Duisburg feiert Barbara Hepworth als Wegbereiterin freier Formen Exemplarisch für den Übergang von der Figuration zur Abstraktion in der Skulptur steht das Schaffen von Barbara Hepworth. „Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth – Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne“ betitelt das Duisburger Lehmbruck Museum eine Ausstellung, die ausgehend von Arbeiten der britischen Bildhauerin den künstlerischen Umbruch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Fokus rückt. Die von Kuratorin Jessica Keilholz-Busch erstellte Auswahl an 55 Exponaten enthält 23 repräsentative Werke von Barbara Hepworth, die in einem sinnlichen Zusammenspiel Verbindungen zu Zeitgenossen wie Hans Arp, Constantin Brancusi, Reg Butler, Naum Gabo, Alberto Giacometti, Kenneth Armitage oder Henry Moore aber auch zur jungen Künstlergeneration aufzeigen. Ausgangspunkt bilden zwei Arbeiten des Hauspatrons Wilhelm Lehmbruck, dessen „Liebende Köpfe“ und „Weiblicher Torso“ von 1918 korrespondierend zu Hepworths Skulpturen Ideen der Abstraktion ausdrücken.
Das anfängliche Formenvokabular der 1903 im britischen Wakefield geborenen Künstlerin, die bis 1924 an der Leeds School of Arts und am Royal College of Art in London studierte und sich mit dem Kommilitonen Henry Moore anfreundete, ist der menschlichen Figur und Tiersujets verpflichtet. Früh praktizierte Barbara Hepworth mit dem „direct carving“ das unmittelbare Herausarbeiten aus Stein, später auch aus Holz ohne vorbereitende Modelle – damals eine ungewöhnlich Technik. Während ihres Italienaufenthaltes 1924/45 entstanden erste Marmorskulpturen. Im Jahr 1939 zog sie mit ihrem zweiten Ehemann, dem Maler Ben Nicholson, nach St. Ives in Cornwall. Die raue Schönheit und die Weite der Landschaft trugen maßgeblich zu einer motivischen Neuausrichtung bei.
Die schlanke, hoch aufragende „Single Form“ wurde seit 1937 eines ihrer Hauptmotive. Glatte, polierte, organische Formen mit teils drahtverspannten Aushöhlungen prägten nun ihr Werkschaffen. Nach dem Krieg steigerten Teilnahmen an der venezianischen Biennale und der Documenta in den Jahren 1955 und 1959 Hepworths Reputation. Zu den prestigeträchtigsten Aufträgen für den öffentlichen Raum gehört die von fließenden Linien der Klippen, des Meeres und dessen Wellen inspirierte „Single Form“, von der eine große Variante vor dem New Yorker UN-Gebäude steht, eine kleinere die Ausstellung bereichert. Hepworth verstarb 1975 bei einem Brand in ihrem Atelier.
Zu den jüngeren Höhepunkten der Duisburger Schau gehört die raumgreifende Installation der Schweizer Künstlerin Claudia Comte. „Even Cacti Can’t Take the Heat“ besteht aus einem Mammutbaum, geschnitzten Kakteen-, Blatt- und Korallenfiguren, die eine Verbindung zur abstrakten organischen Formensprache der Natur offenbaren und identische Einstellungen der beiden Künstlerinnen zu Form und Material erkennen lassen. Mit dem Titel, der im vergangenen Jahr als Schlagzeile in der internationalen Presse für Aufsehen sorgte, und ihrer Installation will Comte künstlerisch auf die Erderwärmung und deren Folgen aufmerksam machen.
Die Ausstellung „Die Befreiung der Form. Barbara Hepworth – Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne“ läuft bis zum 20. August. Das Lehmbruck Museum hat täglich außer montags von 12 bis 17 Uhr, samstags und sonntags ab 11 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 9 Euro, ermäßigt 5 Euro. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der im Museum 29,90 Euro kostet.
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum
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D-47051 Duisburg
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