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Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

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© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


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Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer

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Aktuellzum Archiv:Auktions-Vorbericht

Kunst des 20. Jahrhunderts bei Grisebach: Vom karnevalesken Mummenschanz bis zu minimalistischen Farberkundungen

Satte Akkorde



Es schallt laut aus der Trompete. Wie grüne Pfeile schießen die Töne aus dem Trichter des Instruments, in das ein grotesk überzeichneter Musikant bläst. Umgeben von vier weiteren karnevalesken, zwielichtigen Wesen, die nichts miteinander zu tun haben, steht er mitten in einem alten Dorf, das in seiner grellen Farbigkeit aus Gelb-, Orange- und Grüntönen das Schrille der Musik spiegelt. Auch die Schraffuren auf den Dächern der Fachwerkhäuser, auf der Kleindung der Harlekinsfiguren und auf dem Boden setzen die hohen Trompetentöne als synästhetisches pulsierendes Vibrato fort. Lyonel Feininger malte dieses albtraumhafte und seltsam entrückte Spektakel im Jahr 1915 als Reminiszenz an die Zeit zwischen 1908 und 1911, als er sich mit diesen Karikaturen, die er selbst „Mummenschanz-Gemälde“ nannte, intensiv beschäftigte. Das aus dem Nachlass des Bauhaus-Meisters stammende, vielfach ausgestellte und marktfrische Gemälde „Trompetenbläser im Dorf“ markiert nun die Spitze des Angebots der diesjährigen Sommerauktionen bei Grisebach und ist mit 2 bis 3 Millionen Euro angesetzt.


Wem dies zu hoch ist, kann auf Lyonel Feiningers aquarellierte farbintensive Tuschezeichnung „Karnaval“ ebenfalls von 1915 zurückgreifen. Auf diesem Blatt tummeln sich vor mittelalterlichen Kirchtürmen und den Fassanden gelber Häuser mit rauchenden Schloten wiederum skurrile Spukgestalten in maßstäblicher Verzerrung, teils mit Trompeten und Fagotten musizierend, und treiben ihren fantastischen Schabernack. Hier stehen 100.000 bis 150.000 Euro auf dem Etikett. Der Berliner Versteigerer hat 45 Positionen in seinen Katalog „Ausgewählte Werke“ aufgenommen, unter denen die Kunst des deutschen Expressionismus die weiteren vorderen Ränge besetzt, so August Mackes „Mann auf Bank“ von 1913, der sich in einer üppig wuchernden, grünblauen Parklandschaft zum Ausruhen niedergelassen hat, für 900.000 bis 1,2 Millionen Euro. Dahinter rangiert bei 700.000 bis 900.000 Euro Franz Marcs zur selben Zeit entstandene kleine Temperamalerei „Blaue Kuh“, die als ehrfurchtgebietendes Lebewesen das Zentrum des ansonsten abstrakten Bildes besetzt und aus dem Skizzenbuch XXX stammt.

Mit Max Beckmann konnte Grisebach schon häufiger Erfolge feiern, zuletzt im vergangenen Dezember mit seinem „Selbstbildnis gelb-rosa“ von 1943 als teuerstem Kunstwerk auf deutschen Auktionen für 20 Millionen Euro. Diesmal steht Beckmanns ein Jahr älteres, ebenfalls im Amsterdamer Exil entstandenes Ölgemälde „Hängematte“ zur Verfügung. Darin hat sich eine halb entblößte Frau in einem blauen Badetuch gelegt und verdeckt fast vollständig den Mann im Liegestuhl dahinter, der sich ebenfalls zum Strandvergnügen aufgemacht hat (Taxe 300.000 bis 400.000 EUR). Hermann Max Pechstein frönte seiner Sommerfrische gerne in Leba an der Ostsee. In seinem Lieblingsidyll fand er 1922 auch sein Motiv für die expressionistischen „Sonnenflecken“, die die See in hellem Zitronengelb reflektiert. Mit den ankernden Fischerbooten künden sie von einer poetischen Abendstimmung (Taxe 400.000 bis 600.000 EUR). Christian Rohlfs wandte sich nach dem Ersten Weltkrieg verstärkt biblischen Themen zu, so 1924 einem „Sterbenden Moses“, bei dem der Maler auf den Eigenwert der Farbe und einen kraftvollen gestischen Pinselstrich setzte. Gäbe es die schwarzen Konturlinien nicht, würde sich das Motiv des alten Mannes zu einem abstrakten Farbcluster wandeln (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR).

Nicht ganz soweit ging Paula Modersohn-Becker 1905 bei ihren „Kindern im Birkenhain“ zu herbstlicher Zeit; doch auch ihre Figurenkomposition löst sich schon erstaunlich weit in das erdige Farbmeer auf (Taxe 180.000 bis 240.000 EUR). Etwas konkreter greifbar sind ihre „Zwei sitzenden Kinder vor Birkenstämmen“ aus dem Jahr 1904, für die Modersohn-Becker mit den jungen Bewohnern des Worpsweder Armenhaus arbeitete (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR). Lovis Corinths „Maske im weißen Kleid“ zeigt die 21jährige Charlotte Berend, die spätere Ehefrau des Künstlers, auf einem Maskenball und kündet vom erotischen Zauber des aufregenden Anfangs ihrer lebenslangen Liebe. Das Gemälde aus dem Jahr 1902, das im Sommer 2020 bei Koller in Zürich für 155.000 Franken zugeschlagen wurde, versucht nun den Absprung bei 250.000 bis 350.000 Euro. Ungewöhnlich gegenständlich ist ein frühes Selbstbildnis von Jean Fautrier. Um 1916 präsentiert er sich als elegant gekleideter junger Mann, der mit offenen großen braunen Augen in die Welt blickt (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Als vollkommen gegenstandsloses Werk macht in der Moderne-Sektion Theo van Doesburgs kleine quadratische Gouache „Étude pour une contre-composition“ um 1925 mit roten, gelben, schwarzen und farblosen Quadratanschnitten samt weißem, auf der Spitze stehendem Quadrat in der Mitte auf sich aufmerksam (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR).

Nach dem Zweiten Weltkrieg gewinnt die abstrakte Kunst die Oberhand, etwa mit Peter Brünings informellem wildem Farbdurcheinander „Nr. 95“ von 1962 (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR) oder Hans Hartungs Spätwerk „T 1985 – H 34“ von 1985, auf dem sich über blau-braun geteiltem Grund schwarze Farbspritzer und ein dichtes Gemenge aus Schraffurlinien ausbreiten (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR). Auf seinem Gemälde „Gegen Abend I (Towards Evening I)“ von 1984 bringt Per Kirkeby auf charakteristische Weise mit starker Geste das Erleben der Natur zur Darstellung und lässt uns ein warmes Abendlicht erahnen (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR). Noch reduzierter ist Günther Förgs zwölfteilige minimalistische Arbeit von 1987, in der er auf Bleigrund die Qualitäten verschiedener farblicher Valeurs untersucht (Taxe 300.000 bis 400.000 EUR). Dagegen strahlt die ungrundierte Leinwand „Burnt Umber & Ultramarine Blue“ des Koreaners Yun Hyong-keun aus den 1990er Jahren mit ihren großen dunklen Farbflächen eine Bedächtigkeit und Ruhe, die in die spirituellen Welten Asiens führt (Taxe 80.000 bis 100.000 EUR).

Von der Spannung zwischen System und Anarchie lebt das gesamte Werk A.R. Pencks. Davon zeugt auch sein großformatiges, mit Zeichen übersätes Signalbild „Stadt der Konflikte“ aus dem Jahr 2005 (Taxe 160.000 bis 200.000 EUR). In materialintensiven Arbeiten geht Anselm Kiefer existenziellen Fragen nach und behandelt dabei Themen aus der Geschichte und der Kultur. Seine Collage „Jakobsleiter“ von 2003 gehört zur zentralen Werkgruppe aus dem Bereich Religion und Mythen, mit der sich Kiefer seit den 1990er Jahren immer wieder beschäftigt, und zeigt als Schlüsselmotiv die Leiter selbst, um die mehrere bleierne Kleidchen auf der übermalten Fotogrundlage schweben (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Weniger gedankenschwer scheint Sigmar Polkes titellose Papierarbeit von 1992, auf der er über abstrakt gemaltem Grund unterhaltsame Darstellungen aus Comics und Kinderbüchern zitiert (Taxe 120.000 bis 180.000 EUR).

Auch im Skulpturalen herrscht die Abstraktion vor. Der amerikanische Konzeptkünstler Sol LeWitt hat für seine ikonische Arbeit „Pyramid“ von 1996 kleine weiße Holzkuben streng in pyramidaler Form aufgeschichtet (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR). Spielerischer wird es bei George Rickey und seiner kinetischen Edelstahlskulptur „Two Up, Two Down Excentric Askew II“ von 1981, bei der vier lange bewegliche Nadeln den sie umschreibenden Raum erobern (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR). Auch bei Yaacov Agams „Super Ligne Volume“ von 1969 definiert erst die Bewegung der vier geknickten Edelstahlstäbe den Raum und das Volumen und fördert eine Vielzahl ihrer möglichen dreidimensionalen Konstellationen zutage (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Auf den Gegensatz von Masse und Schwerelosigkeit setzte Max Bill 1942/44 bei seiner „Konstruktion aus einem Kreisring“ aus schwerem schwarzem Granit (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR). Erst mit Wieland Försters „Großem trauerndem Mann“, einer kompakten Bronzefigur mit anthrazitschwarzer Patina von 1979/83, kommt das Figürliche bei der Skulptur wieder zum Tragen. Mit einer Erwartung von 90.000 bis 120.000 Euro streben eine bayrische Privatsammlung und Grisebach für die zusammengekauert hockende menschliche Gestalt den neuen Förster-Rekord an.

Die Auktion „Ausgewählte Werke“ beginnt am 1. Juni um 18 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum 30. Mai täglich von 10 bis 18 Uhr, am 31. Mai von 10 bis 15 Uhr möglich. Der Internetkatalog listet die Kunstwerke unter www.grisebach.com.

Kontakt:

Grisebach

Fasanenstraße 25

DE-10719 Berlin

Telefon:+49 (030) 885 91 50

Telefax:+49 (030) 882 41 45

E-Mail: auktionen@grisebach.com

Startseite: www.grisebach.com



30.05.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander

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Christian Rohlfs, Sterbender Moses, 1924
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Paula Modersohn-Becker,  Kinder im Birkenhain, 1905

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Max Beckmann,  Hängematte, 1942

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August Macke,  Mann auf Bank, 1913

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Theo van Doesburg,  Étude pour une contre-composition, um 1925

Theo van Doesburg, Étude pour une contre-composition, um 1925

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