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Meereserwachen, 1913 / Hans Thoma

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Marktberichte

Aktuellzum Archiv:Auktions-Vorbericht

Neue Zuschreibungen und einige Schmankerl offeriert die Auktion mit Zeichnungen, Druckgrafik und Aquarellen Alter und Neuerer Meister im Wiener Dorotheum

Mann ohne Eigenschaften



Anthonis van Dyck,  Porträtstudie eines stehenden Mannes

Anthonis van Dyck, Porträtstudie eines stehenden Mannes

Sein Gesicht ist nur flüchtig angedeutet, sein Charakter daher nur schwer auszumachen. Bei der Portraitstudie eines stehenden vornehmen Herrn konzentriert sich Anthonis van Dyck vielmehr auf die Kleidung und vor allem die Hände, die eine Schärpe und einen eben abgestreiften Handschuh vor dem Bauch halten. Die Darstellung der Gliedmaßen und die nur flüchtig skizzierten Schattierungen sind typisch für Zeichnungen des Künstlers während seines zweiten Aufenthaltes in Antwerpen zwischen 1628 und 1632. Als Vergleiche aus dieser Zeit können etwa die Skizze zur „Beweinung Christi“ im British Museum in London oder das Blatt zu dem „Porträt Anna van Thielen und ihrer Tochter Anna Maria Rombouts“ in der New Yorker Pierpont Morgan Library dienen. Ein ausgeführtes Gemälde Van Dycks zu dieser Studie ist nicht bekannt, eine verwandte Körperhaltung findet sich in zwei Porträts aus der Sammlung der Ca’ d’Oro in Venedig. Wollte Sotheby’s die mit schwarzer Kreide auf blaugrünem Papier gezeichnete Person 2019 Anthonis van Dyck nur zuschreiben, gehen die Experten im Dorotheum nun von der Urheberschaft des flämisch-englischen Malers aus. Das schlägt sich auch in der Bewertung nieder: Vor fünf Jahren kamen in London 7.000 Pfund netto zusammen, jetzt stehen 20.000 bis 30.000 Euro auf dem Preisschild.


Zeichnungen

Klar erkennbar und mit sanft melancholischen Gesichtszügen samt ausladendem Mühlsteinkragen tritt dann ein französischer Adeliger in der Auktion des Wiener Versteigerers auf: Es ist François-Hercule de Valois, Herzog von Alençon und Anjou, der 1555 geborene jüngste Sohn des französischen Königs Heinrich II., der schon im Alter von 29 Jahren unverheiratet und kinderlos starb, was zum Übergang der Thronfolge vom Haus Valois an die Bourbonen führte. Das feine Portrait entstammt der Werkstatt Etienne Dumonstiers um 1580 und soll 3.000 bis 4.000 Euro erzielen. Mit der gleichen Preisvorstellung kommt ein inniges klassizistisches Bildnis einer Mutter mit ihrem Kind zum Aufruf, bei dem es sich um ein Selbstportrait von Barbara Krafft im Alter von etwa 30 Jahren mit ihrem Sohn Johann August um 1794 handeln könnte. Als Architekt und Archäologe war in dieser Zeit Julien-David Le Roy tätig, was sich in seinem Interesse für Bauwerke der Antike niederschlug, etwa für den gut erhaltenen Tempel des Hephaistos in Athen, den Le Roy atmosphärisch mit einigen Staffagefiguren anreicherte. Auch hier stehen 3.000 bis 4.000 Euro auf dem Preisschild. Ins römische Barock geht es mit Pietro Antonio de Pietri, einem Schüler Carlo Marattas, zurück, der sich bei seiner geschmackvoll aquarellierten Federzeichnung mit Diana und ihre Gefährtinnen bei der Jagdpause wohl an einer Komposition seines Lehrers orientiert hat (Taxe 2.000 bis 2.400 EUR).

Aus nördlichen Gefilden treten Isaac van Ostade mit dem Frühwerk „Rastende Reisende in einer Felsen- und Ruinenlandschaft“, angelegt um 1640 als Tondo (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR), und Aelbert Cuyp mit einer summarischen flachen Landschaft samt Kühe auf dem Feld hinzu (Taxe 2.000 bis 2.400 EUR). Wegen der schlechten Auftragslage in seiner Heimatstadt Augsburg wanderte der 1688 geborene Franz Ignaz Flurer in die Steiermark aus und gelangte dort als Freskant zu Ansehen. Für ein Deckenfresko entwarf er um 1732/33 die mythologische Szene „Herkules und der Nemeische Löwe“, wobei die einzelnen Figurengruppen eher lose miteinander verknüpft sind (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR). Joseph Anton Kochs frühromantische Zeichnung „Rocca di S. Stefano di Mezzo, e Canturano“, die um 1810 als Vorlage für die Radierfolge „Ansichten aus Rom“ diente, war schon in der letzten Grafikauktion des Dorotheums für 6.000 bis 8.000 Euro zu haben; nun ist ihr Preis um 1.000 Euro reduziert. Charakteristisch für Franz Xaver von Pausinger ist ein dichtes Kohleblatt mit einer nächtlichen Waldlichtung, auf der ein Hirsch mit einer Hirschkuh tändelt (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Von 1881 bis 1897 lebte Felician Myrbach in Paris und illustrierte hier zahlreiche Bücher, etwa von Alphonse Daudet und Victor Hugo. In diesem Kontext steht wohl auch ein Konvolut von 78 Zeichnungen aus unterschiedlichen thematischen Zusammenhängen, das 4.000 bis 6.000 Euro einspielen soll.

Druckgrafik

Eröffnet wird die Auktion am 28. März mit der Druckgrafik Alter Meister, bei der sich zunächst Albrecht Dürer zahlen- und wertmäßig besonders hervortut und allein für 50 Positionen sorgt. Höhepunkte bilden der figurenreiche Holzschnitt „Die Beschneidung Christi“ um 1505 aus dem „Marienleben“ und der Kupferstich des jugendlichen „Heiligen Sebastian an der Säule“ um 1498/99 (Taxe je 8.000 bis 10.000 EUR), der von dem rund zwei Jahre jüngeren, ebenfalls von Pfeilen durchbohrten „Heiligen Sebastian am Baume“ im Mannesalter begleitet wird (Taxe 2.000 bis 2.400 EUR). Die „Große Passion“ ist vollständig vom „Titelblatt mit dem Schmerzensmann“ (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR) bis zur „Auferstehung Christi“ in unterschiedlichen Druckausgaben und Qualitäten zu haben (Taxe 3.400 bis 5.000 EUR), wobei „Das Letzte Abendmahl“ als früher Zustand vor dem Text vorliegt (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR). Eher selten trifft man bei Dürer auf die Holzschnitte „Der heilige Christophorus mit dem Vogelzug“ (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR) und „Der heilige Georg zu Pferd“ (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR) sowie auf den „Knoten mit dem herzförmigen Schild“, der allerdings ein Wiedergänger aus der letzten Auktion vom Oktober und nun auf 6.000 bis 8.000 Euro reduziert ist.

Zweiter Großmeister der Druckgrafik-Suite ist Rembrandt, der 22 Blätter zur Verfügung stellt. 8.000 bis 10.000 Euro fordern etwa seine energische Radierung „Christus vertreibt die Wechsler aus dem Tempel“ von 1635 oder die drei Jahre jüngere alttestamentliche Szene „Joseph erzählt seine Träume“. Knapp darunter rangiert mit 7.500 bis 9.000 Euro seine „Sitzende Frau mit den Füßen im Wasser“ von 1658 als kontrastreicher Abzug des ersten Druckzustands. Charmant und einfühlsam präsentierten sich dann Rembrandts schlichter „Alter Mann, von hinten gesehen“ um 1629 (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR) und sein „Erster Orientalenkopf“ von 1635 (Taxe 2.400 bis 3.000 EUR). Um diese beiden Heroen der grafischen Künste gruppieren sich etwa Nicolaes de Bruyns in den Abstufungen der Schattenwerte fast schon malerische „Große Landschaft mit dem heiligen Eustachius“ von 1656 (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR), Giovanni Battista Piranesis Ansichtenwerk „Alcune Vedute di Archi Trionfali, ed altri monumenti inalzati da Romani…“, die mit 28 Veduten bestückte, persönliche Ausgabe für König Gustav III. von Schweden (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR), oder Angelika Kauffmanns anrührende Darstellung „Mutter und Kind mit Apfel“ von 1763 (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR).

Aquarelle

Als letztes kommen die Aquarelle im Dorotheum an die Reihe, wobei hier das 19. und frühe 20. Jahrhundert sowie Österreichisches dominieren. So dokumentierte Johann Maria Monsorno auf drei farbenreichen Blättern den Bau der Maximilianischen Turmlinie rund um Linz in den 1830er Jahren und dazugehörige Volksfeste anlässlich hochgestellten Besuchs (Taxe je 2.000 bis 3.000 EUR), während sich Thomas Ender die in die Natur eingebettete Burg Taufers in Südtirol zum Motiv auserkor (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR). Als Spezialist für Interieurs gilt Rudolf von Alt, der 1879 einen Blick ins sogenannte „Metternich-Zimmer“ im ehemaligen Ministerium des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äußern am Ballhausplatz warf. Heute zum Bundeskanzleramt gehörend, existiert der Raum in dieser Form nicht mehr (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR). Josef Gerstmeyer eröffnet dann ein Panorama auf Wien von einem Hügel bei Döbling aus (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR), während sich zahlreiche Vedutenmaler in die Metropole begaben und dort die Gebäude und Straßenfluchten verewigten, etwa Erwin Pendl 1898 die Hofburg am belebten Michaelerplatz (Taxe 2.600 bis 3.600 EUR) oder Ernst Graner 1910 das Schweizertor mit Kaiser Franz Joseph I. in der Kutsche davor (Taxe 2.600 bis 4.000 EUR), der vier Jahr später bei Garner nochmals beim Michaelertor ausfuhr (Taxe 2.400 bis 3.000 EUR).

Aber es geht auch manchmal über die Grenzen des Habsburgerreiches hinaus und vor allem in den Süden. Giacinto Gigante ist etwa für zwei Sepiaaquarelle mit der Bucht von Palermo samt dem Monte Pellegrino im Hintergrund sowie einem reich mit Figuren angereicherten Hafen an einer süditalienischen Küste verantwortlich (Taxe 1.200 bis 1.600 EUR), sein Künstlerkollege Achille Vianelli steuert in gleicher Technik den mächtigen Triumphbogen des Trajan in Benevent und die Cappella Pappacoda von San Giovanni Maggiore in Neapel aus den Jahren 1838/39 bei (Taxe 1.400 bis 1.800 EUR). Den gebürtigen Dresdner Carl Wilhelm Götzloff zog es in das Sehnsuchtsland Italien, wo er in Neapel zum Hofmaler avancierte und 1866 auch verstarb. Hier aquarellierte er die Bucht von Neapel mit dem rauchenden Vesuv im Hintergrund, eine Szene mit Fischersleuten beim Musizieren und einen Hirten mit Rindern beim Durchwaten eines Baches (Taxe 2.000 bis 2.500 EUR). Als Grieche war Spyridon Scarvelli mit seiner Heimat Korfu eng verbunden und sah die alte venezianische Festung der Insel sowie ein Haus in üppiger Vegetation über beinahe glänzenden Wasserflächen (Taxe 2.800 bis 3.200 EUR). Eine technisch ausgereifte Position nimmt der Belgier Firmin Baes ein. Sein Stillleben mit Kaffeekanne, Kirschkuchen und Messer ist so hyperrealistisch mit Pastellkreiden gemalt, dass es beinahe eine Fotografie sein könnte (Taxe 1.000 bis 1.500 EUR).

Die Online-Auktion beginnt am 28. März um 13 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum Auktionsbeginn täglich von 10 bis 17 Uhr möglich. Gebote können schon jetzt im Internet unter www.dorotheum.com abgegeben werden.

Kontakt:

Dorotheum

Dorotheergasse 17

AT-1010 Wien

Telefon:+43 (01) 515 60 0

Telefax:+43 (01) 515 60 443

E-Mail: client.services@dorotheum.at

Startseite: www.dorotheum.com



25.03.2024

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Werner Häußner

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Rembrandt, Erster Orientalenkopf, 1635
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Isaac van Ostade, Rastende Reisende in einer Felsen- und
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Giovanni Battista Piranesi,  Alcune Vedute di Archi Trionfali, ed altri monumenti inalzati da Romani…, um 1780

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Giacinto Gigante,  Die Bucht von Palermo samt dem Monte Pellegrino – Süditalienische Küste mit zahlreichen Staffagefiguren, 1837

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