Liebermann zurück in Halle  |  | Max Liebermann, Venezianische Gasse nach links, 1878 | |
82 Jahre nach ihrer Aussonderung kehren zwei Bilder des Malers Max Liebermann zurück in das Kunstmuseum Moritzburg. Dank der Unterstützung durch zwei Auktionshäuser konnten Verhandlungen mit den jetzigen Eigentümern geführt werden, die die beiden Ölstudien „Alte Frau an der Haustür“ und „Venezianische Gasse“ als Leihgabe dem Museum in Halle an der Saale überlassen haben. Zusammen mit den Bildern „Weberei in Laren“ und dem Portrait des Hallenser Baumeisters Friedrich Kuhnt sind die vier Gemälde Liebermanns zum ersten Mal nach dem kulturellen Kahlschlag in der Zeit des Nationalsozialismus wieder gemeinsam in der Dauerausstellung „Wege der Moderne“ zu sehen. „Ich bin ungemein glücklich, dass wir die fast nicht mehr existente Sammlung des bedeutenden Impressionisten Max Liebermann nunmehr immerhin zu einem Drittel wieder im Museum vereint haben“, so Direktor Thomas Bauer-Friedrich.
Seine Vorgänger Franz Otto und Max Sauerlandt bauten nach 1900 die Sammlung zeitgenössischer Künstler in Halle zielstrebig auf. Ein Katalog von 1913 beschreibt das Liebermann-Konvolut, dem auch weitere Aquarelle und Zeichnungen angehörten: „Die Bilder zeigen schon die für Liebermann charakteristische Energie der Pinselführung, den wunderbaren Reiz des einzelnen Farbtones […] und die Sicherheit, mit der in wenigen Strichen das Wesentliche der Erscheinung festgehalten wird.“ 1937 blieben die Bilder Liebermanns trotz der Aktion „Entartete Kunst“ zunächst im Museum. Ein Jahr später allerdings wurden sie verkauft. „Die abzugebenden beiden Bilder von Liebermann sind für uns als Ausstellungsstücke nicht mehr verwendbar, da Liebermann Jude ist“, so der Gaukulturwart Bernhard Grahmann, der damit einem Antrag des damaligen Museumsdirektors Hermann Schiebel zustimmte.
Beide Gemälde wurden in der Leipziger Galerie Franke für 1.000 Reichsmark in Zahlung gegeben. Im Gegenzug schaffte das Museum eine Landschaftsstudie Eduard Schleichs d.Ä. für 2.500 Reichsmark an. Während des Krieges verschwand das Portrait von Friedrich Kuhnt, die „Weberei in Laren“, mehrere Aquarelle und Zeichnungen wurden veräußert. Erst 1988 kehrte das Portrait in die Moritzburg zurück; es war am Kriegsende am Central Collecting Point der Amerikaner in München aufgetaucht und erst später durch die BRD restituiert worden. Im Rahmen der Ausstellung „Bauhaus Meister Moderne. Das Comeback“ von 2019 kam dann die „Weberei in Laren“ nach Halle. Im vergangenen Jahr wurde dann eine Mitarbeiterin des Museums auf Liebermanns Ölstudie „Alte Frau an der Haustür“ im Wiener Auktionshaus im Kinsky aufmerksam, die dort im Juni 2019 für 10.000 Euro gehandelt wurde. Die Wiederentdeckung zog die Frage nach sich, was aus dem Ölbild „Venezianische Gasse“ geworden sei. Dieses wechselte 2011 im Züricher Auktionshaus Koller für 28.000 Franken den Besitzer. |