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Marktberichte |
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Carl Gustav Carus’ Wiederentdeckung siegt im Dresdner Auktionshaus Schmidt. Aber auch andere Künstler mit Bezug zu Sachsen waren begehrt Klassisch-romantische Meisterleistung
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| | Carl Gustav Carus, Abenddämmerung. Zu Goethes Faust, 1837 | |
Lange verschollene Kunstwerke sind meist Leckerbissen auf dem Kunstmarkt. Das zeigte sich am Wochenende im Dresdner Auktionshaus Schmidt. Dort trat ein Gemälde von Carl Gustav Carus an, das seit seiner Erstpräsentation im Jahr 1837 nicht mehr öffentlich zu sehen und nur durch den Katalogeintrag zu der damaligen Dresdner Akademie-Ausstellung bekannt war. Marianne Prause, Autorin des Carus-Werkverzeichnisses, konnte seine „Abenddämmerung. Zu Goethes Faust“ 1968 lediglich mit dem Hinweis auf die nun bald 200 Jahre zurückliegende Dresdner Schau in ihren Katalog aufnehmen. Nun war das romantische Spitzenwerk, das Faust und seinen Schüler Wagner nach dem Osterspaziergang als Rückenfiguren mit dem ominösen schwarzen Pudel bei der Heimkehr in die mittelalterliche Stadt mit ihren gotischen Bauten zeigt, in Thüringer Privatbesitz wieder aufgetaucht und von Schmidt angemessen mit 100.000 bis 140.000 Euro bewertet. Doch dabei blieb es nicht: Der Hammer fiel am vergangenen Samstag erst zum neuen Carus-Rekord von 280.000 Euro.
Auch wenn nicht alles einen Abnehmer fand, etwa Christian Friedrich Gilles unprätentiöse „Große Eiche im Park“ um 1835 (Taxe 4.200 bis 5.000 EUR) oder Carl Robert Kummers „Boote am abendlichen Ufer“ von 1885 (Taxe 4.000 EUR), konnten Annekathrin und James Schmidt über den Carus-Höhepunkt hinaus vor allem mit Kunst aus Dresden und der Umgebung punkten. So war Gotthardt Kuehls mit Pastellkreide und Gouache entwickelter „Blick auf den Montmartre“ zur Vorfrühlingszeit aus der Mitte 1880er Jahre mit 10.000 Euro heftig umworben (Taxe 2.500 bis 3.000 EUR). Als sächsischer Impressionist gilt Otto Altenkirch, der mit seiner sonnenbeschienenen Winterlandschaft „Reinsberger Land (Meißener Hochland). Im Schnee“ von 1929 auf 5.000 Euro kam (Taxe 3.800 EUR). Diesen Betrag erwirtschaftete zudem Pol Cassel mit dem naiv expressiven Portrait „Sommer mit schlafendem Ra“ wohl von 1926. Cassels vor einem blauen Himmel neben einem Strauß bunter Sommerblumen nackt schlafender Sohn Ra war indes mit 6.000 Euro angesetzt. Otto Lange konnte mit seiner schwarzweißen expressionistischen Radierung einer dynamischen „Hochgebirgslandschaft“ von 1922 gute 3.200 Euro verbuchen (Taxe 2.200 EUR).
Hans Theo Richters ausdrucksstarkes „Bildnis Gisela Richter“, eine neusachliche Aufnahme seiner Ehefrau mit rosafarbener Nelke aus dem Jahr 1929, die schon 2018 im Berliner Auktionshaus Lehr an 17.000 Euro hängenblieb, kam auch jetzt nicht darüber hinaus (Taxe 20.000 bis 22.000 EUR). Dafür schoss Curt Querners früher „Sitzender weiblicher Akt (nach links)“, 1926 ebenfalls im Duktus der Neuen Sachlichkeit eingefangen, von 750 Euro auf 6.500 Euro. Auf diesem Niveau pendelten sich dann noch mit jeweils 6.000 Euro Carl Lohses seltsames, fast durch eine mittelalterliche Bedeutungsperspektive charakterisiertes „Selbstbildnis mit Schwiegervater“ um 1930 (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR) und Wilhelm Rudolphs grauer „Einsamer Feldweg“ mit winterlich kahlen Bäumen ein (Taxe 6.000 EUR). Aus dem reichen Angebot an Werken Bernhard Kretzschmars pikten sich die Kunden das farbintensive „Bildnis Susanna mit zwei Kindern“ wohl von 1916 für 10.000 Euro heraus (Taxe 12.000 EUR), zeigten aber noch mehr Interesse an seinen druckgrafischen Arbeiten, wie der „Auktion“ von 1920 mit ihren überzeichneten Gestalten bei 2.200 Euro (Taxe 1.700 EUR) und dem ebenfalls karikaturhaften Blick in ein nächtliches „Kabarett“ bei 4.000 Euro (Taxe 600 EUR).
In der Nachkriegsepoche tat sich dann zunächst Wilhelm Lachnit hervor. Sein „Stillleben mit Maske“, Obstschale und schwarzer Katze von 1954 ging für 24.000 Euro weg (Taxe 25.000 EUR), sein gleichaltriger, ebenso verhalten melancholischer „Grüner Tag (an der Ostsee)“ mit Badenden in ihren Strandkörben zur Hälfte (Taxe 12.000 bis 14.000 EUR). Hans Jüchser folgte mit seinen „Drei Marien am Grabe“ samt Engel im Zeigegestus von 1958/73 bei 6.000 Euro (Taxe 7.000 bis 8.000 EUR), dann Harald Metzkes mit seinem günstig bei 950 Euro angesetzten, da flott hingeworfenen Küstenabschnitt „Am Bodden“ von 1973 bei hohen 5.500 Euro und Peter Graf mit seiner kritischen Selbstbefragung „Der Künstler und sein Land“ von 1978 bei 6.500 Euro (Taxe 4.000 EUR). Am Ende der DDR gestaltete Hannes H. Wagner 1986/87 einen Abgesang auf den Staat und veranstaltete ein groteskes „Fest“ mit Masken, Tiermenschen und in Chemiebrachen sonnenbadende Menschen unter einem schwarzen Himmel, das mit 4.800 Euro entlohnt wurde (Taxe 1.500 EUR).
Ein erstes abstraktes Werk trat mit Willy Wolffs „Komposition mit Segelboot“ von 1964, das in den schwebenden Formen als solches nicht mehr erkennbar ist, bei 17.000 Euro erfolgreich an (Taxe 15.000 EUR). Albert Wigand zerriss 1967 mehrere bunte Papiere, ordnete sie in einer Collage neu an und ließ dabei die titelgebenden Worte „Ordne und…“ stehen, was nun zu 1.600 Euro führte (Taxe 550 EUR). Karl-Heinz Adler setzte dagegen 1996 in der Serie seiner „Farbschichtungen“ bei einem titellosen quadratischen Diptychon auf einen zarten Farbverlauf von Violetttönen und nahm damit nun taxkonforme 5.000 Euro ein. Bei seiner nun 2.600 Euro teuren Collage „Schichtung von zwei mittig aufgeschnittenen Quadraten“ von 1984 standen dann eher konstruktive Ideen im Vordergrund (Taxe 1.500 EUR). Lutz Fleischer spannte 2009 für seine vier Assemblagen aus der Werkreihe „Regenpelze“ verschiedene Regenschirmbezüge meist in Tierfellmuster auf die Leinwand, was mit 2.200 Euro honoriert wurde (Taxe 500 EUR).
Gut lief es auch für Michael Morgner, der seine zwischen Abstraktion und Figuration changierenden Mischtechniken aus Lavagen, Monotypien und Zeichnungen für bis zu 4.400 Euro deutlich über den Schätzungen abgab. Sie gehörten zur Sammlung des 2010 verstorbenen Kunsthistorikers Werner Schmidt, der sich als langjähriger Direktor des Dresdner Kupferstich-Kabinetts seit 1959 auch für die staatsfernen Künstler*innen der DDR engagierte. In diesen Sammlungskontext gehörten zudem Eberhard Göschels Mappe „Rost und Rouge“ von 1988 mit zehn ungegenständlichen Farbaquatintaradierungen zu Gedichten von Bernhard Theilmann, die ihren Wert auf 3.600 Euro verdoppelte, Hermann Glöckners schwammiges braunes „Weibliches Bildnis nach halbrechts“ für 5.000 Euro (Taxe 3.500 EUR), Wilhelm Müllers minimalistisches Aquarell „Balken in Violett und Blau“ von 1968 für 3.400 Euro (Taxe 1.500 EUR), aber auch West-Künstler, wie Gotthard Graubner mit seiner diaphanen Farbradierung „Gelbes Licht“ von 1992 für 1.600 Euro (Taxe 500 EUR) oder Hans Hartung mit seiner Farbserigrafie samt der Balkenformation „L 1977-10“ für 2.600 Euro (Taxe 600 EUR).
Aber auch andere Kunstschaffende ohne Bezug zu Dresden oder der DDR stießen in der Sammlerschaft auf Gegenliebe, darunter Ernst Barlach mit den 28 Lithografien aus seiner 1912 für die Pan-Presse von Paul Cassirer gedruckten Mappe „Der tote Tag“ für 5.000 Euro (Taxe 3.500 EUR) oder August Macke mit seiner stillen Kohlestiftstudie dreier sitzender Mädchen von 1913 bei 7.000 Euro (Taxe 8.000 EUR). Von Paul Kuhfuss reüssierte das leicht kubistisch gefasste Aquarell mit einem „Dorf in den Bergen“ wohl aus den 1920er Jahren bei 2.400 Euro (Taxe 750 EUR), von Heinz Mack die von tiefem Blau über Türkis bis zum hellen Gelb verlaufende Farblithografie „Tage am Meer“ von 1996 bei 4.200 Euro (Taxe 3.200 bis 4.000 EUR).
Preislicher Höhepunkt bei den Bronzeskulpturen war Georg Wrbas noch dem eleganten Jugendstil verpflichtete Göttin „Diana auf der Hirschkuh“ von 1899 bei 9.500 Euro (Taxe 6.000 EUR), gefolgt von der derb-erotischen Mythologie „Syrinx und Pan“ des im vergangenen Jahr verstorbenen Dresdner Bildhauers Frank Maasdorf für 5.000 Euro (Taxe 6.000 EUR). 1982 schnitzte Lothar Sell aus Holz ein Bauernhaus, aus dem ein Birnbaum wächst, und bemalte es mit einem weiblichen Akt und einer Kuh in einem volkstümlich-heiteren Stil, was den Preis von 600 Euro auf 3.400 Euro klettern ließ. Beim Porzellan positionierten sich Max Essers „Dachs“ aus dem Tafelaufsatz „Reineke Fuchs“ trotz einiger Fehlstellen bei 2.400 Euro (Taxe 1.500 EUR) und Rudolf Hentschels ebenfalls in der Meißner Manufaktur produzierte, große ovale Vorlegeplatte mit dem blauen „Arnikamuster“ von 1906/07 bei 2.600 Euro (Taxe 950 EUR). Und auch beim Schmuck gab es einen Überflieger: Patriz Huber entwarf 1901/02 für Theodor Fahrner in schönsten Jugendstilformen einen silbernen Collier-Anhänger mit Emaille in einem Farbverlauf von Violett über Blau zu Weiß und Chrysoprasen in verschiedenen Schliffen, der bei Schmidt von 700 Euro auf 4.400 Euro schnellte.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. | | Kontakt: Schmidt Kunstauktionen Dresden Bautzner Straße 99 DE-01099 Dresden |
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06.03.2024 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
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Otto Lange,
Hochgebirgslandschaft,
1922 | | Taxe: 2.200,- EURO Zuschlag: 3.200,- EURO Losnummer: 311 | | | | | |
Rudolf Hentschel,
Vorlegeplatte
„Arnikamuster“,
1906 | | Taxe: 950,- EURO Zuschlag: 2.600,- EURO Losnummer: 742 | | | | | |
Patriz Huber,
Collier-Anhänger,
1901/02 | | Taxe: 700 - 800 EURO Zuschlag: 4.400,- EURO Losnummer: 783 | | | | | |
Otto Altenkirch,
Reinsberger Land
(Meißener
Hochland). Im
Schnee, 1929 | | Taxe: 3.800,- EURO Zuschlag: 5.000,- EURO Losnummer: 41 | | | | | |
Pol Cassel, Sommer
mit schlafendem Ra,
wohl 1926 | | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 5.000,- EURO Losnummer: 47 | | | | | |
Max Esser, Dachs,
1922 | | Taxe: 1.500,- EURO Zuschlag: 2.400,- EURO Losnummer: 726 | | | | | |
Gotthardt Kuehl,
Blick auf den
Montmartre, um 1885 | | Taxe: 2.500 - 3.000 EURO Zuschlag: 10.000,- EURO Losnummer: 307 | | | | | |
Georg Wrba, Diana auf
der Hirschkuh, 1899 | | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 9.500,- EURO Losnummer: 703 | | |
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