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Marktberichte |
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Spitzweg ist Spitzenreiter in der Kunst des 19. Jahrhunderts bei Ketterer in München  Mit pazifistischer Note

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 |  | Carl Spitzweg, Die Stadtwache, um 1850/55 | |
Mit vier Gemälden tritt Carl Spitzweg im Münchner Auktionshaus Ketterer bei den Neueren Meistern auf den Plan, und es ist wiederum sein hintergründiger Humor, der dabei für die Spitzenplätze der Veranstaltung sorgt, so auch bei seinem Gemälde „Die Stadtwache“ aus den 1850er Jahren. Spitzwegs Blick geht auf ein mittelalterliches Städtchen mit großem Torturm samt Uhr und Lüftlmalerei, die vermutlich den Schutzpatron der Stadt zeigt. Vor einem Schildhaus beobachtet ein Wachtposten in Rückenansicht die Straße und den Eingang zur Stadt. Neben dem Unterstand haben es sich im Schatten kleiner Bäumchen zwei seiner Kollegen gemütlich gemacht. Am Turm wehen kleine Fahnen, die die Herrschaftszugehörigkeit des Städtchens markieren; doch die schläfrigen Wachtposten haben mittlerweile keine Kämpfe mehr auszutragen, als die gegen die heißen Strahlen der Mittagssonne und die kaum vergehende Zeit. Wie so oft lässt Spitzweg das Militär tatenlos auftreten und erweist sich damit als bekennender Kriegsgegner.
Mit einem Schätzpreis von 60.000 bis 80.000 Euro ist „Die Stadtwache“ das Spitzenlos der Auktion vom 11. Juni. Aber auch Spitzwegs übrige Werke nehmen vordere Positionen ein. 40.000 bis 60.000 Euro sind jeweils für einen „Felsenkessel mit Wildwasser“ von 1840/51, inspiriert von der „paysage intime“ der Schule von Barbizon, und für den gleichaltrigen „Mondscheingeiger“ vorgesehen, der nachts seiner Angebeteten in verwinkelter Heimlichtuerei ein Ständchen bringen will. Auch für Carl Spitzwegs zweiten Sonderling, den ebenso feinsinnig beobachteten „Alchimisten“, der einsam in seiner Kellerstube auf das Resultat seines Versuchs wartet, könnte mehr zusammenkommen, als die anvisierten 12.000 bis 15.000 Euro.
Etwas plakativer ist der Humor bei den Genrestücken Eduard von Grützners, wie er sie 1889 in der Küchenszene „Ein guter Braten“ mit drei Klosterbrüdern, die eben einem Jäger eine Wildsau abkaufen (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR), oder 1871 in der Shakespeare-Adaption „Was ihr wollt“ mit Schauspielern in Renaissance-Kostümen ausgebreitet hat (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). Die Münchner Malerschule ist darüber hinaus bei Ketterer gut vertreten, etwa mit Franz von Lenbachs früher realistischer weiter Landschaft samt schlafendem Hirtenknaben um 1858/60 (Taxe 18.000 bis 24.000 EUR), Johann Sperls Hochformat eines Frühlingswegs mit Mutter, zwei Kindern und Gänsen um 1880 (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR) oder Heinrich von Zügels verhalten impressionistischer Schäferin mit Schafherde am Stall um 1925 (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Als eine der wenigen Malerinnen des 19. Jahrhunderts tritt Paula Monjé mit ihrem Gemälde „Ihr erster Kirchgang“ um 1880/90 in Erscheinung: Eine junge Mutter sitzt mit ihrem Neugeborenen im Schoss in einer Kirchenbank, neben ihre eine alte, schwarz gewandete Frau, womit man die großformatige Genremalerei aus als Allegorie auf die drei Lebensalter lesen kann (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR).
Den romantischen Gestus der Dresdner Landschaftsmalerei fing Carl Wagner wohl 1821 bei seinem weiten Blick über das Elbtal im silbrig-goldenen Licht der aufgehenden Sonne ein (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR). Ferdinand Georg Waldmüller tritt als Portraitmaler mit einem genauen biedermeierlichen Bildnis des vornehm gekleideten Wiener Hofschauspielers Carl Wilhelm Lucas aus dem Jahr 1839 hervor (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). Dem steht Wilhelm Buschs Ölstudie eines einfachen, ernst blickenden Bauern aus Wiedensahl von 1870/80 in gedämpfter Farbigkeit gegenüber (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Ins Sehnsuchtsland Italien geht es dann unter anderem mit Friedrich Nerlys frühem Gemälde von einem Pilgerkreuz bei Palermo mit der diesigen Sicht über die Küstensaum auf den Monte Pellegrino um 1835 (Taxe 14.000 bis 18.000 EUR), mit Albert Flamms steil abfallender Küste bei Amalfi mit Frauen vor einem Dorf im Abendlicht (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR) oder Oswald Achenbachs gleichfalls abendlicher Straßenszene in einem italienischen Bergdorf von 1879 (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR).
Dem Jugendstil ist dann Artur Volkmanns dreifarbig patinierte Bronze eines auf einem Esel reitenden Silen von 1899 verpflichtet (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR). Wären früher Ludwig von Hofmanns symbolistisches Gemälde „Die Zauberinsel“ um 1915/20 mit einem männlichen Akt in arkadischer Landschaft (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR) oder Edward Cucuels mit Lichtpunkten spielender „Heißer Tag“ von 1915, bei dem sich zwei Frauen – die eine schon halb entblößt – im Wald gemütlich machen (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR), bei der Modernen Kunst gelandet, hat sie Ketterer nun ins 19. Jahrhundert eingeordnet. Ebenso erging es Karl Hagemeisters winterlichem Landschaftsausschnitt „Verschneiter Birkenwald an einem Bachlauf“ von 1891/95 (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR) oder den vom Pointillismus inspirierten Schöpfungen „Péniches sur le Dniepr“ Wladimir Baranoff-Rossinés von 1907 (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR) oder Willy Schlobachs „Blühende Apfelbäume“ von 1924 (Taxe 3.5.00 bis 4.500 EUR). Louis Valtat, den der Ketterer-Katalog selbst als wichtigen Vertreter der französischen Moderne preist, und sein charakteristisches, flott gemaltes Zweipersonenstück „Au café. Mme Victor et Mme Suzanne Valtat“ müssen sich ebenfalls mit dieser Deklassierung zufriedengeben (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
Die Auktion „Kunst des 19. Jahrhunderts“ beginnt am 11. Juni um 15 Uhr. Eine Besichtigung der Objekte ist bis zum 10. Juni täglich von 10 bis 17 Uhr möglich, der Internetkatalog unter www.kettererkunst.de abrufbar. |  | Kontakt: Ketterer Kunst Joseph-Wild-Straße 18 DE-81829 München |
 | Telefon:+49 (089) 552 440 | Telefax:+49 (089) 552 441 66 |  |  | E-Mail: infomuenchen@kettererkunst.de |  | Startseite: www.kettererkunst.de |
09.06.2022 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 Karl Hagemeister,
Verschneiter
Birkenwald an einem
Bachlauf, 1891/95 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 105.000,- EURO Losnummer: 363 |  |  |  |  |  | 
 Heinrich von Zügel,
Schäferin mit
Schafherde am Stall,
um 1925 |  | Taxe: 6.000 - 8.000 EURO Zuschlag: 9.000,- EURO Losnummer: 321 |  |  |  |  |  | 
 Carl Spitzweg,
Felsenkessel mit
Wildwasser, 1840/51 |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Losnummer: 304 |  |  |  |  |  | 
 Eduard von Grützner,
Ein guter Braten,
1889 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 EURO Zuschlag: 29.000,- EURO Losnummer: 311 |  |  |  |  |  | 
 Franz von Lenbach,
Landschaft mit
schlafendem
Hirtenknaben, um
1858/60 |  | Taxe: 18.000 - 24.000 EURO Zuschlag: 48.000,- EURO Losnummer: 307 |  |  |  |  |  | 
 Carl Spitzweg, Der
Alchimist
(Chemicus), Ende
1840er Jahre |  | Taxe: 12.000 - 15.000 EURO Zuschlag: 150.000,- EURO Losnummer: 301 |  |  |  |  |  | 
 Artur Volkmann,
Silen auf einem Esel,
1899 |  | Taxe: 4.000 - 6.000 EURO Zuschlag: 4.000,- EURO Losnummer: 347 |  |  |  |  |  | 
 Paula Monjé, Ihr
erster Kirchgang, um
1880/90 |  | Taxe: 4.000 - 6.000 EURO Losnummer: 342 |  |  |  |  |  | 
 Carl Wagner,
Elblandschaft bei
Sonnenaufgang, wohl
1821 |  | Taxe: 7.000 - 9.000 EURO Zuschlag: 32.000,- EURO Losnummer: 325 |  |  |  |  |  | 
 Louis Valtat, Au
café. Mme Victor et
Mme Suzanne Valtat,
um 1900 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 EURO Losnummer: 351 |  |  |  |  |  | 
 Johann Sperl,
Frühlingslandschaft,
um 1880 |  | Taxe: 4.000 - 6.000 EURO Zuschlag: 7.000,- EURO Losnummer: 319 |  |  |  |  |  | 
 Carl Spitzweg, Der
Mondscheingeiger,
Ende 1840er Jahre |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 46.000,- EURO Losnummer: 303 |  |  |
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