|
|
|
Marktberichte |
|
Verschmutzt und unentdeckt: Die Sammler begeisterten sich in der Auktion mit Alten und Neueren Meister von Van Ham in Köln für vordergründig Unscheinbares Ab zum Restaurator
|
| | Flämischer Meister, Johannes der Täufer als Knabe mit dem Lamm, 1. Hälfte 17. Jahrhundert | |
Sein Auftritt war eher schlicht: In der Auktion mit Alten Meistern bei Van Ham gab sich der junge Johannes der Täufer eher reserviert. Der Knabe mit dem Lamm legte seinen linken Arm schützend vor seinen Oberkörper und schaute verhalten nach unten. Auch die grünbraue Schmutzschicht half nicht dabei, die Qualitäten des Ölgemäldes auf den ersten Blick wahrzunehmen. So hatten die Experten des Kölner Auktionshauses das Werk nur vage in die flämische Kunstlandschaft aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eingeordnet und entsprechend mit 6.000 bis 8.000 Euro bewertet. Doch dabei blieb es nicht. Die internationale Sammlerschaft hatte darin ein Meisterwerk entdeckt. Vieles spricht für die 1604 im Hennegau geborene Malerin Michaelina Wautier, die seit einigen Jahren auf dem Kunstmarkt für Furore sorgt, nicht zuletzt bei Van Ham: die Vorliebe für kindliche Darstellungen, den aus anderen Werken bekannten Kopf des Schafes, die Durchbildung der Haare, die dezente und feinfühlige Gestik und das Modell an sich, das dem Jungen auf dem 2018 bei Van Ham versteigerten Gemälde „Elk zijn meug“ doch recht ähnelt. Das alles schien für die Antwerpener Kunststiftung „The Phoebus Foundation“, die sich gerade auch um die Restaurierung und Konservierung von Kunstwerken kümmert, Grund genug gewesen zu sein, dafür netto 200.000 Euro springen zu lassen.
Die Alten Meister
Weitere Werke der Alten Kunst, bei denen die Urheberschaft nicht gesichert war, lockten am 19. Mai die Käufer, darunter das Trompe-l’œil einer aufgeschlagenen liturgischen Handschrift in Latein mit Schmuckinitialen und Buchmalerei auf schwarzem Grund. Die der alpenländischen Schule des frühen 17. Jahrhunderts zugewiesene Tafel reüssierte bei 63.000 Euro (Taxe 10.000 bis 20.000 EUR). Dazu gesellten sich noch ein barocker Christus mit der Dornenkrone aus Italien für 30.000 Euro (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR) oder eine norditalienische Federzeichnung des 16. Jahrhunderts mit dem Ausschnitt eines Triumphzugs für 20.000 Euro (Taxe 1.000 bis 2.000 EUR). Noch älter war das Andachtsbild einer thronenden Madonna um 1355/60, umgebenen von einem anbetenden heiligen Bischof, den Köpfen von vier Engeln und dem segnenden Erlöser, von dem in Bologna tätigten Maler Simone di Filippo, genannt Simone dei Crocifissi, das sich mit 45.000 Euro ebenfalls gut schlug (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
Eine Kreuzigung mit Maria und dem heiligen Johannes Evangelist auf nachtschwarzem Grund, die Hans Burgkmair d.Ä. 1507 für das Frauenkloster St. Katharina in Augsburg geschaffen hatte, platzierte sich an der oberen Schätzgrenze von 40.000 Euro. Eine figurenreiche feinmalerische „Hochzeit zu Kana“, die Francesco Providoni mit Genreelementen in einer Renaissance-Architektur angereichert hatte, schlug sich bei 26.000 Euro gewinnbringend (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR). Taxkonform verabschiedete sich Elias van den Broecks Waldbodenstillleben mit Disteln, Weinblättern und Beeren, an denen sich Schmetterlinge, ein Frosch und eine Schnecke gütlich halten, bei 11.000 Euro, während sich Carlo Ceresas alttestamentliche Erzählung von Ester vor Ahasver mit 9.500 Euro begnügte (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR).
Überraschenderweise fand eine Märtyrerin, vielleicht die heilige Justina von Padua, die der in Ravenna arbeitenden Malerin Barbara Longhi zugeschrieben war, bei 6.000 bis 8.000 Euro keinen Abnehmer, ebenso wie im späteren Auktionsverlauf das Portrait des rotwangigen Braunschweiger Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand aus der Hand Barbara Rosina Lisiewskas für 12.000 bis 16.000 Euro. Dafür hatte die in Staatsrobe gekleidete Maria Antonia von Bayern als Kurprinzessin von Sachsen, die Anton Raphael Mengs und seine Werkstatt in spätbarocker Pracht häufiger verewigt hatten, bei 50.000 Euro mehr Glück (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR).
Das 19. Jahrhundert
Verkaufsschlager bei den 132 Positionen Neuerer Meister, die losbezogen zu über 81 Prozent übernommen wurden und damit gut 20 Prozent besser abschnitten als ihre Vorläufer, war die Düsseldorfer Malerschule. Dafür hatte Van Ham die Sammlung von Dirk und Ursula Budde aus Kerken am Niederrhein aufgetan, die mit ihrem guten Namen das Publikum ausnahmslos überzeugte. Spitzenreiter waren fünf Stillleben der Malerfamilie Preyer, angeführt von Johann Wilhelm Preyer mit einem Arrangement aus Mandeln, blauen Trauben, Sektflöte und Austern samt Zitrone auf einem Silberteller von 1858 bei 95.000 Euro (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR), der noch mit seinem Stillleben samt Reineclauden, roten und weißen Trauben, Pfirsich, Haselnüssen und Rotweinglas bei 75.000 Euro die Erwartung mehr als verdoppelte. Tochter Emilie Preyer ließ sich nicht lumpen und gab unter anderem ihre Komposition aus Trauben, Pfirsich, Pflaumen und Champagnerflöte nebst kleiner Fliege auf einer Steinplatte erst bei 60.000 Euro ab (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Amalie Kärcher konnte ebenfalls auf die Freunde der Budde-Sammlung zählen und trennte sich von ihrem eher verspielten Stillleben mit Trauben und Pfirsichen samt einigen Blumen in einer Glasschale erst bei 11.000 Euro (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR).
Dann durften sich auch Andreas Achenbach über 40.000 Euro für seine ruhige Strandszene mit anlandenden Fischerbooten und wartenden Fischerfamilien an der holländischen Küste (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR) und sein Bruder Oswald Achenbach über 55.000 Euro für seinen weiten Blick über den Golf von Neapel mit rauchendem Vesuv im Hintergrund von 1883 freuen (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Ein zweites Mal 40.000 Euro generierte Peder Mork Mønsted mit seinem fast fotorealistischen menschenleeren sonnigen Frühlingstag an einem Waldbach (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR), und Carl Hilgers steuerte mit seinem romantischen „Wasserschloss im Winter“ samt zwei Jägern auf der Eisfläche 6.500 Euro zum Umsatz der Budde-Sammlung bei (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR), der der Budde-Stiftung zufließt und damit junge Wissenschaftler an der Fachhochschule Südwestfalen unterstützt.
Außerhalb der Sammlung Budde hatte Eugen Bracht einen triumphalen Auftritt. Seine maßvoll impressionistische Heidelandschaft mit mächtiger knorriger Eiche unter dunklen Gewitterwolken forderte 110.000 Euro und damit einen der Spitzenpreise in seinem Œuvre (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Daran schloss sich Leo Putz mit einer seiner zahlreichen intimen Aktdarstellungen an: Sein Modell Lisl, das sich 1920 mit Lichtreflexen auf seinem Körper gedankenverloren „Am Fenster“ im Atelier des Künstlers präsentiert, honorierten die Bieter mit 95.000 Euro (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Taxgerecht waren dann die 43.000 Euro für ein weiteres Stillleben Emilie Preyers mit blauen Weintrauben, Pfirsichen, geöffneter Aprikose, Haselnüssen und einer Fliege auf einer Marmorplatte, ebenso die 38.000 Euro für Johann Jakob Freys abendlichen Fernblick auf Rom von 1856 mit drei Mönchen an einer Schlucht mit antiken Mauerresten.
Bei einigen günstig angesetzten Werken ließen Sammler nicht lange auf sich warten, so bei Franz Ittenbachs Bruststück der jugendlichen Gottesmutter Maria für 10.000 Euro (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR) oder Hugo Mühligs Pferdefuhrwerk auf der herbstlichen Grafenberger Allee für 19.000 Euro (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). Von dieser Kauflaune profitierten auch Friedrich August von Kaulbach und sein Profilportrait eines zarten Mädchens mit Blumenkranz im braunen Haar, das seinen Wert auf 8.500 Euro verdoppeln konnte. Adalbert Stifter ist eigentlich als Schriftsteller des Biedermeier bekannt; bei Van Ham trat er nun als Maler hervor und sorgte mit einer unspektakulären Gebirgslandschaft samt See bei 12.000 Euro für Interesse bei den Käufern (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. | | Kontakt: Van Ham Kunstauktionen Hitzelerstraße 2 DE-50968 Köln |
| Telefon:+49 (0221) 925 86 20 | Telefax:+49 (0221) 925 86 24 | | | E-Mail: info@van-ham.com | | Startseite: www.van-ham.com |
14.09.2022 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
|
|
| |
| | | | |
Eugen Bracht,
Sautrifft
(Heidelandschaft
mit mächtiger Eiche
unter dunklen
Gewitterwolken) | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 110.000,- EURO Losnummer: 709 | | | | | |
Peder Mork Mønsted,
Sonniger
Frühlingstag | | Taxe: 12.000 - 18.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 679 | | | | | |
Simone dei
Crocifissi, Simone
di Filippo, genannt
Thronende Madonna
mit segnendem
Erlöser, Engeln und
einen heiligen
Bischof, um 1355/60 | | Taxe: 20.000 - 30.000 EURO Zuschlag: 45.000,- EURO Losnummer: 500 | | | | | |
Johann Jakob Frey,
Große Ansicht von Rom
bei Abendstimmung,
1856 | | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 38.000,- EURO Losnummer: 642 | | | | | |
Elias van den Broeck,
Waldbodenstillleben
mit Schmetterlingen
und Frosch | | Taxe: 8.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 11.000,- EURO Losnummer: 582 | | | | | |
Oswald Achenbach,
Der Golf von Neapel
mit dem Vesuv, 1883 | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 55.000,- EURO Losnummer: 674 | | | | | |
Hans Burgkmair d.Ä.,
Christus am Kreuz mit
Maria und dem
heiligen Johannes
Evangelist, 1507 | | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 503 | | | | | |
Andreas Achenbach,
Anlandende
Fischerboote an der
holländischen
Küste, 1853 | | Taxe: 10.000 - 15.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 669 | | | | | |
Anton Raphael Mengs,
Anton Raphael Mengs
und Werkstatt,
Bildnis Maria
Antonia Walpurgis
Symphorosa von
Bayern,
Kurprinzessin von
Sachsen | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 50.000,- EURO Losnummer: 611 | | | | | |
Carl Hilgers,
Wasserschloss im
Winter, 1872 | | Taxe: 2.000 - 3.000 EURO Zuschlag: 6.500,- EURO Losnummer: 685 | | | | | |
Johann Wilhelm
Preyer, Stillleben
mit Mandeln,
Austern, Trauben und
einer Sektflöte,
1858 | | Taxe: 35.000 - 45.000 EURO Zuschlag: 95.000,- EURO Losnummer: 663 | | | | | |
Emilie Preyer,
Stillleben mit
Trauben, Pfirsich,
Pflaumen und einer
Champagnerflöte | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 668 | | |
|
|
|