Nay trifft in Berlin auf Masson Den Verbindungen im Schaffen von Ernst Wilhelm Nay und André Masson geht ab heute die Sammlung Scharf-Gerstenberg der Staatlichen Museen zu Berlin nach. In der Ausstellung „Mythos und Massaker“ beleuchtet Sammlungsleiterin Kyllikki Zacharias erstmals die künstlerischen Beziehungen zwischen dem französischen Surrealisten und dem deutschen Informellen, dessen Malerei im bundesrepublikanischen Deutschland der Nachkriegszeit zum Aushängeschild der künstlerischen Entwicklung wurde, während Masson den Abstrakten Expressionismus in den USA maßgeblich beeinflusste. Dafür hat Zacharias insgesamt 70 Werke, darunter auch von Ernst Ludwig Kirchner, Asger Jorn und Pablo Picasso, ausgewählt und will mit ihnen nicht zuletzt die erstaunlichen formalen Bezüge im Œuvre beider Künstler ausloten.
Persönlich sind Ernst Wilhelm Nay und André Masson einander nie begegnet, obwohl sie an den ersten drei Documenta-Schauen in Kassel 1955, 1959 und 1964 gemeinsam teilnahmen. Inhaltlich näheren sie sich an und nehmen beide ihre Kriegserfahrungen künstlerisch in den Blick: Während in den Werken des 1896 geborenen Massons die Erinnerung an die Grauen des Ersten Weltkrieges im Vordergrund steht, entwirft der der 1902 geborene Nay als junger Soldat eine mythologische Gegenwelt zur Katastrophe des Zweiten Weltkriegs.
Ausgangspunkt der Ausstellung ist Massons großformatiges Gemälde „Massaker“ von 1931, das ein Jahr später von Christian Zervos in den „Cahiers d’art“ als Beleg einer neuen, den Kubismus überwindenden Kunst publiziert wurde. Ausgehend vom Analytischen Kubismus und der klaren Liniensprache von Ingres und Picasso entwickelte Masson mit André Bretons „écriture automatique“ ein semiabstraktes Formenvokabular, das die Figuren in dem wilden „Massacre“ in Farbflächen zergliedert und farbstark durcheinander würfelt. Als direkte Reaktion auf dieses Bild lässt sich Nays ebenfalls abstrahierte und zerlegte Figurenkomposition „Der Besuch“ von 1945 in verblüffend ähnlichem Kolorit lesen. Diese vorübergehenden formalästhetischen Parallelen machen etwa auch Massons Kohlezeichnung „Massacre“ von 1933 und Nays schwarzweiße Gouache „Männer mit Stier“ um 1947 deutlich.
Die Ausstellung „Mythos und Massaker. Ernst Wilhelm Nay und André Masson“ läuft vom 8. Dezember bis zum 28. April 2024. Die Sammlung Scharf-Gerstenberg hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags ab 11 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt an Heiligabend und Silvester, an Neujahr ist von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro.
Sammlung Scharf-Gerstenberg – Staatliche Museen zu Berlin
Schloßstraße 70
D-14059 Berlin
Telefon: +49 (0)30 – 266 42 42 42 |