Trauer um Paula Rego Paula Rego ist tot. Wie ihre Galerie Victoria Miro in London mitteilte, starb die Künstlerin friedlich nach kurzer Krankheit heute Morgen in ihrem Haus im Norden Londons. Die portugiesisch-britische Malerin und Grafikerin wurde 87 Jahre alt. Vor allem in ihrem Geburtsland Portugal, wo sie am 23. Januar 1935 in Lissabon zur Welt kam, und in ihrer britischen Heimat gehörte Rego zu den bekanntesten Kunstschaffenden. So widmete ihr die Tate Britain im vergangenen Jahr eine umfangreiche Retrospektive und pries sie als Schlüsselfigur bei der Neubestimmung der figurativen Kunst nicht nur in Großbritannien, sondern auch international.
Aufgrund des Salazarismus und der damit verbundenen Diktatur in Portugal ging Paula Rego schon mit 16 Jahren nach London und studierte von 1952 bis 1956 an der renommierten Slade School of Fine Art. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, den britischen Künstler Victor Willing, kennen, der aber schon 1988 an den Folgen einer Multiplen Sklerose starb. Die daraus resultierenden Erfahrungen von Leid und Trauer verarbeitete Rego in vielen ihrer Werke. Stets war ihr Schaffen von einer figurativen Bildsprache geprägt, in der der Mensch im Mittelpunkt stand. Seit Mitte der 1960er Jahre untersuchte sie immer wieder die Rolle der Frau in der Gesellschaft und stellte sie in ihren magisch-realistischen, teils erschreckenden Bildern häufig in grotesken Situationen dar. Damit gilt Rego als eine Pionierin der feministischen Kunst. Bekannt wurde sie mit Werken, die sich mit Aspekten der weiblichen Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit, des Leidens und Überlebens auseinandersetzen, etwa den Serien „Dog Women“ oder „Female Genital Mutilation“.
Die Inspirationsquellen für ihre fantasiereichen Gemälde und Grafiken waren Märchen, Sagen, Kindergeschichten, mythologische Figuren, Comics, die Kunstgeschichte und gesellschaftspolitische Diskurse, wie die in den 1990er Jahren in Portugal geführte Debatte über Abtreibung, die in die Werkreihe „Abortion“ mündete. Mit der überspitzten Inszenierung der Themen gelang es Paula Rego, das subversive Potential von Tradition, Populärem und Etabliertem zu verdeutlichen und den sozio-politischen Kontext ihrer Werke herauszuarbeiten. Zudem gelang es ihr, die Komplexität menschlicher Erfahrungen ins Bild zu holen und psychologische Einsichten über die Beziehungen der Geschlechter zu vermitteln.
Als Gastprofessorin lehrte Paula Rego Malerei an der Slade School of Fine Art. 1988 wurde ihre erste große Einzelausstellung in den Serpentine Galleries in London eröffnet. 1989/90 wurde sie zur ersten assoziierten Künstlerin der National Gallery ernannt. Seitdem waren ihr Schaffen vielfach in Einzel- und Gruppeausstellungen zu sehen, so 2019 in ihrer ersten deutschen Einzelausstellung im portugiesischen Kulturzentrum Camões Berlin, und wurde mehrfach mit Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. So verliehen ihr die Universitäten in Oxford und Lissabon die Ehrendoktorwürde, 2010 erhob Queen Elizabeth Rego in den Adelsstand. 2009 eröffnete die Casa das Histórias Paula Rego in Cascais bei Lissabon. Das Museum, das von dem Stararchitekten Eduardo Souto de Moura entworfen wurde, widmet sich ausschließlich dem Œuvre Paula Regos und ihres Mannes Victor Willing. |