Nur knapp vierzig Zentimeter ist Bronzearbeit hoch, mit der Alberto Giacometti 1946 ein Denkmal für den von Nazis ermordeten Journalisten und Kommunisten Gabriel Péri entwarf. Doch für den schweizerisch-französischen Bildhauer war dieses Projekt ein Meilenstein. Denn erstmals führte Giacometti hier sein zentrales Motiv eines schreitenden Mannes aus, das sein weiteres Schaffen maßgeblich prägen und letztlich in seinem berühmten Werk, dem lebensgroßen „L’homme qui marche“ von 1960, kulminieren sollte. Da die Kommunistische Partei 1947 aus der Regierung schied, kam es nicht zur Umsetzung der kleinen Bronzegruppe, zu der noch ein Block mit einem Baum gehörte, am Bahnhof Saint Lazare in Paris. Der Gips verblieb in Giacomettis Atelier und kam nach dessen Tod zu seinem Bruder Diego Giacometti. Und auch erst nach dessen Tod wurde 1993/94 eine Auflage von acht Stück in Bronze erstellt. Die beiden Plastiken „Projet pour un monument pour Gabriel Péri. Projet pour une place“ waren nun der Favorit im Evening Sale mit moderner und zeitgenössischer Kunst bei Lempertz in Köln und wurden ihrer Rolle mit einem Zuschlag an der oberen Schätzgrenze von 2,2 Millionen Euro gerecht.
Neben diesem Erfolg hielten sich die Kunden am 2. Dezember bei den bildhauerischen Arbeiten auffallend zurück. Weder Aristide Maillols kraftvoll ausgeführte Götterstatue „Pomone à la Tunique“ von 1921 (Taxe 100.000 bis 120.000 EUR) noch Marino Marinis abstrakte „Composizione“ von 1956 aus gestürztem Pferd und Reiter fanden einen Abnehmer (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR), genauso bei den jüngeren Positionen George Rickeys kinetische Edelstahlskulptur „Sequence of six lines“ von 1990 (Taxe 35.000 bis 40.000 EUR) und Magdalena Jetelovás grob behauene Holzskulptur „Tischgespräch“ von 1985 (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Bei Otto Herbert Hajeks monumentaler, über fünf Meter hoher, aufstrebender Stahlskulptur „Dynamisches Raumzeichen II“ von 1988/90 in Dunkelblau mit roten und gelben Übermalungen sollte es mit 180.000 bis 220.000 Euro sogar ein Auktionsrekord werden. Doch auch das ging schief. So konnte Lempertz bei einer guten, aber nicht herausragenden losbezogenen Verkaufsrate von 61,5 Prozent einen Bruttoumsatz von etwas über 9 Millionen Euro verbuchen, der fast der unteren Schätzpreissumme entspricht.
Auch bei den malerischen Positionen erfüllte nicht jedes Los die Erwartungen. So belegte Jean-Paul Riopelles dunkel leuchtendes Farbmosaik „Automne II–Symphonie“ von 1954 mit 460.000 Euro zwar Platz Zwei der Zuschlagsliste, doch sollten es mindestens 140.000 Euro mehr sein. Darauf folgte bei guten 360.000 Euro aus Händen eines süddeutschen Privatsammlers Alexej von Jawlenskys expressiver „Kopf“ einer jungen Frau aus der Zeit um 1913. Doch schon bei dem noch weiter stilisierten und flächig reduzierten „Mystischen Kopf: Kopf in Lila und Blau“ von 1917 stoppten die Gebote bei 260.000 Euro (Taxe je 300.000 bis 400.000 EUR). Einträglich verabschiedeten sich aus der gut bestückten Jawlensky-Suite noch die kleinen, späten, auf Papier gemalten Gesichtsabstraktionen „Meditation. Ein Brausen kam einher“ für 70.000 Euro und „Meditation. Vergesse mich nicht“ für 60.000 Euro (Taxe je 40.000 bis 60.000 EUR), während sein farbenfrohes Stillleben „Blumen im Krug“ von 1914 keinen Anklang fand (Taxe 180.000 bis 220.000 EUR).
Die Moderne
Dieses Schicksal ereilte zudem noch Hermann Max Pechsteins um 1920 gemalte Urlaubserinnerung „Dorfende und Wanderdüne in Nidden“ mit dem Portrait seines Sohnes Frank auf der Rückseite (Taxe 160.000 bis 180.000 EUR), Lovis Corinths zwischen Impressionismus und Expressionismus changierendes Stillleben „Meißener Schale mit Teerosen“ von 1911 (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR) oder Anton Räderscheidts stillen neusachlichen Kompagnon „La Lettera“ mit zwei Tulpen, Schmetterling und titelgebendem Brief von 1923 (Taxe 80.000 bis 100.000 EUR). Sein Kölner Kollege Heinrich Hoerle, Mitstreiter bei den „Kölner Progressiven“, tat sich da leichter. In seinen reduzierten, in bunten Farbzonen zerlegten „Arbeiter“, der einst zur Sammlung August Sanders gehörte, investierte ein rheinischer Sammler den neuen Rekordwert von 280.000 Euro (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR). Bei Gabriele Münter war der Zuspruch geteilt: Ihre flächige, konturbetonte Murnauer Landschaft „Häuser am Wald“ von 1911 musste bis nach der Auktion warten, um sicher bei 250.000 Euro in neue Hände zu kommen (Taxe 300.000 bis 350.000 EUR), während ihr exotisches, einige Jahre älteres „Javanerkind“ sich bei 90.000 Euro über den Schätzungen platzierte.
Gut ließ sich zudem Max Slevogts sommerliche impressionistische Momentaufnahme „Haus in Godramstein – Wolfgang mit Ziege“ aus seiner Pfälzer Wahlheimat von 1909 an, bei der ein Schweizer Sammler erst mit einem Gebot von 110.000 Euro die Oberhand behielt (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Eine architektonisch aufgefasste Ansicht von Avignon der 1876 in Warschau geborenen Künstlerin Mela Muter von etwa 1940 wanderte zur Obertaxe von 100.000 Euro in polnischen Handel ab. Ein spanischer Kollege musste ebenfalls 100.000 Euro aufwenden, um Salvador Dalís Kohle- und Tuschezeichnung „Industrial Life – Prémonition de la Guerre Civil“ von 1937 zu erwerben; allerdings war das Blatt, auf dem sich der Surrealist kritisch mit zivilisatorischen Prozessen und politischen Entwicklungen auseinandersetzt, mit 120.000 bis 140.000 Euro veranschlagt.
Französisch blieb es mit Georges Seurats kleiner Ölstudie samt Spaziergängern „Dans la rue“ von 1882/83 für 195.000 Euro (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR), Paul Cézannes flüchtig aquarellierter Landschaft „Entrée de maison et arbres“ um 1895/1900 für 150.000 Euro (Taxe 130.000 bis 150.000 EUR) und Pablo Picassos amouröser Tuschezeichnung „Char et Personnages“ von 1967, die sich eine norddeutsche Privatsammlung schon bei 220.000 Euro einverleiben konnte (Taxe 250.000 bis 300.000 EUR). Seine auf den 25. August 1946 datierte Zeichnung „Bouquet de fleurs“, die sich locker und zackig aus wenigen Farbkreidestrichen zusammensetzt, überzeugte bei 150.000 bis 160.000 Euro dagegen nicht, dafür dann wieder sein pfiffiger Keramikkrug „Visage au nez noir“ von 1969 bei 38.000 Euro (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
Die Jüngeren
In der jüngeren Abteilung ragte neben Riopelle noch Josef Albers’ blau-violetter abstrakter „Becher“ aus sandbestrahltem Überfanglas von 1929 heraus, verfehlte aber mit 290.000 Euro knapp seine untere Schätzung von 300.000 Euro: Einen New Yorker Händler wird die schwache Gegenwehr gefreut haben. Bruno Gollers aus dem alltäglichen Kontext entnommener geöffneter „Kleiderschrank“ von 1947 in warmem brauntönigem Kolorit legte zu Beginn der Versteigerung von 35.000 Euro auf 75.000 Euro zu. Heinz Macks „Lichtrelief“ einer gerasterten Vertikalstruktur auf einer glänzenden Aluminiumplatte von 1959/60 ließ sich mit 38.000 Euro ebenfalls gut an (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR), während sein ZERO-Kollege Otto Piene auf seinem schwarzen Rasterbild „Currents“ von 1983/84 sitzen blieb (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Auch der sonst so erfolgsverwöhnte Günther Uecker sprach mit seiner Nagelreihung „Diagonale Struktur“ von 1965/75 diesmal niemanden an (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Für Gotthard Graubners titellosen Farbraumkörper von 1973/74 in grauen Farbschattierungen interessierte sich besonders ein deutscher Kunsthändler und musste 140.000 Euro berappen (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). US-amerikanischer Handel blieb dann bei Andy Warhol hartnäckig und spendierte für die druckgrafische, lediglich aus grauen Tonabstufungen bestehende Marilyn Monroe-Adaption von 1967 hohe 130.000 Euro (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Auch alle anderen Warhol-Serigrafien fanden ihre Anhänger: „Queen Beatrix“ aus der Serie „Reigning Queens“ von 1985 bei 26.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR), die schwarze „Mammy“ aus der Folge „Myths“ von 1981 bei 55.000 Euro (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR) und die unikate Farbvariante dieser dunkelhäutigen fülligen Frau als Ideal einer Hausangestellten bei 90.000 Euro (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Ein französischer Händler trieb dann mit Unterstützung seiner Konkurrenz On Kawaras konzeptuelle Arbeit „I Got Up“ von 1978 mit 66 gesendeten New York- und einer London-Postkarte von 70.000 Euro auf 150.000 Euro.
Während sich Günther Förgs quadratische Leinwand mit dem architektonischen Versatzstück eines dunklen Fensterkreuzes vorteilhaft bei 110.000 Euro schlug (Taxe 80.000 bis 100.000 EUR), fielen A.R. Pencks Zeichen- und Strichmännchenbild „N-Komplex“ von 1976 (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR) und Konrad Klaphecks figürlich-szenische Komposition „Boxring I“ von 2000 durch (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Gerhard Richters Edition des schwarz überrakelten Offsetdrucks seiner berühmten „Kerze III“ von 1989 behauptete sich an der oberen Schätzgrenze von 100.000 Euro. Andreas Schulzes rätselhaftes Großformat mit den drei Süßwaren Bounty, Mars und Treets in einem Teich mit Rohrleitungen erreichte die untere Erwartung von 30.000 Euro, genauso wie Paul Theks 1984 mit kräftigen Farben gemalte Zellenstruktur die ihrige von 50.000 Euro.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |