausdrucksformen der Zeit. Chaimowicz schuf einen eigenen Stil, der nicht die glatten Elemente des Minimalismus und die Idee getriebenen Stücke der Konzept-Kunst hatte.
Einzelausstellungen von Chaimowicz waren unter anderem 2023 im Wiels in Brüssel, 2020 in der Kunsthalle Bern, 2017 in der Kestner Gesellschaft in Hannover, 2009 im Artists Space in New York und 2008 im De Appel in Amsterdam zu sehen. Zu Gruppenausstellungen war er 2011 im Sculpture Center, New York, 2010 in der Hayward Gallery, London, oder 2008 bei der 5. Berlin Biennale eingeladen. Sein Durchbrechen des streng Binären machte ihn zu einem beliebten Künstler der aktuellen Kunst. Hans-Ulrich Obrist, Leiter der Serpentine Galleries in London, bezeichnete Chaimowicz als „einen relevanten Künstler in der Zeit des Internets, da Grenzen immer durchlässiger werden“. |