Dóra Maurer in Zürich Das Museum Haus Konstruktiv in Zürich widmet der Dóra Maurer die erste museale Einzelausstellung in der Schweiz. Die Retrospektive umfasst neben Gemälden, Fotografien und Druckgrafiken auch filmische Arbeiten der Grande Dame der konkret-konstruktiven und konzeptuellen Kunst. Das Œuvre Maurers ist vielgestaltig, zeichnet sich aber in seiner Gesamtheit durch eine konzeptuelle Herangehensweise aus, die Prozesse der Bewegung, Verschiebung und Wahrnehmung ebenso spielerisch wie systematisch untersucht. Die Exponate entstanden zwischen 1970 und 2020 und wurden von Kuratorin Sabine Schaschl in Zusammenarbeit mit der 1937 in Budapest geborenen Künstlerin ausgewählt. In ihrer Heimatstadt studierte Maurer bis 1961 an der staatlichen Kunstakademie und suchte bereits früh nach künstlerischen Alternativen zu dem von der Akademie favorisierten Sozialistischen Realismus.
Dank eines Arbeitsstipendiums kam Dóra Maurer 1967 nach Wien, wo sie den emigrierten ungarischen Künstler und Architekten Tibor Gáyor traf, ihren späteren Ehemann. Die Heirat ermöglichte es ihr, problemlos zwischen Budapest und Wien zu pendeln. Seit Ende der 1960er Jahren gilt Dóra Maurer als eine bedeutende Kunstschaffende in der ungarischen Kulturszene. Die Züricher Ausstellung eröffnet mit einer Arbeit aus der Werkserie „Structure of a Thesis“ von 1972. In weißen Buchstabenreihen auf schwarzem Grund sind einzelne Lettern durch ein weißes Liniengefüge miteinander verbunden; Anfang, Ende und Leserichtung sind gekennzeichnet. Folgt man nun der Linie von Buchstabe zu Buchstabe und reiht die Schriftzeichen aneinander, so ergibt sich die These: „The Only Way of Arts Evolution: to Realize Every Third Idea.“ Die Arbeit transportiert einen wesentlichen Grundsatz Dóra Maurers: Ihr geht es weniger um das vollendete Werk, als viel mehr um die prozesshafte Sichtbarmachung von Erkenntnisvorgängen.
1980 entwickelte Dóra Maurer gemeinsam mit dem Komponisten Zoltán Jeney eine Installation, die nach dem alten ungarischen Brettspiel „Kalaha“ benannt ist, dessen Regeln stets 72 Spielzüge erfordern. Entsprechend den 72 Spielzügen schuf Jeney eine Partitur aus 72 Tönen, wogegen Maurer die Spielzüge mit unterschiedlichen Farben und Formen in Malerei übersetzte. Während die Klänge in schneller Folge abgespielt werden, blinken die Farbtafeln als konzentrische Rechtecke auf, was zu Momenten der Harmonie und der Dissonanz führt. Mit der Gegenüberstellung von Film und Malerei macht die Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv deutlich, dass das für Maurers Frühwerk charakteristische filmische Denken in Sequenzen und Reihen auch im malerischen Schaffen spürbar bleibt.
Die Ausstellung „Dóra Maurer. Minimal Movements, Shifts, 1970-2020“ läuft bis zum 12. September. Das Museum Haus Konstruktiv in Zürich hat dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, mittwochs bis 20 Uhr. Der Eintritt kostet 18 Franken, ermäßigt 12 Franken, bis 18 Jahre ist er frei.
Museum Haus Konstruktiv – Stiftung für konstruktive und konkrete Kunst
Selnaustrasse 25
CH-8001 Zürich
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