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Das Art Weekend im Hotel Castell im Oberengadin bietet seit fast 20 Jahren profunde Einblicke in das Werk etablierter und aufstrebender Künstler*innen. Am vergangenen Wochenende waren Sarah Benslimane, Oscar Tuazon und das Klangduo Magda Drozd und Nicola Genovese zu Gast bei der illustren Veranstaltung

Künstlerisches Inselhüpfen in den Schweizer Bergen



Ruedi Bechtler hat wieder zum Art Weekend ins Hotel Castell nach Zuoz eingeladen

Ruedi Bechtler hat wieder zum Art Weekend ins Hotel Castell nach Zuoz eingeladen

Sarah Benslimane, Oscar Tuazon und das Klangkunstduo Magda Drozd und Nicola Genovese sind die „Drei Inseln im Kunstmeer“. Diesen sehr poetisch klingenden Titel hat Ruedi Bechtler, der Initiator und Gastgeber des seit bald 20 Jahren alljährlich stattfindenden Art Weekends im Hotel Castell im schweizerischen Zuoz, für die diesjährige Ausgabe ausgewählt. Und zwar, weil die Positionen, wie er sagt, in diesem Jahr besonders unverwechselbar und eigenständig seien. Seine Prognose sollte sich im Laufe dieses Wochenendes zumindest auf den ersten Blick bewahrheiten: Kamen doch mit der jungen, in Genf lebenden französischen Malerin Sarah Benslimane, dem Bildhauer Oscar Tuazon aus Los Angeles sowie der Züricher Klangkünstlerin Magda Drozd, die seit kurzem zusammen mit ihrem italienischen Partner Nicola Genovese auftritt, Künstler*innen mit unterschiedlichen Ausrichtungen ins Engadin.


Wie beim Art Weekend im Hotel Castell üblich, reisen die Künstler*innen stets in Begleitung von Kurator*innen, die mit ihrem Werk eng vertraut sind, zu dem Treffen auf 1.800 Meter Höhe an. Art Weekend kompakt: In Form von zweimal zwei einstündigen Dialogen führten die Doppelgespanne in das jeweilige Œuvre ein, begleitet von umfangreichem Anschauungsmaterial. Ein Alleinstellungsmerkmal der Art Weekends im Hotel Castell ist die persönliche Atmosphäre, die trotz anspruchsvoller Dialoge und bildgewaltiger Interpretationen keinen verkrampften Seminarcharakter aufkommen lässt. Gastgeber Ruedi Bechtler, die eingeladenen Gäste und das interessierte Publikum der Veranstaltung – in diesem Jahr rund 50 Teilnehmer*innen - hatten sich bereits am Freitagabend bei Apéro und Nachtessen in lockerer Runde untereinander kennengelernt.

Am Samstagmorgen machte dann der in Genf beheimatete Kurator, Hochschullehrer und Kunstkritiker Fabrice Stroun, der von 2012 bis 2015 auch Direktor der Kunsthalle Bern war, den Auftakt. Die von ihm begleitete Französin Sarah Benslimane ist zwar erst 26 Jahre alt, doch sie beeindruckte das Publikum, das dem auf Französisch geführten Gespräch mit englischer Übersetzung gebannt folgte, mit ihrem zielbewussten Ernst, mit dem sie von Anfang an ihr Studium an der Haute école d’art et de design de Genève angegangen war.

Benslimane erzählte zunächst offen, dass weder bildende Kunst noch Museumsbesuche bei ihren Eltern und ihrer Erziehung eine Rolle gespielt hätten. Dennoch wusste sie bereits als Teenager, dass sie genau das studieren wollte, was im Elternhaus gar nicht präsent war. Das Versäumte holte sie zu Beginn ihrer Ausbildung bei intensiven Erkundungen in den Genfer Museen nach, zum Beispiel im MAMCO, das mit Werken von Dan Flavin, Donald Judd, Sol LeWitt oder Frank Stella über eine hervorragende Sammlung von Konzeptkunst und Minimal Art der 1960er Jahre verfügt. Zudem genießt das Hard Edge Painting in Genf eine hohe Anerkennung. Diese Gegenbewegung zur persönlich aufgeladenen gestisch-expressiven Malerei bringt Gemälde hervor, die häufig aus klar abgegrenzten monochromen Flächen bestehen und die Aufmerksamkeit der Betrachtenden auf Form, Farbe und die Flachheit der Darstellung lenken.

Sarah Benslimane: Mit neuer Malerei gegen Konventionen des Kunstbetriebs

Genau das, so sagt Sarah Benslimane, nämlich Kunst, die das Wahrnehmungsvermögen der Betrachtenden schärft und nicht einfach nur irgendetwas abbildet, sei doch der Schlüssel zu einem umfassenderen Weltverständnis. Die Geschwindigkeit, mit der sie sich in die Produktion von Kunst sozusagen „eingegroovt“ hat, um im Laufe nur weniger Jahre ihre eigenen Fragestellungen und ästhetischen Strategien zu entwickeln, beeindruckte während ihres Auftritts im Hotel Castell das gesamte Publikum.

Fabrice Stroun hat zusammen mit dem in Zürich lebenden amerikanischen Künstler und Kurator Mitchell Anderson auch Sarah Benslimanes erste institutionelle Einzelausstellung im Centre d’Art Contemporain in Genf kuratiert. Sie trug den Titel „Dreamstime“ und war von Oktober 2022 bis Januar 2023 im dortigen Project Space zu sehen. In einer Art bebildertem Parforceritt durch ihre künstlerischen Entwicklungen und „Häutungen“ vermittelten Stroun und Benslimane dem Publikum einen umfassenden Überblick über ihr Werk: von ersten studentischen Arbeiten bis hin zur aktuellen Produktion der Künstlerin. Sarah Benslimane hat Malerei studiert. Sie ist aber von Anfang an auch mit konzeptuellen Fragestellungen an das in manchen Kreisen „tot“ gesagte Medium herangegangen. Was ist überhaupt Malerei? Wie weit kann ich den Gebrauch klassischer malerischer Mittel einschränken, um dennoch durch geschicktes „Framing“ zu behaupten, bei einem Werk handele es sich eben doch um nichts anderes als Malerei?

Ein gutes Beispiel für dieses Auf-die-Spitze-Treiben kunsttheoretischer Fragestellungen ist eine Arbeit, die komplett aus Elementen besteht, die die Künstlerin im Internet bestellt hat. Ein poppig-buntes Spielzeughaus aus Plastik steht auf einem kreisrunden Teppich, der zu dem Haus gehörende Versandkarton wurde flach auseinander gedrückt und hängt, einem Gemälde gleich, an der Wand. Sarah Benslimane, so viel ist klar, ist eine Angehörige der Generation „Digital Natives“, von Anfang an mit digitalen Technologien aufgewachsen und mit deren Anwendung aufs Beste vertraut. Aus der Fülle des Internets bedient sie sich der dort angebotenen Vielfalt der Stile und Materialien, und sie entdeckt Phänomene, mit denen ihr eine künstlerische Auseinandersetzung lohnenswert erscheint. So verwendet sie wiederholt das Motiv des „Blauen Auges“, das im Orient ursprünglich als Abwehrzeichen gegen den sogenannten „bösen Blick“ verwendet wurde, mittlerweile aber vollkommen sinnentleert zum millionenfach produzierten touristischen Souvenir verkommen ist.

Was bei Sarah Benslimane auf den ersten Blick als verführerisch bunte Oberfläche daherkommt – im Englischen verwendet man dafür gerne den Begriff „Eye Candy“ – entpuppt sich bei näherer Betrachtung als subtile künstlerische Strategie, die mit oft trockenem Humor, feministischem Subtext und kunsthistorischen Zitaten arbeitet, den Betrachter*innen dabei aber auch immer genügend Raum für eigene Interpretationen lässt. Sarah Benslimane scheut jedoch keineswegs davor zurück, deren Blick mit extrem ironischen, durchaus frechen Bildfindungen auflaufen zu lassen. Einen industriell produzierten, hochflorigen Teppichboden in Backsteinoptik hängt sie einfach wie ein Gemälde an die Wand, um dann mit einem einzigen Fingerstrich eine kleine Markierung in den Flor zu setzen. Getreu dem Motto: Ihr wollt doch gestische Malerei? Hier habt ihr sie!

Gängige Klischees, Stereotypen und Konventionen des Kunstbetriebs bürstet Sarah Benslimane immer wieder selbstbewusst gegen den Strich und scheut sich auch nicht davor, die Betrachter*innen mit wohldosierten Gemeinheiten ein wenig gegen sich aufzubringen. Auf ihrer Arbeit „Dreamstime“ von 2022 persifliert sie die ebenso formelhafte wie abgenutzte Frage des Publikums nach der Intention des Künstlers oder der Künstlerin. Auf einem künstlichen Kuhfell ist ein rasterförmiges Ensemble aus 16 gleich großen Rechtecken angeordnet. 15 davon sind mit künstlichem Gras umrandet und enthalten auf rosafarbenem Grund jeweils verführerisch angeordnete Muster aus Glasperlen, Muscheln, Kieselsteinen und anderen dekorativen Elementen. In einem Rechteck jedoch befindet sich das Foto eines kleinen, dunkelhaarigen Mädchens, das den Betrachtenden einen realen Schlüssel entgegenhält, der an einem kleinen Nagel befestigt ist und aus dem Bild hervorragt. Wer jetzt denkt, es handele sich um ein Kinderfoto der Künstlerin selbst, der irrt. Benslimane verwendet hier ein sogenanntes „Stockfoto“, das sie aus einer Bilderdatenbank im Netz heruntergeladen hat. Die Botschaft: Glaubt nicht eurem ersten Eindruck. Alles ist bloß Ware und kann jederzeit von jedermann erworben und verwurstet werden. Sentimentale Motive, zum Berühren und Streicheln einladende Oberflächen, in die Werke integrierte Spiegel, die zur Selbstbetrachtung einladen, und vieles mehr: Benslimane gibt ihren Betrachter*innen alles, aber gleichzeitig konfrontiert sie sie auch mit ihren oftmals seichten und naiven Erwartungen an ein Kunstwerk. „Das Sentimentale ist bei ihr total kalkuliert und vollkommen konstruiert“, fasste es Fabrice Stroun in Zuoz zusammen.

Eines von Benslimanes neuesten Bilder aus diesem Jahr kann im Hotel Castell im Original betrachtet werden. Der Titel „Jamais deux sans trois“, zitiert eine gängige, aber vielleicht auch sehr banale französische Redewendung, wonach etwas, das zweimal passiert ist, auch ein drittes Mal passieren wird. Das großformatige Bild vermittelt aus einiger Entfernung den Eindruck einer Marmorplatte, die mit symmetrisch angeordneten Eisenhalterungen versehen ist, an denen sich Efeublätter entlang winden. Fast könnte man denken, das Ganze wäre dem Pariser Invalidendom oder einer anderen Ruhmeshalle entnommen worden, bis sich bei näherem Hinsehen alles als Fake und billiger Tand entpuppt. Der Marmoreffekt wird durch Dekofolie erzeugt, die Efeublätter sind aus Plastik und die scheinbar so akkurate Ordnung der Eisenhalterungen weist markante Lücken auf. Bunte Drähte, auf die Herzchen, Schleifen, Blüten, Spielwürfel und andere Dekoelemente perlenartig aufgereiht sind, erinnern an Glücksarmbänder, wie sie kleine Mädchen tragen. Die Arbeit wurde von der Sammlung Bechtler erworben und hängt nun an prominenter Stelle im großen Speisesaal des Hotel Castell. Ab dem 7. Oktober wird Sarah Benslimane dann auch mit einer neuen Arbeit auf der diesjährigen Zürich Biennale in der Kunsthalle Zürich zu sehen sein, die von Mitchell Anderson und Daniel Baumann kuratiert wird.

Oscar Tuazon: Kunst als offene aktivistische Struktur

Szenenwechsel: Der zweite Künstler, der auf dem diesjährigen Art Weekend seinen Auftritt hatte, ist der Amerikaner Oscar Tuazon. Der vornehmlich für seine provisorischen Außenraumstrukturen bekannte Bildhauer wurde 1975 in Seattle geboren. Er lebt und arbeitet in Los Angeles und ist auch in der Schweiz und dem übrigen Europa durch eine Reihe von Ausstellungen und Projekten bekannt. So waren großformatige Arbeiten bereits 2014 in der Unlimited Halle der Art Basel und 2016 auch auf dem Basler Messeplatz zu sehen. 2017 nahm Tuazon an den Skulptur Projekten Münster teil, wo er mit der aus rohem Sichtbeton auf einer Industriebrache errichteten Arbeit „Burn the Formwork“ auf sich aufmerksam machte. Die begehbare Skulptur glich einem Hybrid aus Feuerstelle, Aussichtsplattform und subkulturellem Hotspot, der sogleich von der lokalen Graffiti-Szene in Besitz genommen wurde.

Zuletzt war Tuazons Schaffen im Kunstmuseum Winterthur in der Personale „Building“ zu sehen. Sie war Teil einer Ausstellungstrias, die in der Bergen Kunsthall in Norwegen begann und zur Zeit in der Kunsthalle Bielefeld noch bis 12. November Station macht. Lynn Kost, der die Schau in Winterthur kuratiert hat, ist wie kaum ein anderer in der Schweiz mit dem Werk Tuazons vertraut. Und so traten diese beiden Protagonisten in ihrem Gespräch beim Art Weekend auch als kongeniales Gespann auf, das sich gegenseitig die Bälle zuspielte.

Oscar Tuazon führte in sein künstlerisches Denken ein, nicht ohne einen Hinweis auf Henry David Thoreaus 1854 erschienenes Buch „Walden oder Leben in den Wäldern“ zu geben. Dieser für Teile der 68er-Bewegung, Naturschützer, Aussteiger, Frugalisten, Vertreter von Minimal Art und Konzeptkunst und nicht zuletzt für Tuazon selbst zu einem Klassiker avancierte Band feiert das einfache Leben im Einklang mit der Natur. Fragen nach spezifischen architektonischen Grundstrukturen, der Einfachheit von Materialien und Bearbeitungsprozessen beschäftigen auch Oscar Tuazon in seiner künstlerischen Praxis.

Die Minimal Art der 1960er Jahre bildet sozusagen die Folie, vor der Tuazons eigene Arbeiten entstehen. Der kühl kalkulierten Strenge von Künstlern wie Donald Judd oder Sol LeWitt, die ihre skulpturalen Arbeiten lediglich zeichnerisch konzipierten, um sie dann von Spezialisten wie etwa Metallbauern in größtmöglicher Perfektion herstellen zu lassen, setzt er eine selbstbewusste Do-it-Yourself-Ästhetik entgegen, die durchaus auch einmal etwas Schiefes hervorbringen darf. „I think with my hands“, so Tuazon, der in der Regel nicht mit fertigen Plänen oder gar vorproduzierten Arbeiten zu einem Ausstellungshaus kommt. Er lässt lediglich Rohstoffe wie Holzbalken, Sperrholzplatten und Befestigungsmaterial anliefern, aus dem er dann – durchaus mit dem lokalen Aufbauteam als Ko-Autoren – seine auf den jeweiligen Ort bezogenen architektonischen Interventionen baut.

Tuazons visuell vielseitige Präsentation während des Art Weekends umfasste unterschiedliche Arbeiten, etwa eine Schutzhütte, die er mit seinem Bruder, zwei Freunden, Kettensägen und einem Vorrat an Whiskey im Gepäck auf einer unbewohnten Insel vor der Küste Alaskas realisiert hat und die außer von ein paar Bären wohl von kaum jemandem wahrgenommen werden wird. Was er unter einer Skulptur versteht, brachte er dann folgendermaßen auf den Punkt: „Ich betrachte Skulptur gerne als ein nicht-menschliches Wesen. Jedoch ausgestattet mit eigenen Sehnsüchten, Wünschen und einer begrenzten Lebensspanne.“ Mit diesem Hintergrund realisierte er seine Arbeit „People“, die, gefördert vom Public Art Fund, 2012/13 für knapp ein Jahr im Brooklyn Bridge Park in New York zur interaktiven Benutzung einlud. Das Ensemble bestand aus einem abgestorbenen Baum, an dem eine Laterne und ein Basketballkorb befestigt waren. Eine damit verbundene Betonstruktur nahm einerseits Bezug auf die nahen Piers des New Yorker Hafens, sie konnte aber auch von den Vorbeikommenden als Wand für Squash oder andere Ballsportarten verwendet werden.

Tuazon stellte auf dem Art Weekend zudem einen temporären Pavillon vor, den er 2011 für die von Bice Curiger kuratierte 54. Biennale Venedig gebaut hatte. Dieser diente vor allem als Plattform für andere Künstler*innen wie Patti Smith oder Ida Ekblad. Genau diese Idee kristallisierte sich während des Gesprächs zwischen Lynn Kost und dem Künstler vor dem Publikum im Hotel Castell als eine Art Grundkonstante in Tuazons Werk heraus: Seine Arbeiten treten nicht als unzerstörbare Objekte mit Ewigkeitsanspruch auf den Plan, sondern als offene Strukturen, die anderen Kulturproduzent*innen oder auch den normalen Nutzer*innen entgegentreten und an der Schnittstelle von Kunst und Nichtkunst, Autonomie und Benutzbarkeit funktionieren.

Im zweiten Teil des Gesprächs, das Sonntagvormittag in Zuoz fortgesetzt wurde, vermittelte Oscar Tuazon den Anwesenden dann noch persönliche Einblicke in seine Herkunft und sein Aufwachsen an der amerikanischen Pazifikküste, die stets an alternativen Lebensentwürfen interessiert ist. So zeigte er eine Aufnahme seines Elternhauses, das zwar von den geodätischen Kuppeln und utopischen Architekturen Richard Buckminster Fullers inspiriert war, aber als improvisierte Hippie-Version aus Dachschindeln und Kunststofffolie realisiert wurde. Er stellte Bezüge zwischen seiner Arbeit und diversen, auf Autarkie und Selbstversorgung ausgelegten Lebensentwürfen und Aussteigersiedlungen der 1960er und 1970er Jahre her. Und er sprach auch über seine intensive Beschäftigung mit modularen Wohnformen der Native Americans an der Pazifikküste.

Im Zentrum dieses zweiten Dialogs stand sein 2016 begonnenes und bis heute fortlaufendes Projekt „Water School“, in dem er die Dynamiken und Machtspiele, die den Zugang zu Land, Wasser und Infrastrukturen regulieren, in einem kollaborativen Prozess zusammen mit Betroffenen und freiwilligen Helfer*innen untersucht, offenlegt und positiv zu beeinflussen versucht. „Water School“ ist eine mobile Architektur, basierend auf einem Entwurf aus den späten 1960er Jahren der Architekten Holly und Steve Baer, die je nach Ort und lokaler Problematik unterschiedliche Formen und Dimensionen annehmen kann. Für alle Teilnehmer des Art Weekends wurde dann klar, dass zu den essenziellen Komponenten der Kunst Tuazons nicht nur die intellektuell unterfütterte und an kunsthistorischen Verweisen reiche Auseinandersetzung mit Minimal Art und der zeitweise geradezu gigantomanischen Land Art gehört, sondern eben auch diese andere, nämlich aktivistische Seite. „Kunst ist für mich etwas Integrales und keine Dekoration“, betonte Oscar Tuazon am Ende seines Gesprächs mit Lynn Kost.

Magda Drozd und Nicola Genovese: Klanggewalt im Piz Uter

Das Hotel Castell verfügt mit seinem Kino und besonders mit dem Skyspace „Piz Uter“ von James Turrell über zwei Orte, die auch für die darstellenden Künste hervorragend geeignet sind. Ruedi Bechtler hatte daher zum diesjährigen Art Weekend das in Zürich lebende Duo Magda Drozd und Nicola Genovese eingeladen. Auf die beiden aufmerksam geworden war er bei einem Besuch im „Helsinki“, einem 2004 von Tom Rist, dem Bruder der Künstlerin Pipilotti Rist, gegründeten Kulturlokal in Zürich.

Die in Warschau geborene und in München aufgewachsene Musikerin, Sound-Künstlerin und Komponistin Magda Drozd hat kürzlich ein neues Album veröffentlicht. Ihr Partner Nicola Genovese ist sowohl als bildender Künstler als auch als Musiker tätig. Am Samstagnachmittag hatten die beiden zunächst im Kino elektroakustische Soundscapes dargeboten, angereichert mit live gespielten Passagen auf der Violine und dem Saxophon. In der Abenddämmerung erfüllten sie dann den zylindrischen „Piz Uter“ mit seiner kreisrunden Öffnung zum Himmel hin mit einer klanggewaltigen Melodik, die der auratischen Atmosphäre des Raumes noch eine weitere Dimension hinzufügte. Auf elektronische Verstärkung konnten sie hier komplett verzichten, da der Skyspace selbst zum Lautsprecher wurde.

Alles in allem war es in diesem Jahr ein abwechslungsreiches und informatives Art Weekend. Am Ende stellt man fest, dass zwischen den im Titel erwähnten, vermeintlich so weit voneinander entfernten „Drei Inseln im Kunstmeer“ ab jetzt zumindest ein reger Schiffsverkehr herrscht. Denn irgendwie hat in der Kunst dann doch alles mit allem zu tun. Das 20. Art Weekend findet Ende September 2024 statt. Der genaue Termin wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

www.hotelcastell.ch



26.09.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Nicole Büsing & Heiko Klaas

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Oscar Tuazon beim Art Weekend im Hotel Castell
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Magda Drozd und Nicola Genovese beim Konzert in James Turrells „Piz Uter“

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Oscar Tuazon, Water School, 2023

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Sarah Benslimane beim Art Weekend im Hotel Castell

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Sarah Benslimane, Dreamstime, 2022

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Lynn Kost und Oscar Tuazon beim Art Weekend im Hotel Castell

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Fabrice Stroun und Sarah Benslimane beim Gespräch zum Art Weekend

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Oscar Tuazon beim Art Weekend im Hotel Castell

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Sarah Benslimane, Endless, 2023

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Nicola Genovese, Cramps, 2023

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Magda Drozd bei einer Performance

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