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Marktberichte |
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Sammlungsauflösungen und Restitutionen in der Classic Week bei Van Ham Geteilte Zusammenarbeit
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| | Johann Wilhelm Preyer, Stillleben mit Mandeln, Austern, Trauben und einer Sektflöte, 1858 | |
Dirk und Ursula Budde schätzten die Vertreter der Düsseldorfer Malerschule, was nicht zuletzt in der räumlichen Nähe begründet war: Stammte das Sammlerpaar doch aus Kerken am Niederrhein. Nachdem Dirk Budde 2018 und seine Frau ein Jahr später verstorben sind, schlägt ihre Sammlung nun wieder im Kunstmarkt auf. Gut 20 Gemälde stehen in der Classic Week bei Van Ham zum Verkauf und werden von fünf Stillleben der Malerfamilie Preyer angeführt. Vater Johann Wilhelm Preyer kommt etwa mit einem Arrangement aus Mandeln, blauen Trauben, Sektflöte und Austern samt Zitrone auf einem Silberteller von 1858 bei 35.000 bis 45.000 Euro zum Zug. Schon hier werden die Unterschiede in der Auseinandersetzung mit der selben Gattung bei seiner Tochter Emilie Preyer deutlich. Während Johann Wilhelm akademisch und repräsentativ arbeitet, nähert sich Emilie oft mit den gleichen Utensilien dem Thema emotionaler und freier, etwa bei ihrem Stillleben mit Aprikosen, Pflaumen, hellen Trauben und Haselnüssen auf einer weißen Damastdecke, das mit 20.000 bis 25.000 Euro beziffert ist.
Die Brüder Andreas und Oswald Achenbach steuern weitere neun Gemälde bei. Auch bei ihrer Landschaftskunst ist die Gegenüberstellung aufschlussreich: In Oswald Achenbachs warmen, sommerlichen Gegenden Italiens nimmt das Meer einen beruhigenden kontemplativen Raum ein, so in seinen „Marktständen auf dem Strand von Neapel“ (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) oder der Aufsicht auf den Golf von Neapel mit dem rauchenden Vesuv im Hintergrund von 1883 (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Anders bei Andreas Achenbach: hier strotzt die See meist von Kraft und Dynamik. Seine Marinemotive fand er an der Nordsee, in den Niederlanden und Norwegen, etwa die „Einfahrenden Segler bei Sturm“ von 1874 oder die „Gewitterstimmung an einem holländischen Hafen“ von 1876 (Taxe je 8.000 bis 12.000 EUR).
Bei Peder Mork Mønsted wird es wieder ruhiger. Seine fast fotorealistischen menschenleeren Landschaftsmotive wie den „Birkenwald im Herbst“ von 1901 oder den „Sonnigen Waldbach“ sind für 10.000 bis 15.000 Euro respektive 20.000 bis 25.000 Euro zu haben. In den drei Gemälden Hugo Mühligs steht dann die Landarbeit im Vordergrund, so die drei Bäuerinnen bei der Ernte auf einem mit Disteln durchsetzten Kohlfeld (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR) oder ein fast vollständig abgeernteter Acker im nordhessischen Willingshausen (Taxe 2.500 bis 3.500 EUR). Auf diesem Preisniveau pendelt sich auch Carl Hilgers’ an den Alten Meistern geschultes, aber schon romantisch aufgefasstes „Wasserschloss im Winter“ mit zwei Jägern bei 2.000 bis 3.000 Euro ein. Wer sich für die Bilder aus der Sammlung Budde interessiert, unterstützt einen guten Zweck: Der Erlös fließt der 2013 gegründeten Budde-Stiftung zu, die junge Wissenschaftler mit besonders innovativen Ansätzen und herausragenden Leistungen an der Fachhochschule Südwestfalen fördert.
Kunst des 19. Jahrhunderts
Außerhalb des Budde-Nachlasses meldet sich Emilie Preyer ein weiteres Mal zu Wort und überzeugt mit ihrem Stillleben samt blauen Weintrauben, Pfirsichen, geöffneter Aprikose, Haselnüssen und einer Fliege auf einer Marmorplatte (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR). Moderat veranschlagt ist mit 10.000 bis 15.000 Euro die fein ausgeführte Federzeichnung eines gebeugt stehenden Skeletts mit erhobenen Armen, auf deren Rückseite Philipp Otto Runge noch die Bewegungsstudie eines schreitenden Muskelmanns abgefasst hat. Dafür ist auch Natale Schiavonis Portraitgemälde einer fast barbusigen italienischen Schönheit mit betörendem Blick zu haben. Züchtig und demütig tritt dagegen die Madonna auf einem Bruststück Franz Ittenbachs auf (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR). Während sich Willem Koekkoek mit seinem „Wintertag in einem holländischen Städtchen“ als Meister der detailreichen heimischen Vedutenmalerei behauptet (Taxe 15.000 bis 25.000 EUR), zog es den Schweizer Johann Jakob Frey sehnsuchtsvoll nach Italien. Seinen abendlichen Fernblick auf Rom von 1856 reicherte er mit drei Mönchen im Vordergrund an, die bei einer Schlucht über antike Mauerreste sinnieren und damit von der Faszination der Ewigen Stadt seit dem Altertum bis in die Gegenwart künden (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
Für die Historienmalerei mit genrehaften Zügen steht bei Van Ham Edmund Hergers breite Leinwand „Landsknechte verhandeln Beutestücke“ von 1882, deren Wert seit ihrem Auftritt 2012 bei Ketterer in München mit 40.000 bis 60.000 Euro nun auf 6.000 bis 8.000 Euro herabgerutscht ist. Auch bei Emile Munier haben sich die Preise in den vergangenen Jahren nach unten entwickelt: Waren für seine liebreizenden Kinderbildnisse Zuschläge im unteren sechsstelligen Bereich keine Seltenheit, blieben zahlreiche Gemälde auf diesem Niveau in jüngerer Zeit liegen. Daher hat sich Van Ham entschlossen, für Muniers kleines Mädchen mit Hund von 1892, das sich auf einem verschneiten Wochenmarkt eben mit einem warmen Eintopf stärkt, nur 10.000 bis 12.000 Euro zu verlangen. Ob sich für Eugen Brachts Heidelandschaft „Sautrifft“ mit mächtiger knorriger Eiche unter dunklen Gewitterwolken 20.000 bis 25.000 Euro realisieren lassen, ist ebenfalls fraglich.
Das Angebot greift bis in den gemäßigten Impressionismus aus und wartet dazu etwa mit Friedrich Kallmorgens lichterfüllten „Holländischen Fischerkinder“ an der Küste auf (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Hier hat Van Ham auch eine Venedig-Ansicht Ludwig von Gleichen-Rußwurms eingeordnet, der im Würzburger Kulturspeicher aktuell als erster deutscher Impressionist gefeiert wird. Allerdings lässt sich sein Blick in den Rio del Ponte Longo auf der Giudecca mit Gondeln und Booten von 1884 aufgrund des gemäßigten Kolorits noch eher seiner realistischen Frühphase zuordnen (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR). Prägnanter treten dann die Farbkraft und Schattenspiele in Fritz Gärtners „Gondeln vor dem Canal Grande“ aus dem Jahr 1910 hervor (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR). Leo Putz schuf zahlreiche intimen Aktdarstellungen. Dazu zählt das Gemälde „Am Fenster“ von 1920, das sein Modell Lisl mit Lichtreflexen auf ihrem Körper in Gedanken versunken im Atelier des Künstlers zeigt (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Alte Meister
Bologna gehörte im 14. Jahrhundert zu den wichtigsten Zentren der italienischen Malerei und der Maler Simone di Filippo, genannt Simone dei Crocifissi, zu den Protagonisten seiner Zunft. Um 1355/60 schuf er das Altarretabel mit der thronenden Madonna, einem anbetenden heiligen Bischof und den Köpfen von vier Engeln und dem segnenden Erlöser als zentrale Tafel eines Triptychons vermutlich für die private Andacht. Bemerkenswert ist die originale Spitzgiebeleinfassung, die die feine gotische Gold- und Temperamalerei umgibt (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Rund 150 Jahre jünger ist eine Kreuzigungsdarstellung von Hans Burgkmair d.Ä. am Übergang von Spätgotik zu Renaissance. Die vorliegende Tafel mit Christus am Kreuz, Maria und dem heiligen Johannes Evangelist auf nachtschwarzem Grund war Teil des äußeren Flügels des Allerheiligenretabels, das Burgkmair 1507 für das Frauenkloster St. Katharina in Augsburg gemalt hat (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
Schon im Barock ist eine heilige Märtyrerin, vielleicht die heilige Justina von Padua, angekommen, die der in Ravenna tätigen Malerin Barbara Longhi zugewiesen ist (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Als Feinmaler entpuppt sich der 1633 in Bologna geborene Francesco Providoni mit seiner figurenreichen „Hochzeit zu Kana“, die er mit Genreelementen angereichert hat und in einer Renaissance-Architektur spielen lässt. Die Restitution an die Erben von Alfred und Fanny Mautner soll 8.000 bis 10.000 Euro einspielen. Für die Stilllebenkunst geht es dann in die Niederlande. Eine große hängende Fruchtgirlande mit Weintrauben, Pfirsichen, Kirschen und Beeren lokalisieren die Experten im Umkreis Adriaen van Utrechts (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR). Jan Mortel hat sein Früchtearrangement dann um 1700/10 auf dem Waldboden ausgebreitet (Taxe 5.000 bis 8.000 EUR), ebenso Elias van den Broeck seine Disteln, Weinblätter und Beeren, an denen sich Schmetterlinge, ein Frosch und eine Schnecke gütlich halten (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR).
Für Alessandro Magnasco hat Clemente Spera oft die Architekturcapricci mit ruinösen Versatzstücken geschafften, in die Magnasco dann seine Figuren integriert hat, so auch bei zwei Tondi um 1705/10 mit den neutestamentlichen Motiven „Christus heilt den Krüppel“ und „Christus erscheint dem heiligen Petrus“. Aufgeteilt auf zwei Losnummern sollen die Pendants jeweils 8.000 bis 10.000 Euro einspielen. Ebenso verfährt Van Ham bei zwei italienischen Landschaften mit Hirten und Vieh an einem Fluss aus der Hand von Giuseppe Zais (Taxe je 5.000 bis 8.000 EUR). Der sächsische Oberhofmaler Anton Raphael Mengs porträtierte im späten Rokoko zahlreiche Prominente aus Adel und Kirche, so auch Maria Antonia von Bayern, Kurprinzessin von Sachsen. Die erste Version des staatstragenden Bildnisses hängt in der Gemäldegalerie der Alten Meister in Dresden; bei dem nun offerierten Porträt der bayerischen Kurprinzessin handelt es sich um eine weitere Version unter der Beteiligung der Werkstatt (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Barbara Rosina Lisiewska wurde 1777 zur Hofmalerin in Braunschweig ernannt. Hier stand ihr der Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand vor der Leinwand, den Lisiewska mit offenem selbstbewusstem Blick als aufgeklärten Herrscher verewigte (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 19. Mai um 10 Uhr. Der Katalog ist im Internet unter www.van-ham.de abrufbar. | | Kontakt: Van Ham Kunstauktionen Hitzelerstraße 2 DE-50968 Köln |
| Telefon:+49 (0221) 925 86 20 | Telefax:+49 (0221) 925 86 24 | | | E-Mail: info@van-ham.com | | Startseite: www.van-ham.com |
17.05.2022 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
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Ludwig von
Gleichen-Rußwurm,
Venedig. Blick auf
den Rio del Ponte
Longo auf der Insel
Giudecca, 1884 | | Taxe: 3.000 - 4.000 EURO Zuschlag: 4.300,- EURO Losnummer: 741 | | | | | |
Barbara Longhi,
Barbara Longhi
zugeschrieben, Eine
heilige Märtyrerin
(Die heilige Justina
von Padua) | | Taxe: 6.000 - 8.000 EURO Losnummer: 513 | | | | | |
Friedrich
Kallmorgen,
Holländische
Fischerkinder | | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Losnummer: 743 | | | | | |
Edmund Herger,
Landsknechte
verhandeln
Beutestücke, 1882 | | Taxe: 6.000 - 8.000 EURO Zuschlag: 5.000,- EURO Losnummer: 660 | | | | | |
Andreas Achenbach,
Einfahrende Segler
im Sturm, 1874 | | Taxe: 8.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 11.000,- EURO Losnummer: 672 | | | | | |
Oswald Achenbach,
Marktstände auf dem
Strand von Neapel | | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 35.000,- EURO Losnummer: 673 | | | | | |
Franz Ittenbach, Die
Jungfrau Maria | | Taxe: 4.000 - 6.000 EURO Zuschlag: 10.000,- EURO Losnummer: 632 | | | | | |
Emile Munier,
Kleines Mädchen mit
Hund, 1892 | | Taxe: 10.000 - 12.000 EURO Losnummer: 714 | | | | | |
Alessandro
Magnasco,
Alessandro Magnasco
und Clemente Spera,
Christus erscheint
dem heiligen Petrus,
um 1705/10 | | Taxe: 8.000 - 10.000 EURO Zuschlag: 8.000,- EURO Losnummer: 588 | | | | | |
Johann Jakob Frey,
Große Ansicht von Rom
bei Abendstimmung,
1856 | | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 38.000,- EURO Losnummer: 642 | | | | | |
Francesco
Providoni, Hochzeit
zu Kana | | Taxe: 8.000 - 10.000 EURO Zuschlag: 26.000,- EURO Losnummer: 554 | | | | | |
Emilie Preyer,
Stillleben mit
Trauben, Pfirsich,
Pflaumen und einer
Champagnerflöte | | Taxe: 20.000 - 25.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 668 | | | | | |
Elias van den Broeck,
Waldbodenstillleben
mit Schmetterlingen
und Frosch | | Taxe: 8.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 11.000,- EURO Losnummer: 582 | | |
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