Weil am Rhein: Wohnst du noch oder lebst du schon?  |  | Lina Bo Bardi, Casa de Vidro, São Paulo, Brasilien, 1951 | |
Mit der Ausstellung „Home Stories“ nimmt das Vitra Design Museum in Weil am Rhein unser Zuhause genauer unter die Lupe und untersucht das private Interieur auf seine Geschichte sowie seine Zukunftsperspektiven hin. Die Wohnung ist Ausdruck des Lebensstils, prägt unseren Alltag und bestimmt unser Wohlbefinden. „Home Stories“ führt den Besucher auf eine Reise in die Vergangenheit und zeigt, wie sich gesellschaftliche, politische und technische Veränderungen der letzten 100 Jahren im Wohnumfeld widerspiegeln.
Ins Zentrum der Schau stellt Kurator Jochen Eisenbrand die großen Zäsuren, die das Design und die Nutzung des westlichen Interieurs geprägt haben: Aktuelle Themen wie knapper werdender Wohnraum und das Verschwinden der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben, die Entdeckung der Loftwohnung in den 1970er Jahren, der Siegeszug einer ungezwungeneren Wohnkultur in den 1960er Jahrenn, der Einzug moderner Haushaltsgeräte in den 1950er Jahren oder die ersten offenen Grundrissen der 1920er Jahre. Diese Umbrüche werden anhand von 20 stilbildenden Interieurs veranschaulicht, darunter Entwürfe von Architekten wie Adolf Loos, Finn Juhl, Lina Bo Bardi oder Assemble und von Künstlern wie Andy Warhol oder Cecil Beaton.
Eisenbrand beginnt seine Untersuchung mit zeitgenössischen Interieurs, die das gegenwärtige Umdenken im Wohnbereich skizzieren. Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich den Traditionsbrüchen im Interior Design von den 1960er bis zu den 1980er Jahren. Eine weitere entscheidende Phase in der Entstehung des modernen Wohnens war die unmittelbare Nachkriegszeit, als die moderne Formensprache der Avantgarde in der westlichen Welt den Alltag mehr und mehr durchdrang. Die Ursprünge der Entwicklung verortet Eisenbrand in den zukunftsweisenden Wohn- und Einrichtungskonzepten der 1920er und 1930er Jahre. Dabei wird deutlich, dass ein Gegensatz das Zuhause über alle Epochen hinweg prägt: Wohnen bewegt sich immer zwischen den Polen der Funktionalität und Reduktion einerseits sowie den Polen der Individualität und Ornamentierung andererseits.
Die ausgewählten Beispiele zeigen, in welchem Maße die Gestaltung von Wohnräumen durch einzelne Persönlichkeiten, aber stets auch durch Einflüsse aus Kunst, Architektur, Mode oder Set-Design beeinflusst werden. Während viele Interieurs heute eine von Möbelanbietern oder Instagram vorgelebte Monotonie aufweisen, illustriert die Ausstellung mit einer Fülle von Exponaten, was für eine reiche, überraschende Disziplin Interior Design sein kann: schräg und quietschbunt wie das postmoderne Regal „Carlton“ von Memphis, praktisch und funktionell wie die Frankfurter Küche von Ernst May und Margarete Schütte-Lihotzky oder aber reich ornamentiert und pompös wie die Räume in der Villa Trianon von Elsie de Wolfe.
Die Ausstellung „Home Stories. 100 Jahre, 20 visionäre Interieurs“ läuft bis zum 23. August. Das Vitra Design Museum hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Ein Kombiticket für die Ausstellung und das Schaudepot kostet 17 Euro, ermäßigt 15 Euro. Der Eintritt mit einem Einzelticket beträgt 11 Euro, ermäßigt 9 Euro. Zur Ausstellung erscheint ein bebilderter Katalog für 59,90 Euro.
Vitra Design Museum
Charles-Eames-Straße 1
D-79576 Weil am Rhein
Telefon: +49 (0)7621 - 702 32 00
Telefax: +49 (0)7621 - 702 35 90 |