Geburtstagsgäste in der Kunsthalle Bremen  |  | Vincent van Gogh, Mohnfeld, 1889 | |
Der Kunstverein in Bremen, seit 1849 Träger der Kunsthalle Bremen, feiert in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag. Damit zählt er zu den ältesten Kunstvereinen in Deutschland und ist mit über 10.000 Mitgliedern zahlenmäßig der stärkste. Das Jubiläum wird ab dem Wochenende mit einer neuen Ausstellung gefeiert, zu der sich mit Meisterwerken der französischen Malerei illustre „Geburtstagsgäste“ angesagt haben. Dafür hat Kuratorin Dorothee Hansen mit rund 70 Werken von Cézanne, Courbet, Degas, Gauguin, van Gogh, Manet, Monet, Pissarro, Renoir, Rodin, Sisley oder Toulouse-Lautrec herausragende Leihgaben aus den führenden deutschen und internationalen Museen zusammengetragen, die für das Bremer Kunstleben von Bedeutung waren.
Im Mittelpunkt der Schau steht eine glanzvolle Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Direktor Gustav Pauli die Kunsthalle zu einem führenden Museum moderner Kunst in Deutschland machte, indem er begann, französische Kunst zu sammeln. Sein Erwerb von Vincent van Goghs „Mohnfeld“ löste 1911 einen deutschlandweiten „Künstlerstreit“ aus. Dorothee Hansen veranschaulicht, gegen welche lokalen und nationalen Widerstände Pauli zu kämpfen hatte, welche Bremer Kaufleute ihn unterstützten und welche Hauptwerke das Museum seinem Mut und seiner Weitsicht zu verdanken hat. Auch das Kupferstichkabinett der Kunsthalle beteiligt sich am Jubiläum und zeigt unter der Überschrift „Paris auf Papier“ grafische Arbeiten von Constantin Guys über Mary Cassatt bis zu Henri de Toulouse-Lautrec aus dem eigenen Bestand, die das Leben und die reiche Kunstwelt in der französischen Metropole illustrieren.
Wichtige Voraussetzung für Paulis Ankäufe war die wirtschaftliche Blüte Bremens im späten 19. Jahrhundert. Seit seinem Antritt als Direktor im Jahr 1899 konzipierte er seine progressive Ankaufspolitik und erwarb ab 1905 Meisterwerke von Gustave Courbet, Auguste Rodin, Edouard Manet, Claude Monet und weiteren Impressionisten. Damit stieß er in der Bremer Künstlerszene, angeführt von Arthur Heinrich Fitger, auf wenig Gegenliebe. Die Worpsweder Maler um Carl Vinnen und Otto Modersohn begrüßten hingegen seine Neuerwerbungen. Als Pauli 1911 das „Mohnfeld“ von Vincent van Gogh ankaufte, wandte sich jedoch auch Vinnen gegen ihn und löste mit dem von ihm initiierten „Protest deutscher Künstler“ eine nationale Debatte aus. Dieser sogenannte „Künstlerstreit“ hatte gesellschaftliche Brisanz, denn hier standen sich der konservativ-nationalistische Geschmack, den auch Kaiser Wilhelm II. vertrat, und die moderne französische Ästhetik gegenüber.
Gustav Paulis Sammlung inspirierte schon bald Bremer Kaufleute, die sich ebenfalls französische Malerei zulegten. Um den Museumsdirektor bildete sich ein Kreis von Kunstfreunden, genannt „Die Goldene Wolke“. Dazu gehörten unter anderem Leopold Biermann, Alfred Walter Heymel oder Johann Georg und Adele Wolde. Heute sind die Werke ihrer Sammlungen in alle Welt zerstreut. Für die Ausstellung sind einige ihrer Bilder von Gustave Courbet, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir oder Henri de Toulouse-Lautrec wieder nach Bremen zurückgekehrt. Zudem dokumentiert Hansen den neuen modernen Lebensstil der Bremer Sammler und präsentiert etwa Interieurs von Rudolf Alexander Schröder, mit deren schlichter Eleganz sich die Bremer Kaufleute gegen den historistischen Schwulst des 19. Jahrhunderts wandten und zugleich eine bremische Eigenart des Jugendstils förderten.
Die Ausstellungen „Geburtstagsgäste. Monet bis van Gogh“ und „Paris auf Papier“ laufen vom 7. Oktober bis zum 18. Februar 2024. Die Kunsthalle Bremen hat mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie dienstags bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 15 Euro, ermäßigt 7 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sowie für Mitglieder des Kunstvereins Bremen ist er frei. Der 280seitige Katalog „Geburtstagsgäste – Monet bis van Gogh. Gustav Pauli und der Kampf um die Moderne“ aus dem Wienand Verlag kostet 34 Euro.
Kunsthalle Bremen
Am Wall 207
D-28195 Bremen
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